Rundfahrt durch die Mojave National Preserve (24. – 28.03.2023)

In Las Vegas steigt Annette in den Flixbus nach Tucson, wo sie ihre mehrwöchige Wanderung auf dem Arizona Trail beginnen wird. Ich werde während dessen mit unserem Toyota, genannt Master Yoda, den Großraum um Las Vegas erkunden. Die Flächenstadt Las Vegas steht nicht in meinem Besichtigungsprogramm. Der während meiner Einkaufsfahrten kreuz und quer durch das riesige Stadtgebiet gewonnene Eindruck reicht mir völlig aus und an der Glücksspielmeile bin ich eh nicht interessiert.

Vollgetankt mit Benzin zu umgerechnet unglaublichen 95 €urocent pro Liter, Trinkwasser aus dem Automaten auf Kreditkarte und Lebensmitteln für wenigstens zwei Wochen fahre ich über die Interstate 15 zur etwa 50 Meilen südlich von Las Vegas sich erstreckenden Mojave National Preserve. Las Vegas liegt in Nevada und mein Ziel in Kalifornien. Die Grenze ist spürbar, es wird kontrolliert! Zumindest theoretisch. Die Fahrspuren der Autobahn fächern sich wie an den Mautstellen einer gebührenpflichtigen Autobahn auf. Ich fahre an einem Kontrollhäuschen vorbei, alles wie in Frankreich, Italien oder Spanien. Nur geht es hier nicht um das Abkassieren einer Mautgebühr, nein es wird nach illegal eingeführten Lebensmitteln gefahndet. Zum Glück sitzt niemand im Häuschen und ich fahre ohne Kontrolle durch. Ich habe ja in Las Vegas für 2 Wochen Obst eingekauft und hätte ungerne meine Vorräte an der Staatsgrenze weggeschmissen. Es gibt ja auch keine Geschäfte auf meinem Weg in die Mojave.

Rundfahrt in form einer Acht durch die Mojave National Preserve

Die Mojave National Preserve ist ein Teilgebiet der riesigen Mojave Desert. Mit der Preserve hat man 1994 einen nennenswerten Teil der Mojave Desert unter einen gewissen Schutz gestellt. Der Grad des Naturschutzes ist unterhalb der Nationalparks einzuordnen. Daher darf man auch fast im gesamten Gebiet der Preserve frei übernachten, was in Nationalparks verboten ist. Fahren abseits der Wege ist jedoch verboten und weil die Versuchung wohl so groß ist, stehen überall entsprechende Hinweisschilder.

Rundfahrt durch die Mojave National Preserve

Mehrere geteerte Straßen durchziehen das Gebiet. Dazwischen existiert ein relativ dichtes Netz aus Dirt Roads unterschiedlichster Qualität. Die höchste Komfortstufe der Gravel Roads ist für fast jegliche Art von Fahrzeug geeignet. Die unterste Stufe erfordert 4WD-Antrieb und ein ordentliches Maß an Bodenfreiheit.

Nun hat es während der letzten Monate auch im trockenen Südwesten der USA immer wieder mal sehr stark geregnet. So viel, dass es Überflutungen gegeben hat und Teile der Straßen weggerissen wurden. Daher sind auch jetzt noch manche Teerstraßen und viele Pisten in den Nationalparks unpassierbar.

Ich arbeite mich von Norden über die geteerte Morning Star Mine Road in die Mojave National Preserve hinein. Hier haben alle Straßen irgendeinen Namen. Die Straße ist in sehr gutem Zustand und führt durch eine gewaltige Ebene der Halbwüste. Ich fahre „nur“ 70 km/h und werde natürlich ständig überholt. Das Gebiet der Mojave National Preserve gehört zwar nicht zu den Top Ten der touristischen Ziele, aber Betrieb herrscht trotzdem an den neuralgischen Punkten.

