Stellplatz am Vulkan Telica

Nicaragua -Von Ocotal nach Peneloya

Nach Esteli und zur Finca Tisey, 01.02.2025

An unserem ersten Tag in Nicaragua bummeln wir morgens über die obligatorische Plaza unseres Übernachtungsortes Ocotal und füllen an Marktständen unsere Obst-und Gemüsevorräte auf. Die Auswahl ist begrenzt, da nur lokale Waren verkauft werden. Aber damit sind wir völlig einverstanden, denn was könnte besser zum Porridge schmecken als frische Ananas und die köstlichen Mini-Bananen.

Avenida Wiesbaden in Ocotal
Avenida Wiesbaden in Ocotal

Ungläubig schauen wir auf ein Straßenschild an der Plaza. Da steht doch tatsächlich „Avenida Wiesbaden“. Ein Blick auf Google bestätigt unsere Vermutung: Ocotal ist eine Partnergemeinde der hessischen Landeshauptstadt. Wie klein ist doch die Welt!

Dann schwingen wir uns wieder auf die Landstraße. Wir fahren an vielen Kaffeplantangen vorbei und sehen wie die gewaschenen Bohnen auf den Feldern getrocknet werden. In dieser Gegend soll der beste Kaffee von Nicaragua angebaut werden. Zur Mittagspause gehen wir in Esteli essen. Die Stadt ist modern mit einer Universität und ist ein Zentrum der Zigarettenproduktion.

Esteli
Esteli

Bei 30 Grad ist es uns schon fast zu warm für einen Bummel in der Innenstadt. Eine halbe Stunde Fahrzeit über eine schmale Straße, die südlich von Esteli von der geschäftigen Panamericana abzweigt, bringt uns hinauf in die Berge. Unser Ziel ist die Finca Tisey in 1440 Metern Höhe, ein Bauernhof mit Restaurant und einer Wiese, auf der wir zum Übernachten parken können. Vom nahen Mirador geht der Blick weit über das Land und die Vulkane an der Grenze zu San Salvador. Hier oben weht ein heftiger Wind, es ist herrlich kühl und vollkommen still. Das tut gut.

Vulkan Momotombo
Vulkan Momotombo

Vulkan Telica, 02.02.2025

Die Nacht war mit ca. 15 Grad herrlich erfrischend. Über eine schöne, schmale Straße fahren wir durch grüne Wälder hinunter in die heiße, savannenartige Ebene. Rasch steigt die Temperatur wieder auf über 30 Grad. Hier gibt es dank künstlicher Bewässerung durch Gräben sogar Reisfelder, ansonsten wird Soja und Mais angebaut. Immer wieder durchfahren wir kleinere Orte, die zwar auch arm, im Vergleich zu Honduras jedoch insgesamt wohlhabender aussehen. Unsere Mittagspause findet wieder wenig idyllisch direkt am Straßenrand statt. Einen schattigen und möglichst wenig vermüllten Platz zu finden, ist nicht einfach. Gegen 14 Uhr biegen wir kurz vor der großen Stadt Leon auf eine Piste ab. Ziel ist der Vulkan Telica. Der zunächst sandige Weg wird bald schmaler, steiler und felsiger, zum Teil auch ausgewaschen. Abseits der Hauptstraßen liegen winzige Fincas versteckt in den Feldern, meist ist es nur eine Wellblechhütte und ein eingezäunter Pferch für Tiere. Die Strecke bietet Yoda und Olaf endlich ein kleines Off-Road Abenteuer.

Stellplatz am Vulkan Telica
Stellplatz am Vulkan Telica
Blick von Vulkan Telica
Blick von Vulkan Telica
Eruption am Vulkan Telica
Eruption am Vulkan Telica

