Denali (30.8 – 6.9.2022, 1.119 km)

Von Anchorage wollen wir zunächst wieder Richtung Norden fahren. Unser nächstes Ziel ist der Denali Park. Doch vor unserer Weiterfahrt genießen wir die großzügige Gastfreundschaft von Craig und Ganet, letztere hatten wir ja am Abend zuvor bei unserem Stellplatz am Knik River kennen gelernt.

Unsere Rundtour von Anchorage zum Denali NP (Kartengrundlage: Mile Post)

Zu Gast bei Ganet und Craig

Gerne haben wir Ganets Einladung zum Kaffee angenommen und nun sitzen wir in ihrem gemütlichen Haus oberhalb des Flusses, erzählen von unserer Reise und können unsere Neugier zu einigen Dingen stillen, die uns unterwegs aufgefallen sind.

So erfahren wir z.B., dass der alte Hausrat, mit dem viele Vorgärten geschmückt sind, ebenso wie die Autowracks mehrerer Generationen vor den Häusern, typisch „Alaska Lifestyle“ ist. Hier wirft man so schnell nichts weg, nur weil es schon etwas ramponiert ist. Vielleicht ist es ja irgendwann noch einmal zu etwas nütze. Und so wachsen die ausrangierten Dinge wie Jahresringe um das Haus.

Auch waren uns die kleinen Flugzeuge, die dauernd durch das Tal dröhnen, aufgefallen. Doch sie bringen nicht, wie vermutet, Touristen zum Sightseeing über den Gletscher. Vielmehr sind sie auf der Suche nach Elchen und melden ihre Sichtungen per Funk an die schießwütigen Männer in ihren ATV am Boden. Das ist zwar eigentlich nicht ganz legal, aber jetzt in der Huntingseason gibt es kein Halten für die waffenverliebten Amis. Im Vordergrund steht nämlich der Spaß am Herumballern, nicht eine waidgerechte Jagd. Daher haben die Schilder an den Straßen, die das Schießen am Highway oder das Betreten von Parkplätzen mit einer geladenen Waffe verbieten und über die wir uns amüsiert haben, absolut ihre Berechtigung. Auch empfiehlt uns Craig dringend, am Denali Highway, wo besonders gerne Elche und Caribous gejagt werden, außerhalb des Autos immer eine orangefarbene Warnweste zu tragen, um nicht versehentlich zur Jagdbeute zu werden. Für uns ist das alles nur schwer nach zu vollziehen. Aber was den einen die Waffenliebe, ist den anderen das Tempolimit auf Autobahnen.

Ganet ist ebenso fürsorglich. Als sie hört, dass wir nur ein einziges Bärenspray haben, lässt uns nicht ohne eine weitere Dose und ein Marine-Signalhorn gehen, dessen durchdringender Alarm Bären vertreiben soll. Außerdem packt sie einen großen Beutel mit Bio-Gemüse, u.a. köstliche Tomaten aus dem eigenen Garten. Denn wie meint Ganet so treffend: „It’s hard to be a vegetarian in Alaska.“ Und Olaf als bekennender Fischesser bekommt sogar noch eine Konservendose mit geräuchertem Filet vom Wildlachs, selbst gefangen natürlich. Wir sind überwältigt von der Herzlichkeit unserer Gastgeber, die einen Ehrenplatz in unseren Reiseerinnerungen bekommen. Und wer hätte gedacht, dass in Alaska sogar Tomaten und Zucchini gedeihen?

Gut gerüstet und frohen Mutes nach diesem wunderbaren Vormittag rollen wir ab Mittag dann auf dem ziemlich langweiligen Park Highway nach Norden. Es geht durch eine platte Schwemmebene mit Laubwald, einigen Seen und breiten Flüssen. Unterwegs begegnen uns immer wieder Gruppen von Pickup mit ATVs auf dem Anhänger. Auf dem breiten Kiesufer des Susitna River finden wir einen schönen Stellplatz. Nachts beginnt es ausgiebig zu regnen. Trotzdem hören wir in der Dunkelheit das aufgeregte Bellen einer Hundemeute und etliche Fahrzeuge an uns vorbei rollen. Die Jäger sind unterwegs.