Joshua Trees an der Mojave Road

Kurz vor Cima übernachte ich in einem Wald aus Joshua Trees. So etwas habe ich zuvor noch nicht gesehen und bin beeindruckt. Die Joshuas sind eine Spezies der Yuccas und können bis zu 40 Fuß (12 Meter) hoch werden. In einem Joshua Wald stehen die Bäume in gehörigem Abstand zueinander, meistens 20 bis 50 Meter, manchmal kuscheln sie auch und berühren sich fast. Mein Stellplatz befindet sich nur 100 Meter von einer Eisenbahnstrecke entfernt. Sie umgeht durch die große Ebene den steilen Pass, den die Interstate 15 am Rand des Nationalparks überwinden muss. Tatsächlich fahren nur wenige Güterzüge am Tag vorbei, vielleicht 5 oder 6. Amerikanische Güterzüge finde ich faszinierend, weil sie so anders als die europäischen sind. Sie fahren unglaublich langsam, ich schätze ihre Geschwindigkeit auf maximal 40 km/h, und sind unglaublich lang, oft an die Hundert Waggons. Gezogen werden sie immer von mehreren Loks. Ich habe schon 6 Loks gezählt, vorne 2 bis 3 und in der Mitte und am Ende des Lindwurms noch je ein bis 2. Minutenlang zieht sich der stählerne Koloss an meinem Übernachtungsplatz vorbei. Ich bin jedes Mal erneut fasziniert, wenn ein Zug vorbei kommt.

Meinen zweiten Tag in der Mojave vertrödele ich auf meinem Stellplatz im Joshua Wald. Außer einigen kleinen Vögeln und am Abend einen Blacktail Jackrabbit mit riesigen Ohren sehe ich leider keine Tiere. Ich weiß nicht, ob ich mir den Anblick einer Mojave Klapperschlange wirklich wünsche, soll sie doch die aggressivste Klapperschlange sein.

Dann geht es weiter nach Süden über Cima nach Kelso. Cima ist ein Wartungspunkt für die Eisenbahn, bestehend aus einigen Baracken mit den unvermeidlichen Pickups davor. Mit den Pickups fahren sie übrigens auch auf den Schienen die Strecke zur Kontrolle ab. Sie können vier Stahlräder absenken und damit bequem auf den Schienen gleiten.

In Kelso wird die eingleisige Schienenstrecke kurz mal mehrgleisig – erforderlich um Gegenzüge passieren zu lassen. Die große Attraktion von Kelso ist jedoch ein richtig großes Bahnhofsgebäude –  unglaublich, da hier doch niemand wohnt. Heute fungiert das Gebäude als Visitor Center. Für mich bedeutsam ist der Wasserhahn mit gutem Trinkwasser außen am Toilettengebäude. Ich nutze jede Gelegenheit, um hier in der Wüste meinen Wasserverbrauch wieder zu kompensieren. Schließlich kann ich nur 70 Liter transportieren.

Kelso Dünen

Ich erreiche die Kelso Dünen, ein relativ kleines Gelände gleich südlich von Kelso. Hier herrscht richtig touristischer Betrieb. Endlich habe ich ein Ziel gefunden, das die ganzen Autofahrer ansteuern, die mich unterwegs ständig überholen. Jeder kann in den Dünen gehen, wo er mag, nichts ist hier gesperrt, aber es hat sich ein Weg zur höchsten Düne gebildet, die natürlich fast alle ansteuern, also auch ich. Sie soll laut Prospekt die höchste Düne Amerikas sein. Wie ersteigt man solch ein Monster? Auf dem kürzesten Weg natürlich meinen viele und kämpfen sich von Schweiß überströmt zwei Schritte vor, einer zurück gerutscht, den steilen Hang durch Tiefsand tapfer hinauf. Immerhin finden einige Geduldige den langen Weg über den Grad, der nicht so steil ist und natürlich schneller zum Ziel führt. Ich hatte mir vorgestellt, oben länger zu sitzen und den weiten Blick zu genießen. Aber ein starker, eisiger Wind bläst auf dem Gipfel der Düne. Als ich mich niederlasse, findet der vom Wind hoch geblasene Sand sein Opfer. Also rutsche ich gleich wieder ordentlich Höhenmeter hinunter bis der Wind aufhört, der Blick genauso gut ist und ich dem Gipfelbetrieb entronnen bin. Von oben rutschen tatsächlich einige mit Surfbrettern oder so etwas ähnlichem den Sand hinunter. Wir haben Wochenende und es herrscht sicherlich Ausflugsbetrieb aus Las Vegas. Sind ja nur 100 Kilometer.

