Von Merzouga nach Foum Zguid

Erst zwei Wochen sind wir nun unterwegs, durch die vielen Eindrücke kommt es uns deutlich länger vor. Wie gleichförmig ist dagegen doch das Leben zu Hause. Wir verlassen den Erg Chebi am 22. Februar und fahren wieder nach Norden. Die eigentlich geplante Pistenfahrt quer durch die Wüste nach Zagora verkneifen wir uns schweren Herzens. Es gibt auf der Strecke einige größere Bereiche mit dem berüchtigten Fech-Fech (puderartiger Sand unter einer “ Kruste“ härteren Sandes), in dem man sich sehr tief eingräbt und an die wir uns mit unserem Bus alleine nicht so recht wagen. Wäre noch ein zweites Fahrzeug dabei, so dass man sich gegenseitig aus dem Tiefsand heraus ziehen könnte, hätte die Sache anders ausgesehen. So geht es also zurück nach Erfoud und zum Einkauf auf den großen Wochenmarkt. Wir lieben diese Orte voller Leben mit ihrem Gewusel von Käufern, den Gerüchen aller Art und dem Geschrei der Händler, die ihre Waren lauthals anpreisen.

Unsere Route bis Foum Zguid

Die Straße R702 führt uns dann durch die Oase Jorf und die Marrha-Ebene am Fluss Rheris. Die Landschaft ist ziemlich karg, überwiegend Schotterflächen mit einzelnen Palmengärten. Interessant ist ein Gebiet mit vielen ca. 2 Meter hohen Geröllhügeln, die wie gigantische Maulwurfhügel in regelmäßigen Abständen über eine große Fläche verteilt sind. Es sind die Zugänge zu Foggaras, unterirdischen Wasserkanälen, die oft über eine Länge von 30 oder 40 Kilometern von Hängen mit wasserführenden Schichten bis zu den Oasenfeldern reichen.

Foggaras in der Marrha-Ebene

Bei Goulmina erreichen wir die Nationalstraße 10, die uns nach Tinghir, dem Endpunkt der bekannten “Straße der Kasbahs“, bringt. Hier steigt natürlich die Wohnmobildichte im Verkehr wieder deutlich an. Schön ist der Blick auf die noch schneebedeckten Gipfel des Hohen Atlas, hier in der Ebene stehen schon die Mandelbäume in voller Blüte. Kurz vor Boulmane biegen wir dann nach Süden ab in das Felsgebirge des Djebbel Saghro und erreichen wieder fast touristenfreies Gebiet. Vor ein paar Jahren gab es hier nur eine Piste, nun führt uns eine schmale, gute Straße in vielen Kurven immer weiter hinauf. Im Tal gibt es noch kleine Felder, die aus Brunnen bewässert werden, sonst wächst außer spärlichen Grasbüscheln nichts. Bizarre schwarze Felsbrocken bedecken die Hänge, es sieht aus wie die Oberfläche des Mars. Trotzdem gibt es auch hier verstreut winzige, fensterlose Häuser aus Bruchstein, die uns eher an Viehställe erinnern. Das Wasser muss in dieser knochentrockenen Gegend aus Brunnen geschöpft und mühsam mit Eseln zum Haus gebracht werden. Elektrizität gibt es natürlich auch nicht. Hier haben die Bergnomaden des Hohen Atlas von September bis Mai ihre Winterweiden mit Ziegen und Schafen. Es ist ein entbehrungsreiches, hartes Leben in der Bergwelt, die uns so wunderbar abgeschieden erscheint.

Siedlung von Halb-Nomaden im Djebbel Saghro
Am Pass Tizi-n-Tazzert

Kurz vor dem Pass Tizi-n-Tazzert fahren wir über eine gute Piste ein Stück in ein Seitental hinein und finden auf knapp 2300 Metern Höhe einen Stellplatz für die Nacht mit grandioser Fernsicht in alle Richtungen und absoluter Ruhe. Frisch ist es allerdings hier oben, am Tag ist es nur ca. 12 Grad und nachts fällt die Temperatur auf den Gefrierpunkt. Da freuen wir uns erstmals seit unserer Reise durch Marokko über die Standheizung am Morgen.