Denali National Park

Auch am folgenden Tag regnet es weiter. Der Highway verlässt die Ebene und steigt in die Berge hinauf, von denen wir aber überhaupt nichts sehen. Auch an den berühmten Aussichtspunkten zum Mountain Denali, dem höchsten Berg Nordamerikas, zeigen sich nur Wolken. Zwei späte Radfahrer kämpfen sich gegen Wind und Regen nach Süden. Unser Respekt und Mitgefühl begleiten sie. Uns plagen noch immer Sorgen um unsere Standheizung, die sich stets nach kurzer Zeit abstellt und Fehler in der Brennstoffzufuhr meldet. Den in Anchorage bei Advanced Diesel Service erworbenen Filter bekommt Olaf nicht eingebaut. Also schreiben wir von einer Tankstelle mit Wifi wieder eine Mail dorthin. Prompt erhalten wir sogar Antwort mit dem Rat, uns an einen gewissen Charly von Alaska RV Rental zu wenden, der Wohnmobile ausbaut. Kurze Zeit später können wir Dank Wifi des Denali Park Visitor Center mit Charly persönlich telefonieren und vereinbaren, dass wir nächste Woche bei ihm in Anchorage vorbei kommen. Unsere Reisepläne werden also erstmal durch die dringend notwendige Heizungsreparatur bestimmt.

Immerhin sind wir jetzt im Denali National Park. Es regnet nicht mehr und die Landschaft sieht viel versprechend aus. Im Visitor Center versorgen wir uns mit Infomaterial und planen unseren Aufenthalt. Mit privaten Fahrzeugen darf man nur die ersten 25 der fast 140 Kilometer langen Stichstraße in den Park fahren. Für den Rest muss man einen Tour- oder Shuttlebus nutzen oder mit dem Fahrrad fahren. Wirklich schade ist, dass der Park seit einem großen Erdrutsch nur noch zur Hälfte zugänglich ist und dies wohl in den nächsten Jahren noch so bleiben wird. In den landschaftlich spannendsten Teil kommen wir also nicht hinein. Wanderwege gibt es im Park nur sehr wenige und ausschließlich im Eingangsbereich. Wer den Park zu Fuß erleben möchte, muss cross-country laufen. Für Backpacking mit Übernachtung braucht man ein Permit, dessen Anzahl limitiert ist. Allerdings ist auch hier die Möglichkeit tief in den Park hinein zu kommen begrenzt, denn immerhin ist er mehr als halb so groß wie die Schweiz.

Transitbus im Denali Nationalpark – Old fashioned

Einen Tag lang fahren wir mit dem Transitbus bis zur Brücke am East Fork River, wo die Fahrzeuge wenden. Ein uraltes Fahrzeug Marke US-Schulbus schaukelt uns über die Schotterstraße durch eine wunderbare Berglandschaft. Wir haben die wohl absolut schönste Jahreszeit erwischt. Die Natur leuchtet in gelb, orange und rot, dazwischen das dunkle Grün der Tannen. Von den hohen Bergen ist jedoch nichts zu sehen, dafür hängen die Wolken zu tief. Und den Gipfel des Denali sieht man bei diesem Wetter erst recht nicht. Auch Wildtiere bekommen wir nur aus der Ferne zu Gesicht. Eine Herde Dalschafe können wir als kleine weiße Punkte auf einem Berghang erkennen. Nach zwei Stunden erreichen wir East Fork.

East Fork River

Hier steigen wir aus, gehen einige Kilometer zu Fuß auf der Straße bis zum Beginn des wegen des Erdrutsches gesperrten Abschnitts und fahren schließlich mit einem anderen Bus zurück, denn bei den sogenannten Transitfahrten kann man an beliebigen Punkten die Fahrt unterbrechen. Es tut gut, die Natur wenigstens für eine Stunde „live“ zu erleben, auch im Nieselregen bei 7 Grad. Insgesamt ist diese Bustour nett, aber das ganz große Highlight ist es für uns nicht. Natur kann man nicht im Vorbeifahren aus dem Bus erleben.

Berge am East Fork River

Dafür ist der folgende Tag einfach ein absoluter Traum. Morgens ist es bei knallblauem Himmel frostig kalt. Oh, wie fein wäre jetzt eine Standheizung. Sie würde die Entscheidung aus dem herrlich warmen Schlafsack zu kriechen sehr erleichtern! Aber die bevorstehende Wanderung ist Motivation genug.

Wanderung auf dem Savage Alpin Trail

Wir fahren mit Master Yoda bis zum Parkplatz am Mountain Vista Trailhead. Unsere Wanderung auf dem Savage Alpine Trail startet hier. Über einen sehr guten Wanderweg geht es rund 460 Höhenmeter zunächst durch schönen Wald und dann stetig, aber bequem bergauf durch Heide und zum Schluss etwas anstrengender hoch bis knapp unterhalb der Vegetationsgrenze. Danach wandern wir bequem auf einer Höhe und können die phantastische Aussicht genießen.

