Auf dem Markt in Otavalo

Von der Grenze Kolumbien-Ecuador nach Quito

Finca Sommerwind, 18./19.7.2025

Erst spät brechen wir auf von Las Lajas, unserem letzten Stellplatz in Kolumbien, gehen in der Stadt Ipiales zum Großeinkauf in den Supermarkt und sind dann endlich gegen Mittag an der Grenze nach Ecuador. Die eigentlichen Formalitäten sind rasch erledigt und alle Beamten sind sehr nett. Allerdings ist heute Vormittag das Computersystem abgestürzt, so dass sich ein langer Stau vor den Schaltern bei der Immigration entwickelt hat. Hier treffen wir auch Chris wieder, der geduldig vor uns ansteht. Nach rund zwei Stunden sind wir durch, für unsere illegal eingeführten üppigen Obst- , Gemüse- und Teevorräte hat sich niemand interessiert. Glück gehabt.

Die vierspurige Straße der Panamericana ist hervorragend ausgebaut. Auffällig ist , dass hier die Auto überwiegen und deutlich weniger Motorräder als in Kolumbien unterwegs sind. Ein guter Indikator für den höheren Lebensstandard des Landes.

Die Landschaft ist zunächst deutlich flacher als in Kolumbien, es gibt ausschließlich saftig grüne Weiden. Nachdem wir den Pass hinter Bolivar gequert haben und die Provinz Imbabura erreichen, ändert sich das schlagartig. Die nun wieder hohen Berge sind kahl, mit braunen Dornbüschen bedeckt. Nur entlang des tief in den Sedimentboden eingeschnittenen, schlammigen Rio Chota findet man Zuckerrohrfelder und Palmen. Fast wie eine Flussoase in Nordafrika.

Bei der Stadt Ibarra liegt die Finca Sommerwind. Das Restaurant und der Campingplatz werden vom deutschen Auswanderer Hans und seiner ecuadorianischen Frau betrieben. Es ist ein zentraler Anlaufpunkt für alle Overlander. Wir sind zunächst erschlagen von den vielen großen Expeditionsmobilen, die meisten sind hier jedoch nur abgestellt. So dicht gedrängt haben wir bisher nirgendwo gestanden.

Kuschelcamping auf der Finca Sommerwind
Kuschelcamping auf der Finca Sommerwind

Natürlich treffen wir viele „alte“ Bekannte wieder. Die beiden gigantischen französischen Wohnmobile aus Silvia sind hier, Chris ist da, ebenso Paul mit Juliane aus Popayan sowie Olivia und Martin. Abends sitzen wir gemeinsam beim Essen im Restaurant.

Auch den nächsten Tag verbringen wir hier. Olaf ist mit Wartungsarbeiten beschäftigt, ich mit der Wäsche und dem „Hausputz“. Mittags verwöhnen wir uns mit exzellenten, hausgemachtem deutschen Kuchen. Wirklich sehr schön ist der Austausch mit Chris, der direkt neben uns parkt. Irgendwie ticken die Leute mit den „kleinen“ Fahrzeugen ähnlich und verstehen sich gut. Insgesamt sagt uns die Finca Sommerwind irgendwie nicht so richtig zu. Die spärlichen Sanitäreinrichtungen sind eher mittelmäßig, die Campingküche ist total verdreckt und der Platz selbst viel zu voll.

Cuichocha Kratersee, 20./21.7.2025

Erst am sehr späten Vormittag kommen wir von der Finca los, nicht ohne uns zuvor noch mit dem wunderbaren Kuchen als Proviant eingedeckt zu haben. In der benachbarten Stadt Ibarra verbringen wir eine geschlagene Stunde im Laden des Mobilfunkanbieters Claro, um lediglich eine Simkarte für das Handy zu kaufen. Es ist immer wieder faszinierend, welche Daten dafür mehrfach erfasst und wieviele Kopien der Reisepässe erstellt werden, die dann noch irgendeiner Zentrale bestätigen muss. Dabei sind die beiden jungen Angestellten wirklich furchtbar nett und geben sich alle Mühe.

Nach ungefähr einer knappen Stunde Fahrzeit gelangen wir zum Kratersee Cuichocha in 3.255 Metern Höhe. Dahinter ragt sehr eindrucksvoll der 4.938 Meter hohe Gipfel des Cotacachi empor. Unser Stellplatz für die Nacht ist der Parkplatz am Restaurant einer sehr netten indigenen Familie. Am Nachmittag machen wir einen kleinen Spaziergang zum Aussichtspunkt am See und spüren selbst bei geringer Anstrengung sehr deutlich den geringen Sauerstoffgehalt der Luft.