In der Nähe der Passhöhe kann man schöne kleine Wanderungen unternehmen mit einer umwerfenden Sicht auf die canyonartigen Täler und steilen Felswände. Über viele Serpentinen geht es dann bergab auf eine Hochfläche zu dem auf einem Hügel gelegenen Ort N`kob. Heute ist Markttag und entsprechend viel ist hier los. Ein ausgiebiger Bummel führt uns durch die vielen alten Kasbahs, die traditionellen burgartigen Wohnhäuser aus Lehm, für die der Ort berühmt ist. Sie liegen malerisch oberhalb des großen Palmengartens, in dem wir lange sitzen, dem Gezwitscher der Vögel und dem murmelndem Wasser in den schmalen Kanälen lauschen. Welch eine friedliche Atmosphäre.

Hauptstraße in N’kob
Kasbahs in N’kob

Dann geht die Fahrt weiter auf einer Piste, die wir uns aus unserem Reiseführer “GPS Off-Road Tourenbuch für 4×4 Reisen Marokko“ (Buchreihe Abenteuer Pistenkuh von Sabine und Burkhard Koch) ausgesucht haben. Die “Pistenkuh“ ist unser Touren-Wegweiser für unterwegs, der uns zuverlässig zu den tollsten und einsamsten Strecken führt, denn abseits der Asphaltstraßen ist es erfahrungsgemäß am allerschönsten.

Unsere Piste ANR, wie sie in der Pistenkuh genannt wird, bringt uns aus der Ebene um N’kob auf einen Höhenzug oberhalb eines Canyons. Tief unter uns am Flussbett sehen wir vereinzelte kleine Felder mit Häusern. Hier bleiben wir für die Nacht. Am nächsten Tag setzen wir die Fahrt fort. Es geht hinunter in das Flusstal, wo uns eine herrlich grüne Oase mit Palmen und blühenden Mandelbäumen erwartet. Nach einer Furt durch das ausgetrocknete Flussbett steigt die Piste wieder in die Berge empor und wird steiniger. Insgesamt ist der Weg aber gut zu fahren. Quer verlaufende Gräben und tiefere Schlaglöcher meistert unser Bus Dank der jetzt größeren Bodenfreiheit ohne Aufsetzer. Je weiter wir in das Gebirge vordringen, desto phantastischer wird die Landschaft. Vor uns fahren 3 Quats mit 6 Franzosen. Davor quält sich ein uralter Mercedes Transporter über die Steine. Das ist das Begleitfahrzeug dieser geführten Wüstentour. An einer besonders schönen Stelle werden ein Partyzelt, Stühle und Tische aufgebaut und für die Quatfahrer ein Picknick in der Wildniss gezaubert. Uns amüsiert der herbe Kontrast zwischen den expeditionsmäßig hochgerüsteten Touristen und dem natürlich ohne 4×4 und all dem Off-Road-Schnickschnack ausgestattetem Lieferwagen-Oldtimer.

