Sonnenuntergang am Cerro de la Muerte

Hochgebirge und Dschungel

Pochotel bei Pavones, 19.3.2025

Heute verabschieden wir uns endgültig von der Karibik, auch wenn es schwer fällt. Unterwegs werden mal wieder die Vorräte in einem Supermarkt aufgefüllt. Spitzenreiter in der Preisliga ist eine Tafel Schokolade für 15 €uro, obwohl der Kakao hier an jeder Ecke wächst. Da bleiben wir doch lieber bei Ananas, Mango, Papaya und Co., ist eh viel gesünder und außerdem ist ja Fastenzeit.

Bis Siquirres fahren wir wieder auf der Hauptverbindungsstraße 32 zurück, die ja gerade vierspurig ausgebaut wird. Wieder sind wir fasziniert von den Baustellenbereichen. Da gibt es keine Verkehrsführung oder Hinweise, dass man streckenweise im Gegenverkehr fahren muss. Bei Tageslicht ist das ja noch einigermaßen okay, aber nachts katastrophal.

Blick vom Pochotel
Blick vom Pochotel

Die schmale Straße 10 führt aus der Ebene hinauf in die Berge, rasch sind wir auf 1000 Metern Höhe. Hier ist es endlich wieder angenehm frisch. Vom Höhenkamm hat man sehr schöne Blicke auf die steilen Berge. In der klaren Luft leuchtet das satte Grün der Wälder, wunderschön blühen die 10 bis 15 Meter hohen Korallenbäume in knalligem Rot-Orange. Schon mittags erreichen wir unseren Stellplatz bei Pavone. Das kleine Familienhotel Pachotel liegt auf einem Hügel hoch über dem Tal und bietet von einer Campingwiese einen 360 Grad Panoramablick auf die über 3400 Meter hohen Vulkane Turrialba und Irazu. Vorher gilt es aber, wie so oft, über eine aberwitzig steile Schotterpiste das Hotel zu erreichen – in Zentralamerika auch für Pkw ganz normal. Abends genießen wir von der Hollywoodschaukel auf der Aussichtsterrasse den tollen Blick auf die vielen Lichter der Stadt Turrialba 400 Meter unter uns. Uns zu Ehren lässt der Inhaber dezent klassische Musik europäischer Komponisten laufen, sehr romantisch, auch wenn Händels Weihnachtsoratorium doch vielleicht nicht so ganz zur Jahreszeit passt.

Retos del Irazu/Sabanilla, 20.3.2025

So schnell geht das in Costa Rica. Gestern früh noch an der Karibik geschwitzt wie ein Affe, sitzen wir heute in Daunenjacke bibbernd beim Abendessen. Immerhin sind wir nun auf 2560 Metern Höhe und da wird es blitzartig kalt, wenn die Sonne weg ist.

Durch eine herrliche Berglandschaft führen uns heute 160 Kilometer kurvenreiche schmale Straßen. Rauf und runter geht es an steilen Hängen mit Kaffeeplantagen, vorbei an klaren Flüssen und durch Zuckerrohrfelder. Überall wuchert eine üppige Vegetation.. Auch die Gärten der Dörfer blühen kunterbunt. Nur alte Ortschaften gibt es nicht, keine einzige Kolonialstadt Costa Ricas hat die häufigen Erdbeben im Land der Vulkane überlebt.

Campingplatz am Vulkan Irazu
Campingplatz am Vulkan Irazu

Wir übernachten heute am Fuß des Vulkans Irazú, mit 3432 Metern der höchste Feuerberg des Landes. Der „ Campingplatz“ ist eine Wiese mitten im Nirgendwo am steilen Hang des Vulkans zwischen Kuhweiden und Feldern, erreichbar nur mit 4×4 über eine holprige, sehr steile Piste. Es gibt weder Elektrizität noch Dusche oder Trinkwasser, nur Toiletten und absolute Stille. Der Inhaber und sein Bruder sind bis zum Nachmittag mit Holzarbeiten auf dem Gelände beschäftigt. Danach sind wir ganz alleine. Sehr schön ist es hier, trotzdem finden wir den Preis von 20 US-Dollar angesichts der nicht vorhandenen Infrastruktur übertrieben hoch.

