Von Bakkagerdi in den hohen Norden Islands bis Kópasker

Unsere Route nach Kópasker
Unsere Route nach Kópasker

Von Egilsstadir im Osten Islands fahren wir am 16.07. auf der Nebenstraße 94 durch saftig-grünes Weideland nach Norden. Unser Ziel ist der 50 Kilometer entfernte Ort Bakkagerdi (Borgarfjördur Eystri), wo die Straße endet.

Dramatische schwarze Felsenberge des über 1100 Meter hohen Dyrfjäll, auf denen noch viele Schneefelder leuchten, begrenzen das weite Tal von Lagerfljot und Jökulsa. Diese Flüsse entwässern den gewaltigen Gletscher Vatnajökull nach Norden. Die Straße ist teilweise geschottert, aber sehr gut zu fahren. Als wir das Meer fast wieder in der breiten Sanderbucht erreichen, knickt die Straße scharf nach Osten ab und windet sich hinauf zum über 400 Meter hohen Pass Vatnsskard.  Hier genießt man eine herrliche Rundsicht, besonders beeindruckend ist der Ausblick zu den Zacken des gewaltigen Felssturzes Storud.

 

Berge bei Bakkagerdi

In Bakkagerdi

Rasch rollen wir auf der anderen Seite des Passes hinunter zum Meer und erreichen bald Bakkagerdi, wo gerade einmal 80 Einwohner leben. Jetzt im Sommer kommen noch einige Touristen dazu. Allerdings ist dieser abgelegene Winkel Islands weit vom Massentourismus entfernt, der sich hauptsächlich auf die Ringstraße konzentriert. Es ist genau der richtige Platz zum Ankommen, wir verbummeln in aller Ruhe den Rest des Tages – und das bei Sonnenschein und für isländische Verhältnisse hochsommerlichen 18 Grad. Nur eine Handvoll Häuser liegt in der sichelförmigen Bucht, ein Café, ein Dorfladen, ein paar Gästehäuser, dazu eine winzige Kirche und dahinter die Sehenswürdigkeit des Ortes,  ein ca. 30 Meter hoher, felsiger Hügel. Hier in der “Alfaborg“ (Elfenburg) soll die Elfenkönigin Islands residieren. Dazu muss man wissen, dass auch heute noch das  “verborgene Volk“ für viele Isländer durchaus real existierende Mit-Bewohner der mystischen Insel sind, ebenso wie Trolle und Geister.

Elfen sollen in Felsen leben und ähnlich wie Menschen aussehen, jedoch kleiner, zarter und viel schöner sein. Sie sind den Menschen wohlgesonnen und behüten sie vor Unheil. Deshalb würde niemals ein Fels, in dem der Wohnort einer Elfe vermutet wird, z.B. für ein Bauvorhaben, entfernt werden. Lieber führt man die neue Straße in einem Bogen herum oder baut das Haus woanders. Umso bemerkenswerter ist es, dass unmittelbar unterhalb der Elfenburg die schöne Campingwiese des Ortes liegt. An diesem besonderen Platz werden wir also unsere erste Nacht in Island verbringen.

Blick von der Alfaborg auf Bakkagerdi

Doch von Nacht kann eigentlich keine Rede sein, ist es doch jetzt rund 20 Stunden am Tag hell. Erst kurz vor Mitternacht geht die Sonne unter und nach drei Stunden im Dämmerlicht steigt sie schon wieder über den Horizont. Diese unendlich langen Sommertage werden von den Isländern intensiv genossen, auf dem Campingplatz wird heute bis spät in die “Nacht“ der warme Sommertag gefeiert und selbst die kleinsten Kinder toben noch draußen umher. Wer weiß, wie morgen das Wetter wird.