Das weite Tal unter uns scheint zu glühen, so intensiv leuchten die dunkelrot gefärbten Blaubeersträucher. Orange und goldfarben strahlen die Blätter der Espen, dazwischen die dunkelgrünen Kerzen der schlanken Tannen. Wie silberne Schlangen winden sich die Flüsse durch diesen bunten Teppich. Dahinter erheben sich schroffe Berge.

Phantastische Farben im Herbst
Gipfelblick am Mittag

Und den krönenden Abschluss bildet die 120 Kilometer entfernte, tiefverschneite Gipfelkette der Alaska Range mit dem Mount Denali. Selbst aus dieser großen Entfernung wirkt er ungeheuer mächtig. Kein Wunder, zwischen Basis und Gipfel liegen 5.500 Meter Höhendifferenz, soviel wie bei keinem anderen Berg weltweit. Die Wahrscheinlichkeit, den 6.190 Meter hohen Eisriesen komplett zu sehen, ist selbst bei klarer Sicht sehr gering, denn meistens versteckt er sich in Wolken. Und hier liegt der höchste Berg Nordamerikas nun in seiner ganzen Schönheit ohne störende Wolken vor uns, was für ein Glückstreffer.

Seltener Genuss – Mount Denali ohne Wolken

 

Panoramablick am Savage Alpine Trail

Am höchsten Punkt des Wanderweges gehen wir noch ca. 100 Höhenmeter weiter querfeldein hinauf zu einem kleinen Gipfel. Lange sitzen wir mittags faul in der warmen Sonne, schauen einem Adler zu, wie er seine Kreise zieht, und sind einfach nur glücklich. Über einen schroffen Felsvorsprung zieht sich schließlich der Wanderweg in vielen Serpentinen steil nach unten zu einer Brücke über den Savage River. Für die nur 6,4 Kilometer lange Strecke haben wir fast 5 Stunden gebraucht, um in aller Ruhe die Schönheit der Natur zu betrachten. Zum Ausklang laufen wir noch den Savage River Loop für jeweils 2 Kilometer am Flussufer hoch und runter. Mittlerweile sind Wolken aufgezogen, der Denali ist jetzt ganz hinter ihnen verschwunden.

Besuch am Abend – eine Elchkuh mit Kalb direkt an unserem Fenster

Abends stehen wir wieder, wie schon an den zwei Tagen zuvor, auf einem windgeschützten Platz an einer steilen Schotterstraße oberhalb des Parks Highway, ca. 12 Kilometer vom Eingang zum Nationalpark entfernt. Plötzlich tauchen direkt neben dem Auto eine Elchkuh und ihr Kalb auf, knabbern in aller Ruhe Blätter von den Bäumen und ziehen dann gemächlich vorbei ohne uns zu beachten. Ein schönes Erlebnis und würdiger Abschluss dieses Tages.

Denali Highway

Das traumhafte Wetter war leider nur von kurzer Dauer, denn am nächsten Tag regnet es schon wieder. Immerhin können wir nach dem Mittagessen noch eine kurze Wanderung durch einen Wald entlang des Riley Rivers unternehmen. Dann geht es wieder über den Parks Highway nach Süden. Bis Cantwell schüttet es kräftig. Dort biegen wir auf den Denali Highway ab. Die Schotterstraße ist hübsch schlammig und wird von Jägern, die mit ihren ATV herumdüsen, rege genutzt. Überall am Straßenrand stehen ihre Trailer. Craig hat wirklich nicht übertrieben.

Kleine Wanderung am Riley River zum Abschied vom Denali NP
Bear Berry im Herbst

Endlich hört der Regen auf und wir können etwas von der Schönheit der Landschaft erahnen. Trotz des grauen Himmels leuchtet alles in den herrlichsten Herbstfarben. Einheimische sagen uns, dass es die schönste Laubfärbung seit langem sei, wohl eine Entschädigung für den dieses Jahr in Alaska total verregneten Sommer. 

