Endlich sind wir wieder on the road. Nach einem herzlichen Abschied von Mina, der sehr gastfreundlichen Inhaberin des Trailerparks, geht es von Teotihuacán über die stark befahrene Autobahn und später über mautfreie Straßen nach Tula. Die vielen Mautstellen und Ortsdurchfahrten kosten enorm Zeit. Für die 70 Kilometer lange Strecke brauchen wir 1 1/4 Stunden. Um 1000 n. Chr. war Tula die Hauptstadt der Tolteken, eine moderne Großstadt mit 20.000 Einwohnern, befestigten Straßen und Kanalisation. Davon ist heute nichts mehr übrig. Nur der zentrale zeremonielle Bezirk mit den Resten von einige Pyramiden wurde bisher freigelegt. Die Attraktion der Stätte sind die 4 Atlanten, ca. 4,5 Meter große Statuen von furchteinflössenden Kriegern, die auf der obersten Plattform einer Pyramide stehen und früher das Dach eines Tempels trugen. Betrachtet man die Reliefe, mit denen die früher verputzten Pyramiden geschmückt waren, war es eine sehr grausame Kultur. Auf der sogenannten Schlangenwand sind Klapperschlangen mit gewaltigen Zähnen dargestellt, die menschliche Skelette verschlingen, dargestellt. Ebenso sieht mam Herzen verzehrende Adler und Pumas, die Menschenopfer zerreißen.
Unsere Fahrt geht nun weiter über Landstraßen und durch viele Ortschaften mit endlos vielen Topos. Diese steilen Fahrbahnschwellen zwingen zum Abbremsen auf Schritttempo, will man dich nicht dein Auto und die Bandscheibe ruinieren. Rund 2,5 Stunden brauchen wir so für die nur 100 Kilometer lange Strecke in die Sierra Gorda bis zu den Grutas de Tolantongo. Eine sehr steile Schotterstraße führt in enge Serpentinen von der wüstenhaften Landschaft hinunter zur Schlucht La Gloria Tolantongo. Hier gibt es eine subtropische Vegetation mit Palmen und Bananenstauden. Thermalquellen speisen einen türkisfarbenen Fluss und viele terrassensartige Sinterbecken, ein bei den Einheimischen äußerst beliebtes Freizeitziel. Jetzt am Wochenende ist hier wirklich die Hölle los. Wir finden zum Übernachten nur noch einen Stellplatz oberhalb des Geländes direkt an der Zufahrtstraße. Ziemlich schräg und staubig, aber mit tollen Blick ins Tal und weit genug weg von der lauten Musik dort.
Am nächsten Tag erkunden wir das Thermalgebiet. Es gibt ein einfaches Hotel und mehrere Lokale, an jedem freien Platz drängen sich dicht an dicht die Zelte. In den Badebecken plantschen ganze Großfamilien. Sehr schön ist die Grotte La Gloria, eingerahmt von mit tropischen Pflanzen bewachsenen Felswänden und mit etwas Glück finden wir sogar einen kleinen Thermalpool ganz für uns alleine.
Am Nachmittag fahren wir zu den Grutas de Tolantongo. Dies ist zwar nur 3 Kilometer entfernt, jedoch wollen wir dort übernachten und müssen so einen 50 Kilometer langen Umweg fahren, denn über den Fluss führt nur eine Hängebrücke für Fußgänger. Also kurven wir die Serpentinen aus der Schlucht empor, wieder hinunter in das nächste Tal, nochmal rauf auf die Hochebene und nach ca. 45 Minuten geht es wieder in steilen Kurven 700 Meter hinunter in die Schlucht. In diesem Teil des Thermalgebietes ist noch einmal deutlich mehr Rummel als in Bereich La Gloria. Es gibt viele große Hotels, mehrere terrassenförmig angelegte Pools und unten an Fluss viele Restaurants sowie entlang des Ufers dicht belegte Zeltplätze. Es herrscht ein wirklich klaustrophobisches Gedränge von Autos und Menschen. Doch viele sind dabei ihre Lager abzubauen, so hoffen wir auf etwas entspanntere Atmosphäre am morgigen Montag. Haha, da ahnten wir dummen Gringos noch nicht, dass dann Diá del Constitution und somit Feiertag ist. Um den Massen zu entkommen, suchen wir uns zum Übernachten einen Platz am hintersten Ende der Schotterpiste. Hier gibt es einen Campingbereich zwischen Palmen und Bananenstauden direkt am Fluss. Der Platz scheint noch in Bau zu sein, wir stehen auf groben, von Planierraupen zurecht geschobenem Lehm und es gibt keine sanitären Anlagen. Dafür sind wir hier fast alleine. Wir wussten ja, dass in Tolantongo viel los ist, aber an diese Massenaufläufe müssen wir uns erst gewöhnen.
Am folgenden Tag gehen wir flußaufwärts durch die Campingzone bis zur Grotte. Die große Höhle liegt etwas oberhalb in einer Felswand, sie ist komplett gefüllt mit einem sehr warmen Thermalpool, von der Decke strömt ein Wasserfall. Dieses wirklich besondere Erlebnis teilen wir natürlich mit sehr vielen anderen Badegästen. Entspannter geht es dann in den Badestellen im lauwarmen, türkisblauen Fluss zu. Zum Abschluss fahren wir ein Stück bergauf zu den Pozitas Paraiso. Diese mit Sintergestein überzogenen Thermalpools sind sehr schön übereinander in der Felswand der Schlucht zwischen Wasserfällen und uralten Bäumen angelegt.