Und richtig, am nächsten Morgen ist es mit Nieselregen und 8 Grad doch eher herbstlich. Die Berge hängen halb in den Wolken. Aus der geplanten Bergtour zum Felssturz Storud wird also nichts. Aber bei dem wechselhaften Wetter muss man flexibel sein und so brechen wir am späten Vormittag statt dessen zu einer Halbtagestour in die benachbarte Bucht Brunávik auf. Von einem Wanderparkplatz geht es über einen 340 Meter hohen Pass. Hier kann man sehr schön bunte Rysolithberge bewundern. Orange, gelb und rot leuchten die Schotterhänge. Ein schmaler Pfad führt uns dann durch nasse hohe Wiese in einem schönen Tal zur Meer. Hier sieht man noch die Grundmauern eines verlassenen Hofes, heute leben hier nur noch einige Schafe. Das Wetter wird immer schlechter, Wind und Regen nehmen zu. So sind wir froh in der Notfallhütte für Schiffsbrüchige einen trockenen Platz für unsere Mittagsrast zu finden. Danach geht es auf einem rutschigen Pfad parallel zu einem kleinen Wasserfall wieder bergauf. Rasch sind wir in den Wolken, die Sicht ist gleich null und der Wind bläst uns nun von vorne den Regen ins Gesicht. Ziemlich ungemütlich. Dank unserer neuen Regenjacken und Wanderschuhe bleiben wir wenigstens von außen trocken, denn der steile Aufstieg ist trotz der Kälte schweißtreibend. Endlich geht es wieder runter und bald sehen wir den Fjord und Bakkagerdi tief unter uns liegen. Nach 4 Stunden erreichen wir wieder unseren Bus, trotz Wind, Regen und Kälte war es eine schöne Tour.

Notfallhütte in Brunávik

Bei solchem Wetter haben wir unseren Sandfloh besonders lieb. Was für ein Luxus ist ein trockenes, warmes Zuhause. Ein heißer Kaffee tut gut, danach regnet es nicht mehr. So fahren wir noch zwei Kilometer bis zum Vogelfelsen Hafnarholmi. Berühmt ist er vor allem durch seine große Kolonie Papageientaucher, 20.000 Paare ziehen hier im Sommer ihre Jungen auf. Über Holzplattformen und Stege kommen wir bequem unmittelbar an die Tiere heran. Der ganze Wiesenhang ist von Wohnhöhlen durchlöchert. Die fotogenen Vögel scheinen sogar am Publikum Gefallen zu haben und posieren gerne in die Kameras. Etwas tollpatschig stolpern sie auf ihren breiten, knallroten Füßen umher und bringen kleine Fische, die ordentlich nebeneinander aus dem Schnabel hängen, zu ihren Jungen. Darauf lauern die Dreizehenmöwen, die ein Stockwerk tiefer auf den Klippen des Vogelfelsens wohnen. Sie versuchen den Papageientauchern die Beute abzunehmen, aber diese verschwinden blitzschnell in ihren Höhlen. Da können die viel größeren Möwen nicht hinterher. Mit leerem Schnabel watscheln sie dann an den geduldig wartenden Möwen vorbei und flattern wieder, hektisch mit den Flügeln schlagend, im Zickzackflug aufs Meer hinaus um Nachschub zu holen. Sie tragen ihren Spitznamen “Clown der Lüfte“ völlig zu Recht.

Papageientaucher in Hafnarholmi

Der Vogelfelsen ist DER Anziehungspunkt für die Touristen. Sogar ein kleines Kreufahrtschiff, das nach Grönland unterwegs ist, macht deswegen hier Station. Bekannt ist Bakkagerdi aber auch als Ausgangspunkt für lange Wanderungen, z.B. in die verlassenen Fjorde südlich des Ortes. In drei bis vier Tagen kann man über für isländische Verhältnisse sehr gut markierte Wege von Bucht zu Bucht bis Seydisfjödur über die Berge laufen. Übernachtet wird in Wanderhütten, an denen  auch gezeltet werden kann. Bei unserer Ankunft in Seydisfjödur hatte ich ernsthaft überlegt, schon direkt mit dieser Mehrtagestour zu starten und Olaf in Bakkagerdi zu treffen. Jetzt bin ich froh, das nicht getan zu haben. Denn am nächsten Tag ist das Wetter noch schlechter mit Dauerregen, frostigen 5 Grad und sehr starkem Wind. Die Wolken hängen nun bis auf Meereshöhe.

