Von San Miguel de Allende nach La Palma (9.- 15.2.2024)

In der Werkstatt von Matthias

Nach dem entspannten Aufenthalt in der wunderschönen Altstadt von San Miguel machen wir uns vormittags schon zeitig auf den Weg, denn um 9.30 Uhr haben wir unseren Werkstatt-Termin bei Euro-Latino-Racing Services von Matthias, einem deutschen Automechaniker. Dort treffen wir unsere italienischen Overlander-Freunde aus Teoticuácan wieder, die darauf hoffen, heute endlich weiter fahren zu können. Yoda bekommt einen gründlichen Checkup. Kühlflüssigkeit sowie je 0,5 Liter Achsöl vorne und hinten müssen nachgefüllt werden. Letzteres wundert uns, denn die Inspektion in Las Vegas ist noch nicht so lange her und war mit rund 1000 US-Dollar ziemlich teuer. Rund 3 Stunden schraubt der gut englisch sprechende Mechaniker an unserem Master herum. Olaf schaut ihm dabei wissbegierig über die Schulter und erhält gratis etliche gute Tipps. Das Ganze kostet ca. 100 Euro, da kann man nicht meckern.

Unsere Route von San Miguel nach La Palma

Guanajuato

Mittags rollen wir nach dem Essen wieder vom Hof. Die Landstraße führt uns über einige Hügel durch das weite, trockene Hochland, es gibt nur wenige Orte. Nach 100 Kilometern sind wir in Guanajuato. Die mit 184.000 Einwohnern relativ große Stadt wurde im 16 Jahrhundert wegen der reichen Gold- und Silbervorkommen gegründet. Ihre außergewöhnliche Lage an den sehr steilen Hängen eines engen Tales mit bunten, wie Bauklötze übereinander gestapelten Häusern, engen Gassen, prächtigen Kolonialbauen und schattigen Plazas zeichnen das UNESCO-Weltkulturerbe aus.

Unser Stellplatz in Guanajuato
Enge, steile Gassen überall in Guanajuato – hier die Zufahrt zu unserem Stellplatz

Bei der Kurverei durch die extrem schmalen und steilen Kopfsteingassen bergauf zu unserem Stellplatz sind wir heilfroh kein größeres Auto zu haben. Der Morill RV-Park ist eigentlich nicht mehr als ein kleiner Parkplatz im Garten neben dem Wohnhaus des Besitzers und bietet eine Handvoll Stellplätze sowie Toilette und eine wirklich heiße Dusche. Das ganz große Plus ist die tolle Aussicht auf einige Hügel der Altstadt. Auf dem ersten Blick wirkt das Durcheinander der bunten Häuser des Armenviertels sehr malerisch, bis man die Abfallhalden auf den Steilhängen zwischen den Gebäuden entdeckt.

Die dunklen Tunnel in der Altstadt sind Abkürzungen für Autos und Fußgänger gleichermaßen

Eine Besonderheit der Stadt sind die vielen Straßentunnel, die quer durch die Berghänge führen und auch für Fußgänger eine beliebte Abkürzung zwischen den steilen Gassen sind. Sogar der durch das Tal führende Fluss wurde komplett überbaut, anderenfalls wäre die Stadtgründung gar nicht möglich gewesen. In der Altstadt fallen die vielen prunkvollen Paläste, Theater und Kirchen auf. Dank des Silberabbaus war die Stadt unglaublich reich, den Preis dafür zahlten die indigenen Arbeiter, die in den Minen schuften mussten.

Straßenmusiker in der Altstadt von Guanajuato
Straßencafes in Guanajuato
Oase zum Ausruhen – eine der vielen Plazas in Guanajuato

Die Stadt ist samstags voller Musik und Menschen, jedoch im Gegensatz zu San Miguel fast ausschließlich Mexikaner. Es gibt viel zu sehen, u.a. eine sehr feine Hochzeitsgesellschaft mit Herren im silbergrauen Anzügen und Damen in knallroten Seidenkleidern, die Braut kann man zwischen den weißen Tüllschichten ihren Kleides kaum entdecken. In den Markthallen auf der anderen Straßenseite kann man, wie in den meisten Mercados, an einfachen Imbiss-Ständen gut und preiswert essen. Irgendetwas Vegetarisches findet man auch immer, aber jedes Gericht wird stets dick mit Käse bestreut. Olaf ist tapfer und kratzt die weißen Krümmel mit Todesverachtung von seinen Enchiladas. Und wer sitzt uns beim Essen direkt gegenüber? Die schicken Brautjungfern in ihren roten Kleidern!