Das warme Wasser plätschert von einem Becken in das nächste. Auch hier herrscht viel Betrieb und es gibt viel zum Schauen. Erst am Nachmittag fahren wir weiter Richtung Osten. Es geht den gleichen Weg zurück wie auf der Hinfahrt bis Ixmiquilpan. Dort quälen wir uns im Dauerstau quer durch die Stadt und wären beinahe mitten in den von Menschen wimmelnden Gassen des Straßenmarktes gelandet. Laut Google Maps sollte das nämlich die Hauptstraße sein. Ca. 10 Kilometer weiter rollen wir auf den herrlichen Campingplatz Gran Cañòn EcoAlberto in einen von steilen Felswänden begrenzten Flusstal. Es gibt eine große, saftiggrüne Wiese, schattige Bäume. Einige Schwalben zischen über den Fluss, im Baum neben unserem Auto zwitschern kleine knallrote Vögel, die aussehen wie fliegende Cocktailtomaten. Ansonsten absolute Ruhe, denn wir sind hier wahrhaftig ganz alleine. Was für ein Genuss nach fast 2 Wochen im Trubel.
Nach einer sternenklaren und kühlen Nacht wird es wieder ein frühsommerlicher Tag mit milden 23 Grad, blauem Himmel und einem seidenweichen Wind. Das Klima im Zentralen Hochland ist zu dieser Jahreszeit einfach wunderbar, vor allem wenn wir den Wetterbericht für Deutschland anschauen. Bis zu unserem Tagesziel, der kleinen Kolonialstadt Tequisqualpan, sind es nur 100 Kilometer mit knapp 2 Stunden Fahrzeit.
Wir verbummeln den Nachmittag in den Altstadtgassen und der wunderschönen Plaza mit ihren lauschigen Arkadengängen in diversen Cafés. Auch der Bummel am späten Abend ist sehr schön. Unseren Stellplatz für die Nacht finden wir im Garten des Hotels La Vega. Sehr ruhig am Ortsrand gelegen (abgesehen vom üblichen nächtlichen Dauergebell der Hunde und den Hahnenschreien am Morgen) und nett direkt an einem großen Pool, wo sich das Personal vergnügt, denn wir sind die einzigen Gäste. Dass es nur kaltes Wasser gibt und die Türen der Toiletten fehlen oder nicht zugehen, ist schon normal. Aber immerhin funktioniert die Spülung!
Auf unserer weiteren Route reiht sich nun eine wunderschöne Kolonialstadt an die nächste, allesamt als UNESCO Welterbe geadelt. Die Besichtigung der Altstadt von Querétaro, einer eine Millionen Einwohner zählenden Großstadt, haben wir ausgelassen. Die Übernachtung dort im Auto wäre schwierig, auch haben wir keine Lust auch Dauerstau und Verkehrschaos.
Nach 2 Stunden Fahrt durch das steppenartige, gelb-braun ausgedörrte Hochland erreichen wir San Miguel de Allende. Am Stadtrand liegt die Autowerkstatt Euro-Latino Racing Team, die von einem Deutschen betrieben wird und in Overlanderkreisen sehr empfohlen wird. Bei Yoda sind nur einige Wartungsarbeiten zu erledigen. Leider ist der Chef nicht da, aber der Werkstattleiter soll in 30 Minuten kommen. Also erstmal Mittagspause! Zufällig treffen wir hier auch alte Overlander-Bekannte vom Trailerpark in Teotihuacán wieder. Sie warten bereits seit mehreren Tagen auf Ersatzteile für eine Reparatur. Nach 2 Stunden ist dann der erwartete Angestellte da, wir bekommen einen Termin für Freitagvormittag.
Also haben wir viel Zeit, um San Miguel de Allende zu erkunden. Zum Übernachten fahren wir auf einen öffentlichen Parkplatz in einem Innenhof, nur 900 Meter vom Zentrum entfernt. Die Stadt ist Geburtsort des Nationalhelden Ignacio Allende, einem Anführer der Revolution 1810 gegen die spanische Kolonialherrschaft. Die gesamte Altstadt steht seit 100 Jahren unter Denkmalschutz, es ist ein echtes Juwel unter den vielen schönen Kolonialstädten.
Prächtige Palazzos mit schattigen Innenhöfen säumen die Kopfsteingassen. Die vielen parkähnlichen Plazas und prächtigen Kirchen laden zum Verweilen ein. Abends musizieren auf der Plaza Principal die Mariachi-Kapellen. Jedes Klischee zu Mexiko wird hier erfüllt, trotzdem ist es einfach sehr schön, hier ziellos durch die Gassen zu bummeln. Allerdings hat diese Idylle ihren Preis. Überall sehr edle Boutiquen, Kunstgalerien, Restaurants und Hotels. Die Altstadt ist total gentrifiziert. San Angel ist eine der teuersten Städte des Landes und bevorzugter Wohnsitz der Reichen und Schönen. Viele US-Amerikaner haben hier ihren Ruhesitz oder Winterquartier. In der Fußgängerzone sind die Mexikaner wirklich absolut in der Minderheit.