Wir bleiben bis mittags im Bus und brechen dann in Richtung Nordküste auf. Dort soll es zumindest trockener sein. Und wirklich, hinter dem Pass über das Dyrfell hört der Regen auf. Über die ungeteerten Straßen 925 und 926 rollen wir nach Norden. Nach Querung des breiten Tales des Lagerfljot und Jökulsa a bru nähern wir uns wieder hohen, schneebedeckten Bergen, an denen sich die tiefhängenden Wolken abregnen. Dazu bläst der Wind so heftig von vorne, dass wir nur mit Mühe die Autotür öffnen können. Unser Bus ist bald total mit Schlamm bedeckt und sieht richtig overlander-mäßig aus. Die Piste 917 führt vom Meer in steilen Serpentinen über den mehr als 650 Meter hohen Pass über das Fagaradalsfjöll. Die Steigung von 15% wird lässig bewältigt und Olaf hat seinen Spaß beim Fahren. Als der Regen bei nur noch 3 Grad in Graupel übergeht, stört uns das im warmen Auto nicht sehr. Da uns noch gut die oft harten Tage unserer Radtour durch Island in Erinnerung sind, wird uns wieder mal der Luxus eines motorisierten Fahrzeugs bewusst.

Rasch ist dann entlang der wilden Steilküste der Fischerort Vopnafjödur, das Zentrum der Region erreicht. Nur etwas mehr als 300 Menschen leben hier, doch es gibt eine Schule, Tankstelle und einen Supermarkt und natürlich eine Fischfabrik. Direkt dahinter liegt der winzige Campingplatz, gut geschützt hinter kleinen Hecken. In der Nacht legt der Sturm dann mit über 70 km/h so richtig los. Unser Bus schwankt wie ein Schiff.

Piste über das Fagaradalsfjöll
Der Fischerort Vopnafjödur

Auf der Halbinsel Langanes

Einige Kilometer nördlich von Vopnafjödur unternehmen wir einen langen Spaziergang über weite Wiesen zu einer Landzunge. Der schwarze Strand ist übersät mit großen rundgescheuerten Baumstämmen – Schwemmholz aus Kanada. Sehr fotogen stehen einige Basaltfelsen vor der Küste, umschwärmt von lärmenden Seevögeln. Auf dem Rückweg zum Auto müssen wir uns mit Macht gegen den Wind stemmen. Dann geht es mit dem Bus weiter nach Westen. Die Landschaft wird flach. Offene Marsch- und Heideflächen, kleine Seen, wenige Häuser am Meer, die oft verlassen sind – der wilde, einsame Nordosten Islands gefällt uns sehr. Nachmittags kommen wir in Pórshóvn an, ein kleiner Fischerort mit Supermarkt, Kirche, Schule und der obligatorischen Fischfabrik am Hafen – alles zweckmäßig  und schmucklos. Vor den eher einfachen Wohnhäusern stehen jedoch häufig riesige Superjeeps. Der Campingplatz besteht nur aus einer großen, windumtosten Wiese. Herrlich sind aber die heißen Duschen in einem geheizten Waschraum!

Anziehungspunkt der Gegend ist die unbewohnte Halbinsel Langanes, die ca. 40 Kilometer ins Meer hineinragt. Am nächsten Tag starten wir bei relativ gutem Wetter unsere Erkundungstour. Die Windstärke hat sich halbiert, so dass wir die 7 Grad als nicht mehr so kalt empfinden. Über eine schmale Piste geht es durch einsame Wiesen am Meer entlang. Große Wälle von angeschwemmten Baumstämmen liegen noch ca. 20 Meter vom Strand entfernt und lassen uns ahnen, mit welcher Wucht die Wellen bei Sturm gegen die Küste donnern.

Auf Langanes

Ab und zu sehen wir Schafe oder eine Herde Islandpferde. Dann führt die Piste oberhalb der Steilküste entlang, das Gras weicht Heideflächen. Hier ist das Revier der Seevögel, die die Klippen bevölkern. Das hört und sieht man nicht nur, sondern merkt es auch am stechenden Geruch des Vogelkots. Besonders eindrucksvoll ist das Spektakel am Skoruvikurbjarg und dem einsam im Meer stehenden Vogelfelsen Store Karl, der so dicht besetzt ist, dass die ankommenden Vögel kaum einen Landeplatz finden. Auf den Anflugschneisen ist mehr Betrieb als am Frankfurter Flughafen. Mit dem Fernglas bekommt man Einblick in die Details des Familienlebens auf dem Felsen, vom Füttern der Jungen bis zum Hausputz und Streit um den dicksten Fisch. Berühmt ist dieser Vogelfelsen, weil man nicht nur Seeschwalben, Papageientaucher, Eissturmvögel und Dreizehenmöwen, sondern auch Trottellummen und sogar die riesigen Basstölpel bewundern kann, die ansonsten in Island nur bei Nupskatla oder vom Boot aus zu beobachten sind. Weiter geht die Fahrt über eine kahle Schotterfläche bis zum Leuchtturm an der vordersten Spitze der Halbinsel. Hier essen wir zu Mittag mit Premiumblick vom Bus aus.