Entlang der Piste im Djebbel Saghro
Piste im Djebbel Sagrho

Bizarre Felstürme sind als Reste von verwitterten Bergen übriggeblieben und stehen wie gigantische Burgen in dem wüstenähnlichen Bergland. Es sieht aus wie im Monument Valley in der USA. Dazwischen gibt es immer wieder tief eingeschnittene Canyons mit kleinen Oasen. Nach ca. 18 Kilometern endet die Stichstraße. Wir unternehmen mehrere längere Spaziergänge in dieser herrlichen Gegend, um die Felsformationen auch aus der Nähe zu sehen. Es gibt nur wenige grasartige Pflanzenbüschel, stachelige Polsterpflanzen und kleinen Ginster, der blüht und die ganze Gegend mit süßlichen Duft überzieht. Immer wieder stoßen wir auf Nomadensiedlungen, die aus mehreren Pferchen für Vieh und einem schwarzen Zelt aus Schafswolle bestehen. Bei unseren Streifzügen laufen wir auf mit farbigen Punkten und Richtungspfeilen markierte Pfaden. Ob das ein gekennzeichneter Weitwanderweg ist, denn für die Einheimischen dürften die Markierungen wohl überflüssig sein? Es gefällt uns so gut in dieser absoluten Stille, dass wir hier den ganzen Tag verbringen und auch über Nacht bleiben. Erstmals auf dieser Tour schläft der weibliche Teil des Touren-Wegweisers vor dem Bus unter freiem Himmel, um das Glitzern der unendlich vielen Sterne zu genießen. Etwas Schöneres gibt es kaum.

Flußoase im Djebbel Sagrho

Die weitere Pistenstrecke verläuft zunächst wieder zurück zu dem größeren Ort in dem Flusstal, das wir am Vortag durchfahren haben. Dann geht es hoch über einen Bergrücken. Nun ist die Piste wesentlich schwieriger, führt oft über Felsplatten und tiefe Querrinnen mit dicken Felsbrocken. Doch Olaf und unser braver Bus meistern das souverän. Dank der griffigeren Reifen rutschen wir nun auch nicht mehr in Steigungen weg und die größere Bodenfreiheit spürt man deutlich. Im Tal wird der Untergrund wieder leicht fahrbar. Wunderschön ist die Fahrt oberhalb einer langen Flussoase. Bald erreichen wir wieder N‘ kob und damit Asphalt. Vor der Weiterfahrt wird erstmal wieder per Kompressor der Luftdruck in den Reifen erhöht, denn auf Pisten wird stets Luft abgelassen.

Eigentlich wollten wir uns im Draatal eine alte Kasbah anschauen, aber es kommt anders. Auf dem Weg dorthin steht ein Berber an der Straße und natürlich nehmen wir Anhalter stets mit. Allerdings hat der Mann noch seine Frau und ein Kleinkind dabei. Sie sind auf dem Weg zum Arzt ins 80 Kilometer entfernte Agdz, denn der kleine Junge hat eine entzündete Platzwunde am Kopf, ist völlig apathisch und fiebert stark. Per Anhalter sind sie schon 14 Kilometer aus den Bergen mit dem Motorrad bis zur Straße gekommen. Soweit zum idyllischen Leben in der Einsamkeit. Wir fahren also direkt nach Agdz, setzen die Familie in der Stadt ab, geben ihnen etwas Geld für die Arztbehandlung und Schokolade für ihren Sohn mit und gehen dann auf einen netten kleinen Campingplatz bei einem Bauernhof in der Nähe der Stadt. Die alte Kasbah kann auch bis morgen warten.

