Langsam macht sich bei uns das Gefühl breit, auf der „Heimreise“ zu sein, auch wenn noch einige spannende Etappen vor uns liegen. Und die wirklich wunderschöne Natur British Columbias, wie auf der vor uns liegenden Strecke von Good Hope Lake nach Prince George, macht es echt schwer sich vorzustellen, nach Deutschland zurückzukehren.
Cassiar Highway
Unsere erste Station auf dem Cassiar Highway ist Jade City. Hinter diesem etwas hochtrabenden Namen verbirgt sich jedoch nicht etwa eine Stadt, sondern eine Schleiferei und Verkaufsstelle von grünen Halbedelsteinen. In British Columbia werden 90 % der weltweiten Jadeproduktion erzeugt. Davon verschifft man die Hälfte nach Asien und Neuseeland, wo die Steine weiter verarbeitet werden. Die hier angebotenen Stücke sind allerdings sehr teuer.
Mittags erreichen wir die größere Siedlung Dease Lake. Hier gibt es nicht nur eine Tankstelle und ein Lebensmittelgeschäft, sondern auch eine saubere Kundentoilette mit warmen Wasser, in der man sich sehr gut waschen kann. Auch unsere Merino-Shirts, die ja nicht in der Laundry einfach in eine Maschine geschmissen werden können, lassen sich hier in unserem Faltbecken prima waschen. Im Yoda trocknen sie dann rasch auf der Leine. Auch das gehört auf Reisen zum Alltag.
Die weitere Fahrt ab Dease Lake ist ziemlich schön, aber unspektakulär. Doch vielleicht haben wir uns auch schon zu sehr an die eigentlich sehr schöne Kulisse aus Wald, Flüssen, Bergen und Seen gewöhnt. Sogar die prächtigen Schwarzbären am Straßenrand sind zwar noch interessant, ab keine Sensation mehr. Regen und Sonne wechseln sich ab. Am Abend führt uns iOoverlander zum Bob Quinn Lake. Unser Übernachtungsplatz gleicht jedoch einer Schlammsuhle. Zudem entfällt der in iOverlander gelobte tolle Blick auf das vergletscherte Küstengebirge wegen Nebel. Hier muss es unheimlich gegossen haben, der gesamte Platz am See versinkt regelrecht im Schlamm. Doch wir finden noch einen einigermaßen trocken zugänglichen Platz unter einer Tanne. Das gefällt allerdings einem Squirrel, das dort wohnt, überhaupt nicht. Es beginnt ein lautes, ausdauerndes Gezeter, das morgens, sobald wir aufgestanden sind, wieder einsetzt.
Nur zögernd löst sich der dichte Nebel nächsten Tag auf. Aber wir können erkennen, dass die Berge nun steiler und höher werden. Neben dem Auto ist in dieser einsamen Gegend der Hubschrauber ein normales Verkehrsmittel, an der Lodge Bell II parken gleich drei von ihnen. Bei Meziadin Junction biegen wir auf den Highway 37A ab, der uns durch eine großartige Berglandschaft 60 Kilometer hinunter zum Meer bringt. Zwischendurch kommen wir am Bear Gletscher vorbei, wo wir zu Mittag essen. Kurz darauf erreichen wir bei wunderbarem Sonnenschein Stuart, einen sehr kleinen Ort am Ende des 140 Kilometer langen, schmalen Portland Fjordes. Noch bis vor 50 Jahren waren Stewart und sein winziger Nachbarort Hyder nur mit dem Schiff oder Flugzeug zu erreichen.
Eine Nacht am Gletscher und Frühstück mit Bären
In Stewart haben wir auch endlich wieder Internet und buchen unseren Flug von Seattle nach Deutschland. Am 26.10. geht es also zurück nach Frankfurt. Ein komisches, für mich eher unangenehmes Gefühl, jetzt ein konkretes Datum für die Heimreise zu haben, auch wenn wir planen, spätesten ab Ende Februar unsere Reise fortzusetzen.
Ein paar Kilometer hinter Stewart liegt die winzige US-Exklave Hyder, die nur im Sommer dank der Touristen so richtig zum Leben erwacht. Dann kommen viele Besucher in den südlichsten Ort Alaskas, um am Fish Creek von einer Beobachtungsplattform aus den Bären beim Lachsangeln zuzusehen. Nun ist jedoch die Saison zu Ende, die wenigen winzigen Läden in Hyder haben ihre Fensterläden geschlossen. Auch der restliche Ort gleicht einer Ghost Town, viele Häuser sind halb verfallen, stehen leer oder zum Verkauf.