Nach ca. 9 spannenden Kilometern erreichen wir den Trailhead für den Aufstieg zum Vulkankrater. Hier wollen wir für die Nacht parken. Kurze Zeit später trudelt ein Landcruiser HZJ78 mit einer geführten Wandergruppe ein. Gegen 16 Uhr machen auch wir uns an den Aufstieg. Nur ca. 40 Minuten über grobe Lavafelder braucht man bis zum Kraterrand. Ab und zu gibt es laute Eruptionen, wie ein grollender Kanonenschlag und ziemlich gruselig. Danach steigt besonders viel Qualm auf. Sogar der Guide der Wandergruppe zuckt bei dem Donner erschrocken zusammen. Sonst ist beim Blick in den Höllenschlund außer dichtem Rauch nichts zu sehen. Sehr schön, besonders bei Sonnenuntergang, ist der weite Blick über die Ebene mit den vielen kleinen und großen Vulkanen. Abends nimmt der Wind stark zu, die Daunenjacke können wir gut brauchen. Wir warten vergeblich bis zum Einbruch der Dunkelheit, ob man nicht wenigstens einen roten Schein der Lava im Krater sehen kann. Mit Hilfe unserer Stirnlampen tasten wir uns dann im Dunkeln vorsichtig über den felsigen, steilen Pfad in vielen Kehren wieder nach unten.

Tor zur Unterwelt - Viulkan Toluca
Tor zur Unterwelt – Vulkan Telica

Leon, 03.02.2025

Schulweg in Toluca
Schulweg in Telica

Morgens in aller Ruhe mit Blick auf einen rauchenden Bilderbuch-Vulkan frühstücken, das hat schon was. Seit erst einer Woche bin ich wieder mit Olaf auf Tour – und wie lebendig und prall gefüllt mit Erlebnissen ist diese kurze Zeit. Genau das liebe ich so sehr am Reisen. Bevor wir wieder aufbrechen, unternehmen wir noch eine kleine Wanderung bis zu einer Finca am Ende der Piste. Sie besteht aus einer Wellblechhütte, umgeben von kleinen Feldern. Zwei kleine Mädchen machen sich gerade hoch zu Ross auf den weiten Weg zur Schule, die 10 Kilometer entfernt an der Hauptstraße liegt. Das müssten mal die fürsorglichen Eltern im fernen Deutschland sehen.

Gegen Mittag sind auch wir wieder die Piste hinunter gerumpelt und fahren in die nahegelegene Provinzhauptstadt Leon. Auf dem Parkplatz hinter einer Autowerkstatt in der Nähe des Zentrums kann man sicher und preiswert laut iOverlander übernachten. Komfort oder Ruhe darf man aber nicht erwarten.

Stellplatz in Leon
Stellplatz in Leon
Dusche und Toilette in Leon
Dusche (links) und Toilette (rechts) mit multifunktionaler Blechtür (Mitte)
Toilette auf unserem Stellplatz in Leon
Toilette auf unserem Stellplatz

Der einzige Luxus ist ein großer Baum, dessen Schatten bei 35 Grad Hitze hoch willkommen ist. Es gibt noch eine selbstreinigende Toilette, die man mangels Tür mit einem Stück Wellblech als Blickschutz verschließen kann. Ein Eimer mit Schöpfkelle ersetzt die Wasserspülung. Auf die Benutzung der aus einem Rohr in der Wand bestehenden Dusche verzichten wir, nachdem gerade einer der Automechaniker dort hinein gepinkelt hat. Also alles recht rustikal, aber okay für einen Stellplatz in der Stadt.

Nach kurzem Fußweg sind wir in der Altstadt. Es gibt eine gigantische Kathedrale, die mit ihrer weißen Stuckpracht aussieht wie ein riesiges Stück Sahnetorte. Immerhin ist es der größte Sakralbau Zentralamerikas. Davor befindet sich die obligatorische Plaza mit Essensbuden, Bänken und Bäumen, sehr angenehm ohne Autoverkehr.

Kathedrale von Leon
Kathedrale von Leon
Plaza in Leon
Plaza in Leon

An der zentralen Plaza genehmigen wir uns eine Cola und ein Stück Kuchen vom Essensstand einer stattlichen Senora und sind den Rest des Abends damit beschäftigt, dem Treiben auf der Plaza zuzuschauen. Wirklich eine Augenweide sind die resoluten, kugelrunden Frauen an den Getränkeständen. Da gibt es aber auch einige sehr schick gestylte Studenten auf der Bank gegenüber, neben uns sitzt ein Altherrenklub, bestehend aus drei weitgehend zahnlosen Opas. Auch einige Familien mit Kleinkindern sind unterwegs. Die Eltern sind oft selber noch Teenager. Erst spät am Abend sind wir wieder am Auto. Auch bei Dunkelheit fühlen wir uns auf dem Heimweg vollkommen sicher. Obwohl wir natürlich meilenweit als Ausländer zu erkennen sind, werden wir, wie bisher überall in Zentralamerika, von niemanden belästigt oder in irgendeiner Form merkwürdig behandelt.