Basstölpelkolonie am Vogelfelsen Store Karl

Relativ spontan beschließe ich, die 16 Kilometer bis zum nächsten Ziel, der verlassenen Siedlung Skalar, zu Fuß zurück zu legen, während Olaf mit dem Bus voraus fährt. Eine gute Entscheidung, denn der Unterschied zwischen Autofahrt und Wandern ist frappierend. Mit allen Sinnen nimmt man zu Fuß die Umgebung wahr: das Schreien der Vögel, den Wind im Gesicht, das Rauschen der Brandung und den “Duft“ der Vogelfelsen an den Klippen. Und die im Vorbeifahren scheinbar leblose Steinwüste wird bei genauerem Hinsehen von zarten Blumen, bunten Flechten und Moosen besiedelt. Außerdem macht es einfach Spaß, stramm drei Stunden zu marschieren. In Skalar treffen Olaf und ich uns wieder. Auch er hat sich Bewegung verschafft und ist auf eine nahe gelegene Klippe gestiegen. Bis 1950 war diese wunderschöne Bucht besiedelt, über 100 Menschen lebten hier vom Fischfang. Jetzt sind die wenigen Reste der Häuser verfallen. Am späten Nachmittag geschieht dann noch ein Wunder und die Sonne kommt heraus. Wir verbringen an diesem interessanten Ort die Nacht in absoluter Einsamkeit.

Der verlassene Fischerort Skalar
Viele fette Robben sonnen sich am Strand

Das Wetter verheißt einen sonnigen Tag und so breche ich nach dem Frühstück zu einer Wanderung entlang der Steilküste auf. Olaf wird das Auto zurück fahren. Die Tour ist einfach herrlich. Das Glück wird perfekt, als ab Mittag die Sonne warm scheint. Außer Vögeln, ein paar Schafen und den fetten Robben, die sich faul auf den Felsen am Strand sonnen, begegnet mir niemand und ich genieße die Weite und Einsamkeit der Landschaft. Über schmale Schafspfade geht es durch Heide und hohe Wiesen oberhalb der Klippen von Bucht zu Bucht. Ab und zu erkennt man dort noch die Reste der früheren Besiedlung. In den einsamen Häusern wohnten vor ca. 100 Jahren Fischer und Robbenfänger. Im Gegensatz zu gestern komme ich nur langsam voran. Besonders muss ich sehr aufpassen, nicht in die schmalen Rinnen oder Löcher zu treten, die man im tiefen Gras nicht sieht. Ab und zu muss ein Bach gequert werden, aber dank einiger Steine komme ich immer trockenen Fußes auf die andere Seite. Der Pfad ist mit gelben Holzpflöcken markiert und meist gut zu erkennen. In den Wiesengebieten verliert sich aber oft die Spur zwischen den vielen Schafspfaden.

(schwarze) Schafe gibt es überall…

Irgendwie kommt man aber doch immer wieder auf den Weg, verlaufen kann man sich nicht. Bei Nebel oder Sturm sollte man jedoch nicht gehen, denn teilweise geht die Strecke direkt an der Kante der ca. 100-130 Meter hohen Klippen entlang. Nach ca. 11 Kilometern erreiche ich Hrollaugstadir, eine Bucht mit einigen Gebäuderesten.  Hier wende ich mich von der Küste ab, steige weitgehend parallel zu einem Bach bergauf und treffe dann auf einen Pfad, der sich am Hang entlang zieht, bis er auf eine Schotterstraße trifft. Hier fehlen die Holzstangen zur Markierung und so sind Abzweig und Wegverlauf stellenweise ohne Navi nicht zu erkennen. Alternativ kann man mit einem kleinen Umweg an der Küste weiterlaufen und kommt dort auf die Schotterstraße. Man kommt an ein paar kleinen Seen vorbei und steigt dann an zum 236 Meter hohen Heidarfjall. Dort trifft man auf die Piste, die nach Westen hinunter ans Meer nach Heidi (Abzweig der Hauptpiste nach Pórshóvn) führt. Von Skalar bis Heidi beträgt die Strecke ca. 21 Kilometer. Die Strecke über die Schotterpisten zieht sich und ist wenig attraktiv. Da bin ich doch ganz froh, dass Olaf mich an den Seen abholt. So ein Shuttleservice ist eine feine Sache.
Wieder auf dem Campingplatz ist dann zur Abwechslung einmal Hausarbeit angesagt: Duschen, Bus ausfegen und Wäsche waschen.