Übernachtungsplatz bei den Granite Mountains in der Mojave National Preserve

In den nahen Granite Mountains finde ich einen schönen Stellplatz zwischen den rund geschliffenen Felsen, die sich hier wie Ostereier in der Landschaft verteilen und zu den ebenfalls rund geschliffenen Granite Mountains auftürmen. Die kostenlosen, wilden Stellplätze sind so attraktiv und bekannt, das hier doch alle hundert Meter jemand in seinem Fahrzeug oder im Zelt übernachtet. Zelten ist schon eher ungewöhnlich in den Staaten, zumal es hier Nachts noch empfindlich kalt wird. Morgens messe ich 2 bis 4 Grad. Da frühstücke ich doch lieber mit Standheizung im Wagen.

Mojave Yucca mit Bergen am Rande der großen Ebene beim Hidden Hill
Von den Granite Mountains zum Hidden Hill

Am vierten Tag in der Mojave Preserve ist der Whole-in-the-Wall Nature Trail mein Ziel. Den Weg dorthin fahre ich stundenlang über Dirt Roads. Das erspart mir einen großen Umweg über Teerstraßen und ist natürlich interessanter. Gleich südlich der Granite Mountains biege ich in eine Piste durch eine große Ebene zum Hidden Hill ein. Die Dirt Road ist einspurig, bei Gegenverkehr muss man sich irgendwie arrangieren, aber es gibt keinen Gegenverkehr, ich bin ganz alleine unterwegs. Die Spurrillen sind teilweise unterschiedlich tief ausgeprägt, was hin und wieder zu mehr oder weniger starken Schräglagen des Landcruisers führt. In gemächlichem Tempo arbeite ich mich voran, schließlich soll die Strecke ja genossen und nicht abgerast werden. Hidden Hill erweist sich als aufgegebene Mine, von der nicht viel mehr als ein Windrad zur Förderung von Wasser übrig geblieben ist. Ein idealer Ort für meine Mittagspause. Die Piste verläuft nun sehr gerade durch die große Ebene in Richtung Nordwest. Beim Abzweig der geteerten Black Canyon Road von der Essex Road erreiche ich wieder Teer und ein wenig Verkehr. Bis zum Hole-in-the-Wall Information Center gleite ich auf Teer.

Hole-in-the-Wall
Kletterhilfen in der Schlucht am Hole-in-the-Wall Loop

Am Information Center wird eine kurze, interessante Rundwanderung um einen Berg geboten. Höhepunkt der Runde ist eine enge, steile Schlucht mit einigen in die Felsen geschlagenen eisernen Steighilfen. In den Felsen bei der Schlucht haben sich Löcher gebildet, teilweise kann man durch sie hindurchsehen.

 

Im weiteren Verlauf ist die Black Canyon Road wegen Unwetterschäden gesperrt. Ich weiche auf die Wild Horse Canyon Road aus. Gleich zu Beginn weist ein Schild darauf hin, dass die Piste nur für 4WD-Fahrzeuge mit viel Bodenfreiheit geeignet ist. Rasch erweist sich das Schild als sehr berechtigt. Die Piste ist zwar breit, hat aber sehr unter den Unwettern gelitten. Tiefe steile Querrillen sind auch für den Landcruiser anspruchsvoll. Natürlich gibt es auch hier Passagen mit kitzeligen Schräglagen.

Beginn der Wild Horse Canyon Road beim Hole-in-the-Wall

Durch ein sehr schönes Tal steigt die Dirt Road an und folgt später einem Höhenrücken bis auf 1700 Meter über NN – eine wunderbare Strecke. Ich begegne mal wieder keinem anderen Fahrzeug. Am höchsten Punkt finde ich einen tollen Aussichtspunkt zum Übernachten. Steil fällt der Berg zu der großen Ebene mit der Eisenbahnstrecke und der Kelso-Lima Road ab, wo ich vorgestern übernachtete. Scheinbar endlos reicht die Sicht. Wie Inseln ragen einige Berge aus der Ebene heraus. Natürlich muss der Tag an einem solchen Ort mit einem grandiosen Sonnenuntergang enden.

an der Wild Horse Canyon Road
Übernachtungsplatz an der Wild Horse Canyon Road
Blick vom Übernachtungsplatz an der Wild Horse Canyon Road

Mein Übernachtungsplatz liegt nicht weit vom Mid Hill Campground entfernt. Ab hier ist die Piste in einem auch für PKW gut befahrbaren Zustand, was sogleich mit einem Wellblechmuster bestraft wird. Ich erreiche die Mojave Road. Sie quert die Mojave National Preserve in Ost-Westrichtung, ist nicht geteert, jedoch zweispurig und in einem sehr guten Zustand. Ich folge ihr Richtung Westen hinunter zur Eisenbahnstrecke und Kelso-Cima Road, quere jedoch nur die Teerstraße und Eisenbahn und bleibe weiterhin auf der Mojave Road.