Wir folgen ab Hyder dem Salmon River auf einer holprigen Schotterstraße, die zu einer im Jahr 1985 aufgegebenen Kupfermine führt, 37 Kilometer in die Berge bis auf über 1200 Metern Höhe. Dort können wir einen phantastischen Blick auf den großen Salmon Gletscher genießen. Direkt vor uns fließt der Gletscher zu Tal und teilt sich in zwei Hälften. Eine davon endet in einem dramatischen Eissturz, die andere Hälfte windet sich wie ein mächtiger Fluss aus Eis tief unterhalb unseres Beobachtungsplatzes.
Ganz einsam und still ist es hier, wir hören nur das Rauschen der Wasserfälle, die von den Felswänden links und rechts des Gletschers stürzen. Auf den Campingstühlen in der warmen Sonne vor unserem Master Yoda gibt es einen stilvollen Fünf-Uhr-Tee mit Marmeladen-Sandwich und Gletscherblick, schon fast versnobt- dekadent. Bis zum Untergang der Sonne sitzen wir draußen, fasziniert von dem Spiel aus Licht und Schatten auf dem glitzernden Eis. Olaf verfällt in einen wahren Fotorausch. Später können wir dann Mond und Sterne über dem Gletscher vom Bett aus beobachten. Es ist unvergleichlich schön – und spannend, denn das Brechen der Eisspalten ist nachts so laut, dass wir zunächst denken, es sei mal wieder ein Bär an unserem Yoda.
Natürlich können wir unsere Entdecker-Lust nicht beherrschen und folgen am nächsten Tag der Schotterstraße noch 15 Kilometer bis zu ihrem Ende bei der ehemaligen Kupfermine. Eine abenteuerliche Strecke mit herrlichen Ausblicken auf zahlreiche Gletscher und in ein wildes Tal. Das verlassene Minengelände am Fuß eines Gletschers sieht etwas unheimlich aus und wäre eine tolle Kulisse für einen James-Bond- Film – … Dr. No versteckt in der Mine eine Bombe, 007 saust mit Skiscouter den Gletscher hinunter, zerstört die Bombe und rettet in letzter Sekunde die Welt…
Den Nachmittag verbummeln wir in der Sonne ganz entspannt an dem langen schmalen Meeresarm, der hier bei Hyder und Stewart endet mit dem Namen Portland Canal. Abends versuchen wir unser Glück an einer Beobachtungsplattform am Fish Creek. Im Wasser liegen zahllose, bereits halb verweste Lachse, die nach dem Laichen verendet sind. Es riecht entsprechend widerlich. Genau der Duft, den Bären mögen. Und wir sehen auch tatsächlich einen Grizzly. Er badet genüsslich in einem Tümpel, tapst am Ufer umher und verschwindet dann im dichten Gebüsch. Leider ist die Distanz von 150 Metern zum fotografieren zu groß und das Licht schon zu dunkel.
Am nächsten Morgen geben wir den Bären noch einmal eine Chance. Und wieder ist die Macht mit uns: Gerade als wir wieder die Beobachtungsplattform verlassen wollen, sehen wir keine 10 Meter entfernt zwei stattliche Grizzlys im Fluss spazieren. Sie fischen ein paar Lachskadaver aus dem Wasser, kauen lustlos (wer könnte es ihnen verdenken) darauf herum, drehen langsam eine Ehrenrunde und verschwinden wieder. Genauso plötzlich, wie sie gekommen sind. Das Ganze hat nicht mehr als fünf Minuten gedauert. Trotzdem sind wir absolut fasziniert, diese so selbstbewusst auftretenden Muskelprotze so nahe zu sehen. Ein unvergessliches Erlebnis.