Vulkan Irazú/ Hacienda Gabadera Tapanti, 21.3.2025

Schon um 8 Uhr früh stehen wir am Eingangstor zum Nationalpark Vulkan Irazú. Natürlich haben wir schon gestern online unser Ticket gebucht, was in Costa Rica für die Nationalparks obligatorisch ist. Stolze 40 US-Dollar kostet der Eintritt für 2 Personen, dazu noch mal 6 US-Dollar für den Parkplatz. Dafür kann man aber auch auf einer guten Asphaltstraße bis fast hinauf zum Kraterrand in 3432 Metern Höhe fahren, zu laufen sind dann nur noch ein paar Hundert Meter. Kalt und sehr windig ist es hier oben, aber mit Regenhose und Daunenjacke völlig okay. Zum großen Glück ist der Himmel jetzt in der Frühe noch klar. Der Krater liegt hoch über den Wolken, es ist ein großartiger Blick wie aus dem Flugzeug. Der seit fast 60 Jahren ruhige Vulkan hat mehrere Krater, zwei davon sind sehr tief und eindrucksvoll, leider ist der türkisfarbene Kratersee seit längerem trocken. Trotzdem beeindruckt uns die Landschaft und die tolle Aussicht. Über die flache Sandwüste des dritten Kraters jagen tief fliegende Nebelfetzen.

Vulkan Irazu
Vulkan Irazu
Vulkan Irazu
Vulkan Irazu

Nach einer halben Stunde hat es sich ganz zugezogen, es beginnt zu nieseln. Im heftigen Wind wird es ungemütlich. Wir fahren zu einem höher gelegenen Aussichtspunkt, trinken in Ruhe im Auto unseren Morgenkaffee und können danach bei herrlichem Sonnenschein eine noch phantastischere Sicht über den Wolken genießen.

Zurück im Tal und 2500 Meter tiefer ist es nachmittags unter der dichten Wolkendecke ziemlich trüb. Wir fahren nach Orosi, einem großen Dorf im gleichnamigen Tal, das für seine vielen Kaffeeplantagen gerühmt wird. Das einzig sehenswerte ist die kleine Kolonialkirche, die bislang allen Erdbeben getrotzt hat. Natürlich müssen wir auch die Schweizer Bäckerei auf der Hauptstraße testen, sind aber von der Qualität des Strudels und Kaffees arg enttäuscht. Es beginnt leicht zu regnen, als wir weiter auf der schmalen Straße 408 Richtung Nationalpark Tapanti durch terrassenförmige Kaffeeplantagen fahren. Dieses Wetter ist für uns eine ganz neue Erfahrung. Tief hängen die Wolken in den steilen Hängen des engen Tales, als wir auf die schmale Zufahrt zum Nationalpark abbiegen. Nebel steigt aus dem Regenwald hoch, der nun diesen Namen verdient. Eine tolle Atmosphäre.

historische Dorfkirche in Orosi
historische Dorfkirche/Orosi – die einzige in Costa Rica

Wir übernachten auf der Hacienda Gabadera Tapanti. Der Bauernhof bietet auf einer großen Wiese neben dem Rio Grande de Orosi viele Campingflächen an, außerdem Unterstände mit Sitzgelegenheiten, Grill und Spülbecken. Hier verbringen wir den Rest des Tages und lauschen dem fallenden Regen. Immerhin befinden wir uns in der feuchtesten Region des Landes mit 8000 Millimetern Niederschlag pro Jahr.

Cerro de la Muerte, 22.3.2025

Zumindest nieselt es heute früh nicht mehr, auch wenn die Hügel noch in den Wolken hängen. Wir fahren die gleiche Strecke wie gestern wieder zurück durch das schöne grüne Tal bis Paraiso, wo das dicht besiedelte Valle Central und damit der Ballungsraum um San José beginnt, und quälen uns durch den starken Autoverkehr nach Cartago zum Abzweig der Carretera 2. Damit sind wir mal wieder auf der Panamericana und zwar auf einem sehr prominenten Teilstück. Denn die Straße führt nun kontinuierlich bergauf in das höchste Bergmassiv Costa Ricas, die Cordillera Talamanca, die gleichzeitig die kontinentale Wasserscheide bildet. Es ist eine tolle Strecke durch den primären Nebelwald des Nationalparks Quetzal. Undurchdringlicher Urwald mit flechtenbehangenen Baumriesen begrenzt die Straße. Und tatsächlich fahren wir teilweise durch sehr dichten Nebel, bis wir die Wolkendecke unter uns lassen. Am höchsten Punkt der Straße auf 3400 Metern über dem Meeresspiegel zweigt eine gute Schotterpiste ab zu den 100 Meter höher gelegenen Antennen am Cerro de la Muerte, die wir nach 3 Kilometern auf der Piste erreichen. Hier sind wir zeitweise in der Sonne, ab und zu aber auch im Nebel. Die Vegetation hat sich grundlegend geändert. Hier oberhalb der Nebelwaldgrenze sind wir im Paramó, der baumlosen alpinen Buschlandsteppe des feuchttropisch-alpinen Gebirges, die man sonst nur in den Anden findet. Die Vegetation ist karg mit hartblättrigen Lorbeerbüschen und Stauden.