In einer schönen Wanderung durch den großen Palmenhain im Draatal laufen wir am nächsten Tag von Agzd zum Ksar Tamnougalte. Schön ist der sandige Weg zwischen den Palmen und grünen Feldern entlang der Bewässerungskanäle. Viele Mandelbäume blühen weiß-rosa und verströmen einen wunderbaren Duft. Bauern bringen mit Eseln das Gemüse zum Ort, Männer in Galabijas und bunt verschleierte Frauen arbeiten auf den Feldern. Pflügen, hacken, säen und ernten, alles ist Handarbeit. Den Schatten unter den Palmen können wir gut brauchen, wir haben ca. 28 Grad. Im Sommer klettert das Thermometer auf über 45 Grad. Nach 2 Stunden erreichen wir das alte Wehrdorf Tamnougalte. Es ist leider schon stark verfallen, denn die Lehmbauten sind nur noch vereinzelt bewohnt und müssten nach jedem Winter gründlich restauriert werden. Der Staat kümmert sich leider nicht um die Erhaltung. Die große Kasbah, die älteste Burg Marokkos, ist jedoch durch eine private Initiative restauriert. Innen ist es herrlich kühl, die dicken Lehmwände halten die Hitze draußen. Die Burg hat einen überdachten Innenhof und viele Wohnräume über drei Etagen, ganz oben wohnten die vier Frauen des Herrschers. Von der Dachterrasse hat man einen herrlichen Blick über das alte Ksar und die Oase. Der Rückweg zieht sich in die Länge. Es ist echt heiß, besonders weil wir eine unserer berüchtigten Abkürzungen nehmen und einige Zeit über den Schotter in einem schattenlosen ausgetrockneten Flussbett laufen. Am späten Nachmittag sind wir wieder in Agzd und erholen uns in einem Café. Man sieht relativ viele Touristen und etliche laufen wie so oft in kurzen Hosen und ärmellosem Shirt oder sogar bauchfreiem Top durch die Stadt. Wir müssen uns mal wieder “fremdschämen“. In einem Land, in dem sich sowohl Männer als auch Frauen körperbedeckend kleiden und kurze Hosen per se als Unterwäsche gelten, empfinden wir das als ziemlich respektlos.

In der Kasbah Tamnougalte
Kasbah im Draatal

Der nächste Tag führt uns im Draatal nach Süden. Es wird stetig wärmer, knapp 30 Grad. Sehr gut gefällt uns die gut erhaltene Kasbah Oulad Amane, durch die uns ein kleiner Junge führt. Wir fahren über die schmale Straße auf der linken Talseite, die am Rand der Oase verläuft und weniger befahren und weniger touristisch ist als die Nationalstraße. Immer wieder passieren wir schöne Dörfer mit traditionellen Lehmbauten. Unsere Mittagspause halten wir unmittelbar am Palmenhain. Im Nu tauchen 3 Jungen auf, die auf dem Heimweg von der Schule sind und sich nun neben uns hocken. Touristen beim Essen zu beobachten ist natürlich deutlich interessanter, als nach Hause zu gehen. Wir kommen uns vor wie Schimpansen im Zoo. Die Stadt Zagora ist der letzte große Ort im Draatal. Wir kaufen nochmal eine Großladung Obst und Gemüse ein, denn es zieht uns nun in die Wüste. Hinter Zagora hört die Palmenoase auf, es wird immer trockener und bald fahren wir durch eine Steinwüste, in der nur noch vereinzelte Akazien wachsen. Am späten Nachmittag zweigen wir von der guten Asphaltstraße auf die Piste SZM der “Pistenkuh“ ab, die uns mit ihrer wellblechartigen Oberfläche ordentlich durchrüttelt. In totaler Einsamkeit stellen wir dann den Bus in der weiten Ebene ab und genießen das milde Abendlicht und die absolute Stille. Die Wüste begeistert uns immer wieder und natürlich ist auch wieder eine Übernachtung unterm Sternenzelt angesagt.

Um den Ort M’hamid zu erreichen, muss ein kurzes Tiefsandgebiet gequert werden, eine gute Übung für die folgende Wüstenfahrt nach Foum Zguid. Mit auf 50% reduziertem Luftdruck und viel Schwung arbeitet sich unser treuer Bus zuverlässig durch den Sand und ohne Durchdrehen der Reifen und ohne stecken zu bleiben erreichen wir gut am späten Vormittag M’hamid. Der kleine Ort ist der letzte Außenposten vor der Sahara. Hier kamen früher die Karawanen aus Timbuktu an, nachdem sie in 50 Tagen die Wüste durchquert hatten. Heute endet hier die von Zagora kommende Asphaltstraße und hier starten viele Kamel- und Jeeptouren zum großen Dünenfeld des Erg Chegaga. Entsprechend touristisch ist der Ort mit einigen Restaurants und Hotels, aber doch deutlich kleiner und ruhiger als Merzouga am Erg Chebi. Von hier aus geht es für uns wieder in den Tiefsand. Die ca. 150 Kilometer lange Piste SMF der “ Pistenkuh“ soll uns nach Foum Zguid bringen.