Nass Forest Road und Nisga’a Highway
Zwischen Hyder und Stewart wechseln wir zum letzten Mal die Grenze von Alaska nach Kanada. Ein kleiner Spaziergang durch das charmant-verschlafene Stewart und wir fahren wieder auf dem Highway 37A zurück zur Meziadin Junction. Auf dem Cassiar Highway geht es weiter nach Süden. Leider hängen die Berge mal wieder in den Wolken, die Fahrt ist daher etwas eintönig. Am Nachmittag biegen wir auf die Nass Forest Road ab. Endlich wieder eine ungeteerte Strecke, die sich trotz einiger Schlaglöcher sehr gut fahren lässt. In der Mile Post wird zwar gewarnt, dass die Straße sehr schmal sei. Doch das ist in einem Land, wo alles XXL-Maße hat, ein relativer Begriff. Nach ca. 10 Kilometern führt uns ein Weg in eine Sackgasse zu einem Stellplatz auf einer kleinen Lichtung mitten im Wald in totaler Einsamkeit und Ruhe. Ein herrlicher Platz.
Auf unserer Forststraße fahren wir am nächsten Morgen weiter zum Dragon Lake. Entspannte Kaffeepause an einem tollen, kostenlosen Campground. Wenige Kilometer weiter rollt Yoda wieder auf Asphalt bis in das First Nation Dorf Gitwinksihlkw. Ein Lavafeld, das das ganze Tal ausfüllt, wird gequert. Relikt eines Vulkanausbruchs vor 250 Jahren, der 2000 Menschenleben forderte und nun ein Provincial Park ist.
Vorbei an einem schönen Lavalake geht es durch ein bewaldetes Tal zum Kitsumkalum Lake. Auch hier gibt es am Südende in einem Provincial Park einen einfachen kostenlosen Campground, der aus einem Plumpsklo und einigen wunderbaren Stellplätzen am weiten Sandstrand des Sees besteht. Im Sommer soll es hier laut iOverlander vor Urlaubern und Mücken nur so wimmeln. Wir haben nun dieses Paradies ganz für uns alleine (wenigstens fast, denn am Strand finden wir viele Grizzlyspuren). Immer wieder stellen wir fest, dass der Herbst hier die ideale Reisezeit ist.
Wir verbummeln den Nachmittag am Seeufer mit Strandspaziergang, Tee trinken und lesen. Der Wechsel aus Sonne und tief an den Berghängen klebenden Wolken zaubert eine wunderschöne Stimmung. Zu Hause werden wir diese Weite und Einsamkeit vermissen.
Yellowhead Highway nach Prince Rupert
Unsere Fahrt geht weiter nach Terrace. Nach über drei Wochen sind wir wieder in einer richtigen Stadt mit allen Segnungen der Zivilisation, wie an Walmart, Canadian Tire, Starbucks und Co. erkennbar ist. Also ist Großeinkauf angesagt, außerdem eine Dusche im Hallenbad und der obligatorische Besuch einer Laundry. Eigentlich hätte sich auch Yoda einen Ölwechsel verdient. Doch alle Werkstätten sind über Wochen ausgebucht. Great Canadian Oil Change, ein Laden mit Drive-through-Ölwechsel (das gibt es echt hier!), kann uns nicht bedienen, weil in der Software zur Kundenerfassung nur Fahrzeugkennzeichen aus Kanada und USA vorgesehen sind. Unglaublich.
Also machen wir uns ohne frisches Öl auf den Weg nach Prince Rupert, der Schlechwetter-Hauptstadt Kanadas. Normalerweise versinkt hier die Gegend im Regen und Nebel. Völlig unpassenderweise können wir jedoch die herrlichen 130 Kilometer dorthin auf dem Yellowhead Highway bei knallblauen Himmel und 20 Grad genießen. Ein echter Sommertag und T-Shirtwetter. Genial, wir sind „lucky guys“.
Der Yellowhead Highway folgt dem breiten Skeena River zum Meer. Hohe Berge säumen das fjordähnliche Flusstal, neben der Straße verläuft die Eisenbahnstrecke. Wir fühlen uns stark an den heimatlichen Rhein zwischen Koblenz und Bingen erinnert, abgesehen davon, dass die Burgen und Weinberge fehlen. Und natürlich, wie sollte es in Kanada anders sein, sind Berge und Fluss sehr viel größer und es gibt keine Orte auf der gesamten Strecke.
Ungefähr 50 Kilometer vor Prince Rupert biegen wir abends in eine Forest Road ab. Laut iOverlander soll sie uns zu einem einsamen Stellplatz am Ende des Fjords „Work Channel“ führen. Nach 12 teilweise sehr holprigen Kilometern stehen wir an einem wirklich traumhaften Platz. Doch die Einsamkeit trügt. Hier wird gerade eine Gaspipeline verlegt, unterwegs haben wir schon etliche geparkte Baufahrzeuge gesehen. Wenn morgen früh die Bauarbeiten laufen, möchten wir nur ungern den schmalen Weg mit diesen Monstern teilen. Also kehren wir schweren Herzens wieder zum Yellowhead Highway zurück und übernachten statt dessen am Rainbow Lake.