Unser Stellplatz am Cerro de la Muerte
Unser Stellplatz am Cerro de la Muerte in 3.500 m Höhe

Hier werden wir übernachten und denken, dass wir in totaler Einsamkeit sind. Was für ein Irrtum. Am Nachmittag rollen einige geführte Touristengruppen mit Guides an, um Vögel zu beobachten, bewaffnet mit Kameras, Stativen und monströsen Objektiven. Später werden sie abgelöst durch einige Pkw mit einheimischen Ausflüglern, die am Wochenende hier hinauf fahren, um den Sonnenuntergang zu bewundern. Leider hüllt sich nun die Landschaft in sehr dichten Nebel. Wir flüchten ab 17 Uhr ins warme Auto. Doch dann reißen die Nebelschwaden auf und wir erleben ein grandioses Schauspiel. Über den Kamm der Cordillera Talamanca wälzen sich die Wolken von der Karibik, fließen die Berghänge hinab und lösen sich unterwegs auf, so dass der Blick in die Ebene zum Pazifik frei wird. Das Ganze wird von der untergehenden Sonne dramatisch beleuchtet. Unser einfaches Leben auf wenigen Quadratmetern, ohne Dusche und Kühlschrank, schenkt uns die Freiheit, überall zu bleiben, wo wir wollen. So ist das Leben herrlich.

Wolkenbank an der kontinentalen Wasserscheide Pazifik - Karibik, Cerro de la Muerte
Fallende Wolkenbank an der kontinentalen Wasserscheide Pazifik – Karibik, Cerro de la Muerte
Sonnenuntergang am Cerro de la Muerte
Sonnenuntergang am Cerro de la Muerte

Finca La Puesta del Sol/Peninsula de Osa, 23./24.3.2025

Die Nacht war nicht so kalt wie erwartet. Schon um 5.30 Uhr bewundern wir den Sonnenaufgang über den Bergen. Leider ziehen immer wieder dichte Nebelfelder vorbei, gegen die sich die Sonne nur mühsam durchsetzen kann. Eine sehr schöne Stimmung.

Sonnenaufgang am Cerro de la Muerte
Sonnenaufgang am Cerro de la Muerte

Gegen 9 Uhr brechen wir auf und rollen zur Küste runter. Auf der kurvenreichen Carretera 2 sind heute am Sonntag viele Rennradler unterwegs, die sich tapfer die 2600 Höhenmeter von San Isidro empor kämpfen. Respekt, das ist eine reife Leistung.

Phantastisch, wie sich die Vegetation auf diesen 50 Kilometern verändert. Im Nu sind wir wieder in den Tropen. Obwohl der Ort auf rund 800 Metern Höhe liegt, verschlägt es uns erstmal den Atem, als wir aus dem Auto aussteigen. Von 6 Grad in den Bergen auf 30 Grad in einer knappen Stunde Fahrzeit.

Sehr schön ist dann auch die weitere Fahrt durch die Berge auf der schmalen Straße 243 hinunter zum Meer. Wie immer gibt es leider keine Möglichkeit, mal irgendwo am Fahrbahnrand zu halten und die Aussicht zu genießen.

In Dominical landen wir dann wieder am Pazifik und mittendrin im Touristenrummel. Wie immer graut es uns bei dem Mix aus Lokalen, Hotels und ramschigen Andenkenläden. Immerhin findet sich am Strand ein schattiger Platz zum Mittagessen. Obwohl ein leichter Wind geht, ist die Hitze kaum auszuhalten. Der Kontrast zu den Bergen ist heftig.

Die breite Straße entlang der Küste ist gepflastert mit Makler- und Bauschildern. Der Ort Uvita sollte laut Reiseführer noch einen Eindruck davon geben, wie die Küste vor dem Touristenboom ausgesehen hat. Die Realität hat den nur ein paar Jahre alten Lonley Planet überrollt. Doch nun lässt der Rummel endlich nach und ab Palmar Sur biegen wir auf die schmale Straße 223 nach Sierpe ab. Schlagartig ist vom Tourismus nichts mehr zu spüren. Wir fahren durch nicht enden wollende Ananas- und Kokosplantagen, in den kleinen Orten wohnen die Arbeiter. In Sierpe endet die Teerstraße an einer urigen Fähre über den gleichnamigen Fluss.

Wir setzen auf die Halbinsel Osa über und befinden uns sofort in einer anderen Welt. Über eine Piste geht es noch 7 km durch Regenwald über steile Hügel. Dann stehen wir an der Finca Puesto del Sol. Die Lage der kleinen Kaffeefarm mit Cabanas und Campingplatz ist unschlagbar. Yoda parkt auf einer grünen Wiese neben dem Haus. Von unserem Platz rund 300 Meter hoch über den Mangrovenwäldern blicken wir von der Veranda der Finca über das verzweigte Mündungsdelta des Rio Sierpe bis zum Pazifik. Traumhaft schön. Olaf hat wirklich ein Händchen dafür, immer wieder wunderbare Plätze zu finden. Am Nachmittag entlädt sich die drückende Schwüle in einem Tropengewitter mit unglaublich heftigem Regen, der so laut auf das Blechdach prasselt, dass jede Unterhaltung unmöglich ist.