Leon, 04.02.2025

Morgens bummeln wir erneut durch die Innenstadt von Leon. Immer wieder faszinierend ist, besonders für Olaf als Elektroingenieur, die kreative Verkabelung mit wahrhaftig gordischen Knoten. Die quadratisch angelegten schmalen Straßen Leons sind von schönen Kolonialbauten gesäumt. Alles etwas ärmlich, aber dafür authentisch, denn es ist zwar einiges restauriert, die meisten Häuser sind jedoch original gealtert und nicht herausgeputzt wie in vielen Touristenstädten Mexikos oder Guatemalas. Hier wohnen noch ganz normale Menschen im Zentrum der Stadt und in den schattigen Gewölben und Innenhöfen der Palazzi gibt es alle möglichen Läden für den täglichen Bedarf. Als Universitätsstadt bietet Leon viele nette Cafés und sogar ein vegetarisch-veganes Restaurant. In letzterem sind allerdings ausschließlich Ausländer als Gäste anzutreffen. Uns gefällt es sehr gut in Leon.

Kolonialhäuser in Leon
Verkabelung de Luxe
Verkabelung de Luxe
Che - Idol einer Generation
Che – Idol einer Generation

Sehr stolz ist Leon auf seine Rolle als „Hauptstadt der sandinistischen Revolution“ im Kampf gegen den Diktator Somoza 1978/79 sowie im Guerilla-Krieg der Sandinisten gegen die Contra-Rebellen von 1981 bis 1990. Die Embleme der sandinistischen Befreiungsfront FSLN sind überall präsent. In der kleinen Fußgängerzone neben dem Rathaus sind die Bilder und Biografien der meist 1978/79 von den Todesschwadronen Somosas ermordeten und als Märtyrer verehrten Kämpfer ausgestellt. Che ist natürlich auch verewigt. Es bewegt uns, die Gesichter der oft nur um die 20 Jahre jungen Männer und Frauen zu betrachten. Es sind sogar einige Kinder dabei, die entführt und ermordet wurden.

Wir lesen, dass in den Bürgerkriegen Somosa bzw. die Contras massiv von den USA unterstützt wurden, die CIA spielte beim Anheizen der Konflikte auch eine unrühmliche Rolle und wir haben den Eindruck, dass US-Amerikaner noch immer keinen guten Ruf haben. Gleichwohl gibt es nun hier auch MacDonalds, Subway und einen Ableger von Walmart. Jedenfalls ernten wir meist ein anerkennendes Lächeln, wenn wir sagen aus Deutschland, und nicht, wie von den Nikas vermutet, aus den USA zu sein. Überhaupt fühlen wir uns, wie überall im Zentralamerika, auch in Nicaragua mit seinen sehr freundlichen Menschen – und dem hervorragenden Kaffee – sehr wohl. Auch Yoda muss sich hier heimisch fühlen, denn es gibt jede Menge 7er Landcruiser, meist mit Ladefläche.

Am Nachmittag fahren wir zum Vulkan Cerro Negro. Die kurze Strecke von 20 Kilometern, überwiegend auf leicht sandiger Piste, ist in ca. 30 Minuten zurückgelegt. Am Visitor Center staunen wir nicht schlecht über die irren Preise, die für einen Besuch des Vulkangebietes verlangt werden. Bereits die geplante Übernachtung auf dem Lavasandfeld würde für 2 Personen sagenhafte 40 US-Dollar kosten. Die Besteigung des Vulkans 20 Dollar und der für jegliche Wanderung obligatorische Guide nochmals 40 Dollar. Insgesamt wären also 100 Dollar für einen 45minütigen Aufstieg auf den Aschekegel und den Stellplatz ohne jegliche Infrastruktur zu zahlen. Das ist Nepp und uns schlicht einfach zu teuer. Offizielle Preisschilder hängen nirgendwo, die Angestellten lassen sich aber auch nicht auf Preisverhandlungen ein.