Ein zweiter Sonnen-Sommertag wird uns in Prince Rupert geschenkt. Die 13.000-Einwohnerstadt ist rasch besichtigt. Am Meer gibt es einen netten kleinen Park und einen Spazierweg entlang eines alten Piers, in Downtown eine Handvoll Jugendstilhäuser aus den 1920er Jahren, als die Stadt gegründet wurde. Die wahre Attraktion ist die wunderbare Lage am Fjord mit seinen zahlreichen Inseln. Bei diesem Wetter einfach traumhaft.
Sehr schön ist eine kurze Wanderung am Meer durch den Regenwald bei den Butze Rapids. Die Stromschnellen sind wenig interessant, dafür begeistert uns der dichte Wald mit seinen von Moosen und Flechten überwucherten Baumriesen um so mehr. Der Höhepunkt des Tages ist aber unser Übernachtungsplatz auf dem Gipfel des Mt. Hays. Der Empfehlung von zwei Einheimischen folgend, die wir am Rainbow Lake getroffen haben, klettert Yoda tapfer mit Untersetzung die sieben Kilometer lange, teilweise extrem steile, ausgewaschene und felsige Piste über 600 Höhenmeter zum Gipfel hinauf. Mit guten Nerven des Fahrers kein Problem. Ich fand dagegen den tiefen Abgrund unmittelbar neben der schmalen Forststraße an einem größeren Erdrutsch etwas unangenehm. Oben angekommen haben wir eine wirklich atemberaubend schöne Sicht auf die Stadt und die Küste mit ihren Inseln, Bergen und Fjorden. Über dem Meer zieht Nebel auf. Wir schauen wie aus einen Flugzeug von oben auf die Wolken. Abends gibt es einen herrlichen Sonnenuntergang mit flammend-roten Himmel, nachts einen strahlenden Vollmond. Alles zusammen ist fast zu schön, um wahr zu sein.
Yellowhead Highway nach Prince George
In Prince Rupert finden wir auch keine Werkstatt, die kurzfristig Zeit für einen Ölwechsel und diverse andere Wartungsarbeiten hat. Doch selbst ist der wahre Overlander. Nach drei Stunden ist Olaf auf einem Rastplatz am Yellowhead Highway mit Reifenrotation und Abschmieren fertig. Ich bin in der Zeit damit beschäftigt, im 5-Minuten-Takt die Hilfsangebote und Fragen der zahlreichen Kanadier zu beantworten, die auf dem Rastplatz anhalten. An diesem langen Wochenende, Montag ist Thanksgiving und damit Feiertag, sind viele Ausflügler unterwegs. Und fast jeder hält an, um uns beim Beheben der vermeintlichen Panne zu unterstützen oder zumindest Yoda zu bewundern. In Terrace ist auf dem Parkplatz von Canadian Tire noch der Ölwechsel fällig, dann ist Yoda bereit für den Endspurt nach Seattle.
Für unseren Master Yoda haben wir nämlich für die Zeit unseres Heimaturlaubs dort ein Asyl gefunden. Ein PCT-Wanderfreund von Susanne hat einen Freund, der nur ca. 50 Kilometer vom Flughafen entfernt wohnt. Auf dessen Grundstück können wir unser rollendes Zuhause sicher abstellen. Das ist genial.
Auf dem Yellowhead Highway fahren wir weiter bis New Hazelton. Verkehr und Besiedlung werden nun etwas dichter. Sehr interessant ist ein Abstecher nach Old Hazelton, der ca. 100 Jahre alten Siedlung am Skeena River, der früher bis hierhin schiffbar war. In Old Hazelton wurden die Schaufelraddampfer entladen und die Waren zum weiteren Transport auf Mulis gepackt. Heute ist der alte Ortskern mit seinen hübschen Holzhäusern ein Touristenziel. Nicht weit davon entfernt liegt das Kasan Historical Village. In dem Museumsdorf der Kasan First Nation stehen einige Langhäuser und sehr schöne Totempfähle. Das macht uns Lust auf mehr indianische Kultur. Im 15 Kilometer entfernten Kispiox finden wir 15 weitere, sehr interessante Totempfähle. Jeder sieht anders aus. Immer ist jedoch eine Darstellung von Tieren das Thema. Bären, Adler, Raben, Wölfe und Fische symbolisieren bestimmte Eigenschaften, die dann für das Merkmal des jeweiligen Totems stehen. Uns gefallen die abstrakten und sehr lebendigen Schnitzereien sehr.