Wanderung um die Laguna Cuichocha
Wanderung um die Laguna Cuichocha

Die Nacht war kalt, aber am nächsten Morgen kommt rasch die Sonne raus und es wird ein super Wandertag. Rings um den Kratersee gibt es einen 13 Kilometer langen Wanderweg mit rund 700 Höhenmetern. Hört sich nicht viel an, aber in der Höhe sind die Steigungen gut spürbar. Allerdings hat die Übernachtung hier oben auch schon eine gute Akklimatisation gebracht.

Wanderung um die Laguna Cuichocha
Wanderung um die Laguna Cuichocha

Morgens um 8.30 Uhr geht es los. Zunächst vom Campingplatz eine Stunde stetig bergab zum Besucherzentrum am Seeufer, dann steil bergan, zum großen Teil über Treppenstufen. Der Weg ist sehr gepflegt und bietet immer wieder wunderschöne Ausblicke auf den See, die von Wolkenfetzen umwehten Berggipfel und das dicht besiedelte Tal zwischen Quito und Ibarra. Trotz der dünnen Luft läuft es sich prima, allerdings sind wir ziemlich langsam. In der Sonne ist es trotz des scharfen Windes gar nicht so kalt wie befürchtet. Es geht insgesamt rund 4 Kilometer stetig bergauf. Nach dem höchsten Punkt verläuft der Weg im fröhlichem Hoch und Runter zwischen zwei tief eingeschnittenen Bachtälern, zum Schluss dann nur noch auf einer Höhe. Nach rund 5 Stunden sind wir am frühen Nachmittag wieder am Campingplatz. Das war eine schöne Tour und hat mal wieder richtig gut getan. Nun hat sich der Himmel wieder völlig zugezogen und wir sitzen in Daunenjacken leicht fröstelnd beim Tee vor dem Auto. Und das, obwohl wir rund eine knappe Fahrstunde noch vom Äquator entfernt sind. Später kommen noch Paul und Juliane von ihrer Wanderung zurück, sie übernachten heute ebenfalls hier.

Über den Äquator nach Quito, 22.7.2025

Den Vormittag verbringen wir in Otavalo. Die Stadt ist bekannt für ihren Markt, der der größte in Südamerika sein soll. Wir waren nicht so wirklich begeistert von der Plaza del Poncho. Es werden ausschließlich Textilien, vor allem Ponchos, Pullover, Schals und Decken angeboten. Der größte Teil sieht nach billiger Fabrikware aus.

Auf dem Markt in Otavalo
Auf dem Markt in Otavalo
Straßenszene in Otavalo
Straßenszene in Otavalo

Viel interessanter fanden wir das Leben auf den ganz normalen Einkaufsstraßen dieser ansonsten untouristischen Stadt. So sitzen wir lange auf der parkähnlichen Plaza Simon Bolivar vor der Kirche und betrachten die Passanten. Viele indigene Frauen tragen die traditionelle Kleidung, bestehend aus einem schwarzen Wickelrock, besticktem Gürtel und einer weißen, mit Blumen bestickten Bluse. Der Kopf wird bedeckt von einem gefalteten Tuch als Schutz gegen die intensive Sonneneinstrahlung. Wir sind immer noch erstaunt, wie klein die Menschen sind, besonders die Alten haben in etwa die Größe eines 10jährigen Kindes.

Ungefähr eine Fahrstunde südlich über die Panamerikana erreichen wir beim Ort Cayambe den Äquator, für uns ein ganz besonderer Moment. Schon ein tolles Gefühl, mit einem Bein auf der Nordhälfte der Erde und mit dem anderen auf der Südhalbkugel zu stehen und die gesamte Strecke vom Polarmeer in Kanada bis hierher zurückgelegt zu haben.

Äquator
Wir überqueren den Äquator

Exakt auf dem Null-Meridian wird durch einen netten Guide im kleinen naturwissenschaftlichen Museum „Mitad del Mundo Reloj Solar“ (Sonnenuhr am Mittelpunkt der Erde) die Geschichte der Vermessung des Äquators sowie astronomische Aspekte der Geographie erklärt. Die große Sonnenuhr zeigt die korrekte astronomische Zeit und die Normalzeit sowie Monat, Tag und Jahreszeit nur mit Hilfe der Sonnenstrahlen. Eine riesige Weltkarte auf dem Fußboden in einem Austellungsgebäude bildet in Erde in einer für uns anderen Perspektive ab. Wir sind ja gewohnt, die Nordhalbkugel und Europa „oben“ zu sehen. Hier sind die Pole an den Seiten und der Äquator zentral projiziert. Interessant, doch auch irritierend. Aber was ist das? Der nördliche Polarkreis geht ja durch den Süden Alaskas mitten durch Anchorage, quer durch Südskandinavien und weit südlich von Island! Wir befragen den Guide dazu, der hat keine Ahnung und fragt per Telefon seinen Chef. Die Antwort ist naturwissenschaftlich unbefriedigend, aber südamerikanisch-pragmatisch : „Der Fehler ist bekannt. Die Karte ist in China gefertigt und soll irgendwann mal korrigiert werden.“ So gut, so einfach.