Mittagessen im Mercado Central
Mercado Central in Guanajuato

Nachmittags steigen wir die zum Monumento a El Pipila hoch hinauf und genießen einen wunderbaren Panoramablick auf das Häusergewirr. Man kann auch per Standseilbahn fahren, doch wir gehen lieber durch die romantischen Gassen zu Fuß. Bis zum Abend sitzen wir dann unten in der Altstadt auf der Plaza gegenüber dem prächtigen Theater und lauschen der Mariachi-Musik, bevor wir den steilen Berg hinauf zum RV Park zurück klettern. Diese Stadt mit den steilen, engen Straßen ist ein Albtraum für Autofahrer, aber wie gemacht zum Umherbummeln, vorausgesetzt man hat eine gewisse Kondition.

Panoramablick vom Monumento a El Pipila
… wie viele bunte Bauklötze

Gudalajara

Rund 4 Stunden sind es über die Mautstraße bis Guadalajara, der zweitgrößten Stadt des Landes. Sonntags ist wenig Verkehr auf der Autobahn, dafür sind jetzt viele Radfahrer dort unterwegs. Sogar eine Art „Volksradeln“ in großen Gruppen wird veranstaltet. Kein Mensch stört sich daran, obwohl das auf der Autobahn natürlich offiziell verboten ist.

Kathedrale von Gudalajara

Gudalajara hat 1,3 Millionen Einwohner und ist ganz anders als die gemütlichen Kolonialstädte, die wir bisher besucht haben. Wie in der Hauptstadt wohnen auch hier die Ärmsten in Bretterverschlägen mit Wellblechdach oder unter Plastikplanen direkt an der Autobahn. Auch in der Innenstadt sehen wir viele Bettler und Obdachlose.

Alt und Neu nebeneinander – Alstadt von Gudalajara
Wohnhochhaus in der Altstadt von Gudalajara

Die City präsentiert sich als eine ziemlich moderne Großstadt. Im Centro Historico gibt es zwar zahlreiche prächtige alte Gebäude und eine gigantische Kathedrale, doch fehlt ein geschlossenes historisches Stadtbild. Dagegen dominieren klobige Betongebäude, oft in einem sehr verfallenen Zustand. Wir fühlen uns an die ex-sozialistischen Städte in Osteuropa erinnert. Nettes Flair haben dennoch die 1959 gebauten großen Markthallen San Juan de Dios mit vielen kleinen Lokalen und unzähligen Ständen, wo man einfach alles kaufen kann. Interessant auch die vielen Geschäfte, die prunkvolle Festtagskleidung für alle Altersstufen verkaufen. Sogar Babys werden so zu kleinen Prinzen und Prinzessinnen.

Im Hintergrund ein UNESCO-Welterbe – vorne Betonklötze aus den 1960ern
Fußgänger finden ihren eigenen Weg in der autogerechten Stadt

Irgendwann in den 1960er Jahren hat man die Altstadt umgekrempelt und ganze Straßenblöcke abgerissen. Für Stadt-und Verkehrsplaner ein echtes Gruselkabinett. Viel zu weite, betongepflasterte Plätze und Fußgängerzonen wurden auf einer erhöhten Ebene angelegt, darunter befinden sich Tiefgaragen und Straßenunterführungen mit häßlichen Rampen. Mit dem Bau der Metro sind die ursprünglichen Straßenquerschnitte verbreitert worden. Zur Querung der breiten Avenidas sind Fußgängerbrücken vorgesehen, die natürlich niemand benutzt. Hier lassen sich alle Bausünden einer autogerechten Stadt finden, die wir auch aus Deutschland kennen. Eine durchaus spannende Mischung, aber alles andere als schön.

Unser Stellplatz in Gudalajara

Wir übernachten für nur 130 Pesos, rund 7 Euro, auf einem bewachten Parkplatz mit einfachen und sauberen Toiletten im Viertel Colonia Americano. Die recht noble Gegend hat schöne Alleen mit edlen, alten Villen und vielen Lokalen, die zum Verweilen einladen. Unser Highlight in Guadalajara ist dann auch das Café Bistro Leonela in der Robles Gill, direkt um die Ecke von unserem Stellplatz. Hier gibt es guten Kaffee, köstliche und kalorienreiche Pan Dulce (Blättereigteilchen) und sehr gute vegetarische Enchiladas in feuriger Mole, einer Salsa mit viel Chili und einem Hauch Schokolade. Das Publikum ist schick, denn die Preise haben fast deutsches Niveau.

Teuchitlan

Rund 50 Kilometer von Guadalajara am Rand der Berge, nicht weit von Tequila, wo der berühmte Agavenschnaps destilliert wird, liegt der kleine Ort Teuchitlan inmitten von Agaven- und Zuckerrohrfeldern. Dort fahren wir montagabends zum Übernachten auf den leeren Campingplatz eines Schwimmbades. Es ist eine der landestypischen Anlagen: vor vielen Jahren aufwändig gebaut, dann sich selbst überlassen und nun nicht mehr benutzbar. Es gibt Rutschbahnen in mehrere Schwimmbecken, ein geschlossenes Lokal, viele vergammelte Grillplätze, Umkleidekabinen, Duschen und Toiletten – und leider kein Wasser. Vor den Toiletten stehen Regentonnen, aus denen man mit einem Eimer Wasser zum Abspülen schöpft. Aber wir verbringen eine ruhige Nacht, ausnahmsweise ohne permanentes Hundegebell.