Etwas abseits der Straße parken wir für die Nacht zwischen roten und gelben Büschen. Bis zum nächsten Mittag regnet es wieder kräftig, daher bleiben wir einfach an unserem Stellplatz stehen und warten auf Besserung. Erst kurz vor neun Uhr kriechen wir aus den Schlafsäcken. Wolken füllen das Tal aus, alles trieft vor Nässe. Da beeilt man sich beim morgendlichen Toilettengang im Freien. Frische 8 Grad sind es nur im Auto – wir ersetzen die Standheizung durch lange Merinounterhosen, ein zusätzliches Paar Socken, Mütze, unsere dicke Lamadecke und literweise heißen Tee. Mittags gibt es gebackene Tortillas. Die Restwärme der Bratpfanne eignet sich übrigens ideal zum Auftauen kalter Füße.

Denali Highway – Ausblick von einem unserer Stellplätze
Blick beim Abendessen am Denali Highway – uns geht’s gut

Schließlich hebt sich die Wolkendecke. Nach einem Spaziergang auf dem Highway fahren wir noch ca. 20 Kilometer weiter nach Osten. Nun weitet sich die Landschaft, die Wolken verschwinden fast und die Ausblicke auf das bunte Tal und die schneebedeckten Berge der Alaska Range sind atemberaubend schön. Fast in jeder Bucht am Straßenrand stehen auch hier die Pickups und Trailer der Jäger. Ihre Lagerplätze haben manchmal schon fast Campingplatz-Größe.

Eines der vielen Jäger-Camps am Denali Highway

Doch dann finden wir unseren Traumstellplatz mit Panoramablick. Sonne und Regenschauer, dramatische Wolkenbilder und sogar einen Regenbogen, alles wird gleichzeitig geboten. An dieser unglaublich weiten Natur können wir uns einfach nicht satt sehen.

Am Denali Highway

Dichter Nebel hängt am nächsten Morgen im Tal und löst sich nur langsam auf. Wir fahren etwas weiter bergauf und warten, dass sich die Wolken heben. Es wäre einfach zu schade, durch die großartige Bergkulisse zu fahren, ohne etwas zu sehen. Gott sei Dank haben wir ja Zeit. Schließlich wird unsere Geduld belohnt. Die weitere Strecke ist wieder umwerfend schön. Eigentlich gefällt es uns hier sogar noch besser als im Denali Nationalpark. Ein herrlicher Stellplatz mit Traumblick auf vergletscherte Berge reiht sich an den nächsten. Immer weiter zieht sich die Straße in die Berge, wir sind schon weit oberhalb der Baumgrenze. Am Nachmittag erreichen wir den Mac Larren Pass auf ca. 1250 Metern Höhe. Mittlerweile scheint sogar die Sonne.

Wanderung auf dem Mac Larren Summit Trail

Der Mac Larren Summit Trail, endlich mal ein Wanderweg und nicht nur ein schlammiger ATV-Trail, führt vom Straßenpass zum 7 Mile Lake. Doch die Strecke von 26 Kilometern ist für eine Halbtagestour einfach zu lang. So begnügen wir uns mit ca. 20 Kilometern auf dem Kamm des Höhenzuges oberhalb des Mac Larren Rivers und entlang einiger Bergseen.

Blick vom Mac Larren Summit Trail

Unterwegs beobachten wir aus nächster Nähe zwei große Adler. Der Weg selbst ist ein echter Genuss mit herrlichen Blicken ins Tal sowie auf die schneebedeckten Berge und Gletscher. Auch ein kräftiger Regen, der uns bei kaltem Wind ganz schön durchnässt, kann die Wanderlust nicht trüben. Nach einer Stunde scheint wieder die Sonne, besonders schön ist das Licht jetzt am Abend. Erst kurz nach 19 Uhr ist Master Yoda wieder erreicht.

Sonne nach dem Regen auf dem Mac Larren Summit Trail
Regenbogen zur Belohnung für die Dusche

Eine Nacht verbringen wir noch bei Dauerregen in den Bergen. Dann geht es zurück ins ca. 450 Kilometer entfernte Anchorage, in der Hoffnung auf eine Reparatur der Heizung. Die Distanzen hier sind wirklich aberwitzig. Wer würde in Deutschland eine solche Strecke fahren, nur um mal eben in einer Autowerkstatt vorbei zu schauen?

Das Wetter bessert sich im Süden. Wir kennen die Strecke ja bereits. Trotzdem ist die Fahrt bei Sonnenschein nun viel schöner. Endlich können wir die beeindruckende Gletscherwelt entlang des Glenn Highway in voller Pracht bewundern. Bei Sutton, ca. 70 Kilometer vor Anchorage, übernachten wir.

Gletscher am Glenn Highway

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