Langhaus im Kasan First Nation Dorf
Am Aussichtspunkt zur Hängebrücke von Hazelton lernen wir Maria Luisa und Estela aus Miami kennen. Sie fahren den originellsten Pickup, den wir bisher gesehen haben. Auf dem Dach sind Kanu, ein Tank zum Erwärmen von Duschwasser und jede Menge Ausrüstung verstaut. Ein riesiges Solarpanel versorgt die Microwelle und den Kühlschrank mit Strom. Die Klimaanlage ist auch als Heizung nutzbar. Im Auto wird natürlich auch geschlafen. Auch sie sind seit Wochen unterwegs und nun auf dem Weg nach Süden. Wir verstehen uns auf Anhieb mit ihnen. Eines der wunderbaren Dinge beim Reisen ist, dass man immer wieder solchen interessanten und liebenswerten Menschen begegnet. Vielleicht sieht man sich irgendwo wieder.
Sehr schön ist dann die weitere Fahrt auf einer Schotterstraße oberhalb des Tals des Skeena River. Auf den sonnigen Hängen liegen weit verstreut gepflegte Farmen, Rinder grasen friedlich auf den Weiden. Ein ganz anderes Bild als bisher im Norden.
Eigentlich wollten wir auf einem in iOverlander empfohlenen Stellplatz mit großartiger Fernsicht über das Bulkley Valley auf einem Berg unterhalb eines Sendemastes übernachten. Der sehr enge, steile und schwierige Zufahrtsweg ist so gerade noch machbar, auch wenn viele Zweige an Yodas Lack entlangkratzen. Doch kurz vor dem Ziel hängen die Äste der Bäume zu niedrig, hier kämen wir nur nach Einsatz einer Axt weiter und das lohnt für einen Übernachtungsplatz nicht. Also kehren wir mit Bedauern um, fahren noch zwei andere potentielle Plätze beim Ort Smithers an, die uns aber nicht gefallen, und landen schließlich auf einer Lichtung im Wald weit oberhalb von Smithers, abgeschieden und ruhig.
Je weiter wir nach Süden kommen, desto niedriger werden die Hügel. Schließlich wird die Landschaft ca. 60 Kilometer vor Prince Georg ziemlich flach und etwas langweilig. Die Besiedlung wird dichter, der Verkehr nimmt zu. Kein Zweifel, der einsame Norden, den wir so lieben, liegt nun definitiv hinter uns. Nach einem reinen Autofahrtag landen wir am späten Nachmittag am Cobb Lake, der mitten im Wald liegt. Hier gibt es, wie so oft in Britisch Columbia, eine Recreation Area mit kostenlosen Stellplätzen und ein paar Trockentoiletten. Um den schönen See führt ein Trampelpfad, auf dem ich mir gerne nach der langen Sitzerei im Auto die Beine vertrete. Doch schon nach kurzer Zeit sagt mir mein Bauchgefühl, dass im Gebüsch vor mir irgendwas ist. Hat da nicht eben etwas drohend geknurrt? Also mache ich mit Klatschen und Rufen auf mich aufmerksam. Dann wage ich mich einige Schritte weiter. Und dann – kein Zweifel – wieder dieses Knurren. Also vorsichtigerweise besser Rückzug, trotz Bärenspray. Am Campingplatz erklärt mir dann eine Camperin, die dort mit ihrem Trailer steht, dass hier ein prächtiger Schwarzbär wohnt, der keinerlei Scheu mehr vor Menschen hat und sich momentan am Wanderweg entlang des Sees aufhält. Gut zu wissen.
Nach nur 60 Kilometern ist dann am nächsten Tag Prince George erreicht. Mit 80.000 Einwohnern die erste wirklich „große“ Stadt in Kanada, wenn man von Norden kommt. Dichter Autoverkehr, große Einkaufszentren am Highway und erstmals wieder mehr „normale“ Autos als die sonst üblichen großen Pickups. Kein Zweifel, die Zivilisation hat uns wieder.
Wow das hört sich alles super an, ich beneide euch um die Einsamkeit!!