Mojave Road

Nun ändert sich grundlegend der Charakter der Piste. Sie wird einspurig und geht in bis zu einem halben Meter hohen kurzen Wellen ständig auf und ab. Der sandige Untergrund ist gut festgefahren. Mit 10 bis 15 Kilometern in der Stunde tuckere ich langsam durch die Ebene zu den Marl Mountains. An der Marl Spring am Fuße der Berge mache ich Mittagsrast. Zäune weisen auf eine frühere Viehhaltung hin. Heute ist alles verlassen und die Quelle ausgetrocknet. Wieder treffe ich unterwegs niemanden. Herrlich ist es, hier in der Einsamkeit und Stille zu sitzen.

wellige Mojave Road
Flagge zu Ehren der amerikanischen Armee an der Mojave Road

Im weiteren Verlauf gesellen sich zu den zahllosen Bodenwellen starke Schräglagen des Fahrzeugs, wieder auf Grund unterschiedlich tief ausgeprägter Fahrspuren. Plötzlich sehe ich vor mir die amerikanische Flagge heftig im Wind flattern. Erst glaube ich an einen Einsiedler mit nationalem Eifer hier in der Wildnis. Aber außer einem Briefkasten gibt es weit und breit nichts. Darin der Hinweis, dass die Flagge hier zu Ehren der US-Army weht und man möge eine Telefonnummer anrufen, falls mit der Flagge etwas nicht in Ordnung sei. Einige Meter entfernt gruppieren sich jede Menge Frösche um einen Strauch. Da hier in der Halbwüste auch Frösche ohne Wasser nicht überleben können, sind sie der Einfachheit halber aus Kunststoff. Das Ganze ohne Kommentar.

Lavahöhle an der Aiken Mine Road

Ich erreiche schließlich die Aiken Mine Road, eine Piste mit einem üblen Wellblechmuster. Ich treffe auf einige PKW, die hier das Wellblechmuster erzeugen, weil die Touristen von der nahen geteerten Kelbaker Road über die Aiken Mine Piste zu einer Lavahöhle fahren. Die Höhle erweist sich erwartungsgemäß als unspektakulär. Gaseinschlüsse in der flüssigen Lava haben sie einst entstehen lassen. Über eine kurze Leiter geht es in die etwa 40 Meter lange Höhle. Durch einige Löcher in der Decke fällt Sonnenlicht hinein. Ich fahre nicht zur Teerstraße, sondern will auf der Aiken Mine Road weiter zu einem riesigen Joshua Tree Wald. An einer Abzweigung mit zwei Fahralternativen wähle ich die falsche. Es geht steil hinauf zu einer verlassenen Mine. Die Piste ist so übel, dass sich der Toyota stöhnend hin und her wirft. Wie über riesige Stufen arbeitet sich das Fahrzeug mühsam hinauf. Jede Fahrspur hat jedoch ihre eigenen gegeneinander versetzten Stufen, was zusätzlich zu den bei mir sehr unbeliebten Schräglagen führt. Es gibt hier einige kleine Vulkane, die rötliche Aschekegel geschaffen haben und früher mit einigen Minen ausgebeutet wurden. Am Rande eines solchen Aschekegels habe ich mich zur Mine hochgearbeitet. Das war eindeutig die falsche Fahralternative.

sandige Aiken Mine Road

In einem riesigen Joshua Tree Wald übernachte ich sehr schön an einem verlassenen Windrad. An meinem letzten Tag fahre ich auf einer sehr sandigen Piste eine Stunde durch die Joshuas. Gut, dass ich schon auf der gesamten Mojave Road mit abgesenktem Luftdruck unterwegs bin. Mit Erreichen der Interstate 15 ist meine Rundfahrt durch die Mojave National Preserve abgeschlossen.

Joshua Trees an der Aiken Mine Road

Annette hatte während ihrer Wanderung weniger Glück als ich. Sie muss ihre Tour abbrechen und ich fahre mal rasch 700 Kilometer nach Patagonia an der mexikanischen Grenze, um sie abzuholen. Näheres dazu erfahrt ihr im Bericht von Annette.

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