Nur 7 Wochen bis Timbuktu

Schon gestern hatte uns ein deutscher Geländewagenfahrer ziemlich großspurig prophezeit, dass wir in Foum Zguid nicht ankommen werden. Um nicht missverstanden zu werden, wir haben nichts gegen PS-strotzende Off-Road-Fahrzeuge oder deren Piloten, jeder soll nach seinem Geschmack glücklich werden. Wir tauschen auch gerne mit anderen unsere Erfahrungen aus. Was uns aber nervt, ist dieses protzige Platzhirschgehabe, um zu demonstrieren, was für ein kerniger Kerl man doch ist. Heute treffen wir kurz hinter M’Hamid als wir gerade die Luft für die anstehende Sandpiste aus den Reifen lassen, wieder auf einen gigantischen Expeditions-MAN-Lkw aus Hamburg. Der Kapitän dieses wahren Wüstenschlachtschiffes gibt uns einem mitleidigen Blick auf unseren roten Sandfloh den guten Rat, doch wenigstens den Luftdruck in den Reifen zu reduzieren (Ach wirklich, was machen wir denn gerade….) und wünscht uns im doppelten Wortsinn von oben herab aus seinem Riesenfahrzeug: “Also wenn ihr wirklich da durch wollt … na denn viel Spaß“ wünscht.

Jawohl, den haben wir. Sicher bringen wir das 14 Kilometer lange Tiefsandfeld hinter uns, dank griffiger AT-Reifen und reduziertem Druck, erweiterter Bodenfreiheit und einem Schuss Abenteuerlust ist es auch für unseren “4WD-Bus“ kein echtes Problem. Aber sehr viel steiler und höher hätten die Sandhügel auch nicht sein dürfen. Daher folgen wir ab Waypoint SMFW08 nicht mehr dem Track der “ Pistenkuh“ durch schwierige Weichsandfelder tiefer in den Erg Chegaga nach Süden, sondern nehmen die einfachere Variante über ein großes Schotterfeld, wo wir auf Wellblech tüchtig durchgerüttelt werden. So trostlos die Kiesebene auch auf den ersten Blick aussieht, irgendwie übt auch diese endlose Weite eine Faszination aus. Mehrere Male folgen wir bei der Rückfahrt zu den Dünen und zur Route der Pistenkuh falschen Spuren und müssen uns unseren Weg suchen. Ohne Navi wären wir hoffnungslos verloren. Dann kommen endlich die hohen Dünen des Erg Chegaga wieder in Sicht, wir erreichen unseren Track. Wir passieren ein hellgrünes Feld blühender Pflanzen, auf dem eine große Herde Dromedare mit vielen Jungtieren weidet. Ein wunderschönes Bild vor den goldroten Dünen. Am Nachmittag darf sich unser treuer Bus dann ausruhen, wir haben unseren idealen Stellplatz für die Nacht zwischen den Dünen gefunden. Den Rest des Tages verbummeln wir mit kleinen Spaziergängen, ein wenig zeichnen oder auch einfach nur mit Betrachtung dieser grandiosen Landschaft. Ein kitschiger Sonnenuntergang, ein Lagerfeuer und ein funkelnder Sternenhimnel machen die Saharaidylle perfekt. Doch man sollte sich nicht täuschen lassen. Auch hier sind wir natürlich nicht alleine. Jeeps karren Touristen für eine Übernachtung im“Original Beduinen-Zeltlager“ in die Dünen. Abends hört man die Trommeln der Folkloregruppen und das erbärmliche Gebrüll der Dromedare, gegen das das Geschrei eines Esels wirklich melodisch klingt, bis in unser Camp. Morgens reitet die ganze Gruppe dann auf den Tieren wieder zurück und Olaf muss seinen Toilettengang in den Dünen kurzfristig abbrechen, sonst hätten die wackeren Abenteurer ein Wüstenerlebnis der besonderen Art gehabt.