Fahrt von Otavalo nach Qui
Fahrt von Otavalo nach Quito
Beton-Befestigung der Böschung an der Panamericana bei Quito
Beton-Befestigung der Böschung an der Panamericana bei Quito

Nach zwei weiteren Fahrstunden auf der Panamerikana, für deren Trasse durch tiefeingeschnittene Täler teilweise halbe Berge abgetragen und betoniert wurden, sind wir in Quito. Der Ballungsraum der Hauptstadt erstreckt sich durch ein weites, langes Tal in 2800 Metern Höhe. In der Stadt selbst leben 1,7 Millionen Menschen, die Metropolregion hat nahezu 2 bis 3 Mio. Einwohner, je nach statistischer Quelle.

Obwohl wir über eine innenstadtferne Schnellstraße zu unserem Campingplatz fahren, ist der Verkehr durch die irre Fahrweise anstrengend. Es wird auch in Ecuador bei jeder unmöglichen Gelegenheit äußerst risikoreich überholt, auch wenn man direkt danach abbiegt oder der Bus nur mit einer Vollbremsung an der nächsten Haltestelle mitten auf der Fahrbahn zum Stehen kommt. Für mich ist es immer wieder ein Wunder, dass wir bis jetzt, Olaf sei Dank, ohne irgendwelche Schäden durchgekommen sind.

Unser Stellplatz Coda Vista des Kanadiers Andy liegt 250 Meter über der Stadt mit einem großartigen Panoramablick über das gesamte Tal.

Quito bei Nacht - Blick vom Campingplatz
Quito bei Nacht – Blick vom Campingplatz

Quito, 23./25.7.2025

Zu dem genialen Ausblick von unserem Campingplatz auf Quito kommt heute noch die Aussicht auf den 50 Kilometer entfernten aktiven Vulkan Cotopaxi hinzu. Majestätisch erhebt sich der mit 5897 m zweithöchste Berg Ecuadors mit seinem vergletschertem Gipfel und der regelmäßigen Kegelform als Idealbild eines Stratovulkans. Ein toller Anblick.

Blick auf den Cotopaxi vom Campingplatz in Quito
Blick auf den Cotopaxi vom Campingplatz in Quito

An unserem ersten Tag in Quito fahren wir mit dem Taxi in die als UNESCO-Welterbe geadelte Altstadt. Dank des rasanten Fahrstils, der auch in Sichtweite roter Ampeln nur Vollgas, unterstützt mit Hupe und nachfolgend abruptes Bremsen kennt, sind wir in gut 15 Minuten dort.

Basilica del Voto Nacional in Quito
Basilica del Voto Nacional in Quito

Neben vielen gut restaurierten barocken Kolonialhäusern gibt es auch Bereiche mit ArtDeco-Gebäuden, die teilweise arg ramponiert sind. Eine echte Augenweide sind die zahlreichen prächtigen Kirchen, allen voran die Iglesia de la Compaña de Jesús. Die zwischen 1605 und 1765 erbaute Barockkirche besitzt eine reich verzierte Fassade und wunderschöne Kuppel. Der gesamte Innenraum ist mit aufwendigen Holzschnitzereien ausgestattet, die komplett vergoldet sind. Die Krönung sind die großen Blumengestecke, die alle Altäre schmücken. Ingesamt ist es ein Rausch aus Gold und Prunk. Der Betrachter wird geradezu davon erschlagen, was wohl auch beabsichtigt war.