Waschtag – auch das muss ab und zu sein

Zum nördlichen Punkt Islands

Am nächsten Morgen geht es dann von Pórshóvn die Küstenstraße 85 weiter nach Westen. Ca. 28 Kilometer hinter dem Ort biegen wir am Wegweiser “Raudanes“ auf eine Piste zum Meer ab, die uns nach 8 Kilometern zu einem Wanderparkplatz an der kleinen Halbinsel Raudanes bringt. Die Wanderstrecke ist mit blauen Holzpflöcken gut markiert und führt wunderschön an der Steilküste entlang. Das Meer hat aus dem Basaltgestein grandiose Felstürme, Höhlen und Bogen geformt. Über einen der gewaltigen Bögen können wir sogar drüber laufen. Natürlich gibt es auch hier überall wieder unzählige Vögel. Besonders dicht tummeln sich die Papageientaucher auf dem grasbewachsenen Vogelfelsen Stakkar, wo sie sich ihre Wohnhöhlen in mehreren Etagen übereinander gebaut haben.

Bizarre Basaltfelsen auf der Halbinsel Raudanes
Noch trägt der Felsbogen….
Einsame Straße im Norden

Durch einsames Fjäll geht die Piste 875 bis Raufarhöfn, das wie alle Orte der Region bis um 1960 mit der Heringsfischerei einen wahren Boom erlebte. Als Folge der Überfischung blieben dann die Schwärme aus. Heute ist hier nicht mehr viel los, nur wenige Trawler liegen noch im Hafen. Hinter dem Ort wird es dann völlig einsam. Fast menschenleer ragt die Ebene Melrakkaslétta ins Meer, Heimat der seltenen Polarfüchse. Nur eine Handvoll Höfe existieren auf den nächsten 90 Kilometern. Buckelwiesen, Moore und kleine Seen, Kiesstrände mit viel Treibholz, dazu Schafe und das Geschrei der Vögel. Mehr gibt es hier nicht. Manche mögen das öde finden, doch wir lieben solche endlos weiten Landschaften und sind fasziniert von der Stille und Größe der nordischen Tundra. Ein kleiner Spaziergang bringt uns bei Hraufnarstangi zum Leuchtturm und damit zum nördlichsten Punkt Islands, knapp 3 Kilometer unterhalb des Polarkreises.

Unser Sandfloh (links im Bild) in der Einöde von Melrakkaslétta

Vogelfelsen Karl bei Nupskatla


Sehr schön ist trotz Regen und Wind eine kleine Wanderung zu einem Vogelfelsen beim einsamen Bauernhof Nupskatla, der 8 Kilometer von der Piste entfernt am Meer liegt. Der Weg führt über Wiesen, auf denen uns unzählige Küstenseeschwalben aufgeregt umschwärmen. Kaum zu glauben, dass diese zarten Vögelchen jedes Jahr zwischen den nördlichen Polarzonen und der Antarktis pendeln. Von einer Klippe schauen wir dann hinunter auf den Vogelfelsen Karl, der so von Basstölpeln bedeckt ist, dass die eleganten Segler nur mit Mühe einen Landeplatz finden. Die Luft ist erfüllt vom Geschrei der Vögel. Ab Mitte August wird hier wieder Ruhe einkehren, denn die Basstöplel kommen nur zum Brüten an Land und leben sonst auf dem Meer.

Die ungeteerte Straße 870 schüttelt uns mit ihrem Wellblechprofil noch ordentlich durch, bis wir die Halbinsel umrundet haben und beim Fischerort Kópasker die neue Teerstraße 85 erreichen.

 

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