Blick von unserem Stellplatz im Erg Chegaga

Für uns geht die Pistenfahrt weiter auf einer noch etwa 12 Kilometer langen tiefsandigen, aber gut zu fahrenden Strecke nördlich des Erg Chegaga und danach über die riesige Schwemmtonebene des trockenen Lac Iriqi. Im Salzsee sammelt sich nur sehr selten nach starken Regenfällen Wasser, so dass man meist hervorragend über die feste, gleichmäßige Oberfläche fahren kann. Bei 32 Grad im nicht vorhandenen Schatten täuschen uns Luftspiegelungen am Horizont große Wasserflächen vor. Anschließend geht es während ca. 20 Kilometern auf Geröllpisten und sehr unangenehmen Wellblech weiter, wenige Akazien sind die einzige Vegetation. Bei Waypoint SMFF35 biegen wir auf die Route SFF der “Pistenkuh“ ab. Wir arbeiten uns über sehr holprige und dann wieder durch sandige Abschnitte mit einigen für unseren Bus ziemlich steilen Querrillen mit tiefsandigen Auf- und Abfahrten zum herrlichen Tafelberg des El Mdaouer El Kbir. Kurz davor passieren wir einen kleinen grünen Palmenhain mit Brunnen. Saharaidylle pur. Noch einmal eine sehr steile, tiefsandige Böschung hinauf, bei der wir echt den Atem anhalten, und ein paar Kilometer Holperpiste, dann sind wir direkt vor den steilen Felswänden des Massivs, eine tolle Kulisse für unseren Übernachtungsplatz in dieser Schuttwüste. Mitten in der Einöde bekommen wir dann noch Besuch, ein Ziegenhirte ist unser Überraschungsgast für den Nachmittagskaffee. Die Unterhaltung ist wegen mangelnder Sprachkenntnisse auf beiden Seiten nicht einfach, aber dennoch ist es eine sehr schöne Begegnung.

Wir nehmen am nächsten Morgen eine Abkürzung der Route SFF vor, die wunderbar zwischen einem Einschnitt des Gebirgszuges hindurch führt und abgesehen von einigen extrem steilen Quedquerungen – teils mit geringer Querlage – gut zu fahren ist. Etwa bei Waypoint SMFX16 kommen wir wieder auf die Piste SFF. Wir biegen in Gegenrichtung in sie ein und verlass sie bereits nach wenigen Kilometern um quer über eine weite Schwemmtonebene bis kurz vor Foum Zguid zu fahren. So sparen wir uns 14 Kilometer Wellblechpiste. Unsere erste große Wüstentour ist damit erfolgreich beendet. Unser Bus hat sich tapfer geschlagen und ist nicht ein einziges Mal stecken geblieben. Wohl waren wir oft langsam unterwegs, aber wir haben ja Zeit. Und wir sind um einiges an Erfahrungen reicher geworden, z. B. was wir uns und unserem roten Sandfloh zutrauen dürfen und dass sich reife Tomaten nach 3 Tagen und 200 Kilometer Pistenrütteln von ganz alleine in Ketchup verwandeln.

El Mdaouer El Kbir
Bevor es wieder auf die Straße geht, muss Luft in die Reifen
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2 Kommentare

  1. Liebe Annette lieber Olaf
    uns stockt der Atem. Ihr seid wirklich mutig, durch Sandfelder fahren, ohne zu sehen wie tief sie sind und Schräglage….das alles mit dem vw Bus. Wahrscheinlich wird man von Tag zu Tag erfahrener und mit der richtigen Lektüre auch mutiger. Wir haben viel Freude an dem unglaublich ausführlichen Bericht und wünschen euch noch viele schöne Nächte unter dem Sternenhimmel
    lg sibylle

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