Iglesia de la Compaña de Jesús in Quito
Iglesia de la Compaña de Jesús in Quito
Mobile Schneiderei in Quito
Mobile Schneiderei in Quito

Sehr gut gefällt uns, dass der Altstadt jeder Anflug von sterilem Freilichtmuseum fehlt. Im Gegenteil, überall brodeln das Leben und der Verkehr. In den dunklen Erdgeschossen der alten Häuser findet man urige, winzige Tante-Emma-Läden, in denen einfach alles gekauft werden kann. Ruhepole in dem Gewusel sind die große, parkähnliche Plaza Grande mit dem Präsidentenpalast und die Plaza San Francisco, die wie eine toskanische Piazza mit Treppen und leichter Steigung zur imposanten Basilika San Francisco angelegt ist und so eine besondere Raumwirkung erzielt. Einziger Wermutstropfen: Wir finden nirgendwo ein Café mit gutem Kuchen. Am Nachmittag fahren wir per Uber für ca. 3,50$ (US-Dollar ist die offizielle Währung des Landes)wieder zum Campingplatz zurück, genießen die warme Sonne und den Ausblick.

Plaza Grande in Qutio
Plaza Grande in Quito
Altstadt von Quito
Altstadt von Quito
Plaza San Francisco/Quito
Plaza San Francisco/Quito

Am nächsten Tag ist mal wieder ein Werkstattbesuch fällig. Wir haben noch immer die Hoffnung, dass jemand unser hinteres Differential reparieren kann. Außerdem quietschen die Blattfedern ganz fürchterlich. Andy, unser supernetter Camping-Host empfiehlt eine Werkstatt. Mit dem Differential kennt sich aber auch dort niemand aus. Also lassen wir alles so. Wegen der Quietschgeräusche lassen wir Yoda waschen, um dann später neues Öl für die Blattfedern auftragen zu lassen. Außerdem wird an einem Dämpfer ein neues Gummi eingesetzt. Olaf hatte zufällig bemerkt, dass es eingerissen und abgenutzt war. Danach noch einkaufen und schon ist es Nachmittag. Auf dem Campingplatz müssen wir erstmal die Dachbox ausräumen und alles trocken. Der Autowäscher hat mit seinem Hochdruckreiniger zu eifrig von unten gegen gesprüht. Dafür wurden aber auch Lack und Reifen mit Spezialglanz-Mittel bearbeitet. Yoda stinkt jetzt ziemlich eklig. Das Highlight des Tages sind die köstlichen Schokocroissants und Apfelstrudel aus einer Schweizer Bäckerei, die Andy uns empfohlen hatte. Dann noch duschen, waschen und der Tag ist vorbei. Spät am Abend landen noch Olivia und Martin auf dem Platz. Sie mussten hier heute einen Notstopp in der Werkstatt machen, nachdem sich zwei Radlager so gut wie zerlegt hatten. Dabei waren sie genau deshalb einen Tag zuvor in einer Werkstatt bei der Finca Sommerwind gewesen, wo man sagte, alles sei okay. Ja, man muss wirklich alles selber beaufsichtigen und im Griff haben, sonst ist man ziemlich aufgeschmissen.

An unserem dritten Tag in Quito wollen wir hoch hinaus. Es gibt eine Gondelbahn von der Neustadt, die über die Hänge des Vulkans Pichuncha bis zum Aussichtspunkt Cruz Loma in 4100 m Höhe fährt. Wieder bringt uns ein Taxi in rasanter Fahrt zur Talstation. Um die Strecke zu verkürzen, nimmt der Fahrer kurzerhand in einem Kreisverkehr die Gegenfahrbahn, und das genau vor der Polizeistation. Die Fahrweise ist hier wirklich einfach unglaublich.

Blick vom Cruz Loma (4.100 m) auf Quito
Blick vom Cruz Loma (4.100 m) auf die Metropolregion Quito mit 3 Mio. Eiwohnern

In nur 10 Minuten sausen wir dann mit der Seilbahn nach oben. Mit 2,5 km Länge gehört die TelefériQo zu den längsten Seilbahnen weltweit. Ein schöner Spazierweg führt über den Kamm. Die Aussicht auf das schier endlose Häusermeer von Quito 1.250 Meter tiefer unter uns und die vielen Vulkane ringsum ist einfach überwältigend. Den Nachmittag verbringen wir in der Altstadt. Nach einem Kaffee auf der Plaza Grande erklimmen wir den Hügel El Panecillo, der sich 200 Meter über der Stadt erhebt und eine tolle Aussicht bietet. Wir nehmen hierfür den kürzesten Weg, aber die 875 Treppenstufen hinauf bringen uns gut ins Schnaufen. Oben steht seit 1976 eine 45 m hohe Marienstatue aus Aluminiumplatten, ringsherum natürlich jede Menge Andenkenläden. Die Schweißtropfen haben sich gelohnt, der Ausblick ist genial. Per Uber kommen wir zurück zum Campingplatz.

Marienstatue auf dem El Paneciollo/Quito
Marienstatue auf dem El Paneciollo/Quito
Altstadt und Neustadt von Quiito – Blick vom El Panecillo