Sonnenuntergang an der Finca Puesta del Sol
Sonnenuntergang an der Finca Puesta del Sol

Nach der Sintflut dampft der Regenwald bei 100% Luftfeuchtigkeit und 32 Grad, die Tiere erwachen wieder. Tukane und die großen Roten Aras fliegen kreischend vorüber oder lassen sich auf den benachbarten Bäumen nieder, Kolibris und Schmetterlinge umschwirren die Blüten an der Veranda. Brüllaffen melden sich aus dem Wald. Rotglühend geht die Sonne über dem Meer unter. Der Tukan flötet melancholisch sein Lied dazu. Eine magische Stimmung, was für ein Land. Das versöhnt uns wieder mit der fürchterlichen Atmosphäre in den Strandorten.

Unser Stellplatz an der Finca Puesta del Sol
Unser Stellplatz an der Finca Puesta del Sol

Dieser Ort ist wirklich einfach zu schön, um ihn zu verlassen. Also bleiben wir noch einen Tag in der Finca. Morgens kurz nach 5 Uhr wecken uns die Brüllaffen. Direkt von der Terrasse beobachten wir wieder viele Tukane, Rote Aras, grüne Papageien und uns unbekannte Vögel in quietschgelb, tintenblau oder knallrot. Kolibris schwirren zwischen blühenden Büschen, fast so winzig wie eine Biene oder glänzend wie funkelnde Smaragde. Schmetterlinge gibt es in allen Farben und Größen. Und das alles zum Greifen nahe.

Vogelbeobachtung an der Finca La Puesta del Sol
Vogelbeobachtung an der Finca La Puesta del Sol

Außer übernachtet eine kleine Gruppe Franzosen auf der Finca, die zum Tiere beobachten unterwegs ist. Einer von ihnen lebt seit mehreren Jahren auf der Halbinsel Osa und erzählt uns, wie sehr sich sogar diese entlegene Ecke des Landes in den letzten paar Jahren verändert hat. Vor drei Jahren gab es in seinem Wohnort weder Strom noch Internet. Heute findet man selbst im Mangrovenwald überall Lodges mit jeglichem Komfort, den westliche Urlauber wie selbstverständlich erwarten. Auch er glaubt, dass der konsumorientierte Tourismus dem Land immer mehr schadet, die Sozialstrukturen und Umwelt massiv beeinträchtigt und damit letztlich die Lebensgrundlagen zerstört. Es gibt nur noch einige wenige ursprüngliche Gegenden und die Einwohner ohne Einkommen vom Tourismus wehren sich nun zunehmend gegen diese Entwicklung, haben aber wohl keine Chance etwas zu verändern.

Doch andererseits ist es verständlich, dass jeder irgendwie vom Tourismus profitieren will. Auch die Eigentümer der Finca planen eine Erweiterung ihres Angebots um mehrere Gästehäuser und ein Pizzarestaurant. Irgendwann wird dann wohl die Piste asphaltiert, die Fähre durch eine Brücke ersetzt und der Touristenstrom rollt auch hierher.

Finca la Puesta del Sol
Finca la Puesta del Sol

Unsere Gastgeber sind unheimlich lieb. Wir werden mit Säften aus selbst angebauten Blumen und Früchten verwöhnt. Maria führt uns durch die Gast-Bungalows, bunt bemalte und liebevoll eingerichtete Dschungelresidenzen mit Terrassen und offener Dusche. Außerdem gibt es einen kleinen Pool mit Panoramablick über die Mangrovensümpfe. Ramón zeigt uns den Garten und Wald. Hier wachsen Ananas, Papaya, Karambole, Bananen, Mangos, Papayas und Zuckerrohr. Zur Finca gehört auch ein primärer Regenwald mit vielen Tieren. Auf einer Schaukel mitten im Dschungel kann man sich wie Tarzan hoch in die Bäume schwingen. Wir unterhalten uns mit einem Mix aus etwas Englisch- Spanisch, Lachen und Gestikulieren, das macht Spaß. So lernen wir z. B. dass die „blinden“ Touristen immer nur Affen und Papageien, also die großen und lauten Tiere, sehen und an den Fröschen, Leguanen und Schlangen vorbei gehen. Können wir von uns bestätigen. Letztere gibt es hier laut Ramón tatsächlich sehr viele, die großen Exemplare sind 2 Meter lang und kommen auch bis auf die Veranda. Man sollte daher nachts nur mit Taschenlampe draußen laufen. Es ist wirklich paradiesisch.