Übernachtung im Schwimmbach von Teuchtitlan

Oberhalb von Teuchitlan befindet sich Guachimontones, unser eigentliches Ziel. Es ist eine der weltweit wenigen Ruinenstätten, deren Bauten in konzentrischen Kreisen errichtet wurden. Der Ort war im Zeitraum von 300 Jahren vor und nach Chr. besiedelt. Besonders beeindruckend ist die 18 Meter hohe, kreisrunde Stufenpyramide im Zentrum der Anlage. Wir sind am Morgen die ersten Besucher und können die friedvolle Stimmung auf dem Hügel mit weitem Blick über das Tal und den nahen Stausee in aller Ruhe genießen.

Konzentrische Ruinen von Guachimontones
Landschaft bei Guachimontones

Tapalpa

Mittags setzen wir unsere Fahrt fort. Statt über Highways geht es nun auf schmalen Landstraßen quer durch die Felder des weiten Altiplanos und dann hinauf in die Berge. Eine teilweise sehr steile und schmale Straße führt auf 2300 Meter hoch. Im dichten Pinienwald sollen sogar noch Pumas leben. Die Zona de Montaña mit ihrem kühlen Klima ist beliebtes Ausflugs- und Ferienziel.

Agavenfelder auf dem Weg in die Berge

Auf 2000 Metern Höhe liegt zwischen Wiesen das Bergforf Tapalpa mit vielen Hotels, Cabanas und Restaurants. Fast glauben wir in den Alpen zu sein. Weiße verputzte Häuser, die Satteldächer mit roten Ziegeln gedeckt, schön geschnitzte Holzbalkons und Arkaden, das sieht so ganz anders aus als die bisherigen Orte. Nur die baumbestandene Plaza zeigt uns eindeutig: Wir sind doch in Mexiko. Wir schlendern durch die Kopfsteingassen, genießen einen Kaffee auf der Terrasse an der Plaza und fahren dann zum Übernachten noch ein paar Kilometer weiter auf einer Schotterstraße bis zum Ausgangspunkt für die morgen geplante kleine Wanderung. Leider hat sich das Wetter verschlechtert, bei nur 16 Grad beginnt es zu regnen.

Gassen in Tapalpa
Plaza von Tapalpa

Morgens ist am nächsten Tag dann das Wetter wieder trocken, aber kühl. Zum Frühstück draußen ist die Daunenjacke gefragt. Rund eine Stunde geht es durch den duftenden Pinienwald auf einer Forststraße stetig bergauf bis zum Aussichtspunkt Piedra Bola. Mit Hilfe von Leiter und Seil können wir auf den runden Felsklotz klettern und den weiten Blick genießen.

Wanderung zum Aussichtspunkt Piedra Bola

Doch der Wind ist unangenehm kalt. Mittags sind wir wieder in der Stadt, um die Wetterprognose zu prüfen. Wir wollen eigentlich übermorgen den 100 Kilometer entfernten Vulkan Nevado de Colima besteigen und den kommenden Tag zum Akklimatisieren nutzen. Doch es ist für Freitag Dauerregen angesagt und auf dem 4.330 m hohen Vulkan sogar 50 cm Neuschnee mit Temperaturen sehr deutlich unter dem Gefrierpunkt. Da macht eine Bergtour in der Höhe wenig Sinn. Schweren Herzens entscheiden wir uns dafür, wieder hinunter ins Flachland zu fahren.

Die Fahrt zieht sich, am Abend rollen wir entlang der 50 Kilometer langen Laguna de Chapalpa, dem größten See des Landes. Dazu kommt, dass wir in einem Ort eine Stunde warten müssen, da wegen einer Fiesta sämtliche Straßen gesperrt sind. So ist es schon fast dunkel, als wir gegen 19.00 Uhr auf den Feldweg zu dem auf Ioverlander angezeigten Stellplatz abbiegen. Man sieht nicht viel und die letzten Kilometer auf dem schmalen, holprigen Wiesenweg sind daher etwas stressig. Dann finden wir noch vor dem geplanten Ziel einen sehr schönen Platz am Feldrand unter großen Bäumen in der Nähe des Sees.

Stellplatz unter einem prächtigen Baum bei La Palma

Uns gefällt es so gut, dass wir auch den gesamten nächsten Tag hier verbringen. Hier gibt es viele Vögel zu beobachten, besonders interessant die Kolibris, die wie Mini-Hubschrauber in der Luft stehen. Ab und zu kommt ein Bauer auf dem Weg zu seinem Feld vorbei und grüßt freundlich. Nachmittags steht lediglich ein Bummel durch den völlig untouristischen und nicht „ aufgehübschten“ Ort La Palma an. Am Abend beginnt es zu regnen.

Downtown La Palma
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