Also fahren wir wieder zurück nach Leon und noch 20 Kilometer weiter bis zum Pazifik. In Peneloya rollen wir auf den Campingplatz Cabanas Rusticas des Kanadiers Patrick. Hier wollen wir mindestens zwei Nächte bleiben. Ein wahrer Genuss ist nach etlichen Tagen die Dusche, weniger schön die Mücken, die uns abends quälen.

Strandtage in Peneloya, 05.- 07.02.2025

Was für eine Hitze! Das kann man nur im Wasser aushalten. Nach ca. 15 Minuten Fußweg von unserem Stellplatz sind wir schon am Strand. Ein langer wunderschöner leerer Sandstrand wartet auf uns. Der andauernde Wind macht die Temperatur erträglich, während der lauwarme Pazifik fast Lufttemperatur hat und nur wenig Abkühlung bringt. Am menschenleeren Strand gibt es viele Palapas mit Imbissen, die aber wohl nur am Wochenende geöffnet haben, wenn die Einwohner von Leon einfallen. Am nördlichen Ende des Ortes Peneloya mündet ein Fluss ins Meer, hier gibt es einen kleinen Fischerhafen und einige Restaurants. Ein sehr idyllische Ort mit einem tollen Blick auf die Vulkane, aber auch olfaktorisch sehr reizvoll mit Brackwasser- und Abfallduft. Nicaragua ist eben noch sehr ursprünglich. Uns gefällt es trotzdem oder gerade deshalb sehr gut.

Fischerhafen in Peneloya
Fischerhafen in Peneloya
Strand von Peneloya
Strand von Peneloya
Strandküche in Peneloya

Abgesehen von diesem kleinen Spaziergang sind wir wirklich faul. In einem sehr einfachen Restaurant am Strand hängen wir bis 15 Uhr ab. Zum Mittagessen bekommt Olaf fangfrischen, grätenreichen Fisch und ich gebackene Bananen mit Bohnen, Reis und Käse von der freundlichen Senora zubereitet. Beides sehr lecker, aber fettig. Die traurigen Blicke der bis aufs Skelett abgemagerten Straßenhunde sind beim Essen schwer zu ertragen.

Danach sind auf dem Campingplatz einige Büroarbeiten angesagt, schließlich muss auch ein neuer Blogeintrag  fertig gestellt werden. Aber pünktlich zum kitschig-schönen Sonnenuntergang sind wir nochmal am Meer.

Wir bleiben noch zwei weitere Tage hier. An einem Vormittag führt uns eine lange Strandwanderung zum eher touristischen südlichen Teil des Ortes. Hier befinden sich etliche kleine Hotels und zwei Surfschulen und wir sehen einige US-amerikanische Touristen. Die Restaurants haben auch andere Preise. Trotzdem ist es ein sehr ruhiger Ort und kein Touristenrummelplatz. Den superheißen Nachmittag verbringen wir am Campingplatz, erst abends sind wir wieder am Strand.

Strand in Peneloya
Strand in Peneloya
Was für ein armseliger Anblick!

Auch am Freitag können wir uns nicht vom Strand trennen. Morgens wartet jedoch erst einmal ein gutes Stück Arbeit auf uns, denn wir gehen auf Jagd. In unserer Ananas, die im Auto lag, hat sich ein stattliches Nest winziger Ameisen gebildet, die nun das Innere unseres Landcruisers erobert haben. Auch in der kleinsten Ritze krabbelt es. Alles muss ausgeräumt und gesäubert werden. Dabei bewährt sich unser Handstaubsauger aus Mexiko. Trotzdem eine schweißtreibende Angelegenheit.

Den Rest des Tages verbringen wir wieder am Meer auf dem menschenleeren „Einheimischen-Strand“. Hier treffen wir nur die dürren Strtaßenhunde. An einer Palapa gibt es kühle Cola, wir „unterhalten“ uns mit dem Eigentümer, was mit Googletranslater und unseren minimalen Spanischkünsten so einigermaßen möglich ist. Für den Mann ist es jenseits jeglicher Vorstellung, dass es Menschen gibt, die jahrelang durch Amerika fahren und dabei im Auto leben. Seine Welt endet hinter Leon, er sitzt den ganzen Tag an seinen Imbissstand und wartet auf die Kunden, die am Wochenende aus der Stadt kommen. So lebt jeder in seiner eigenen Welt.