America, here we come – Ausbau unseres Reisemobils und Organisation der großen Tour

Nordamerika – für uns soll das der Start in das Abenteuer „Panamericana“ sein. Seit ungefähr 10 Monaten warten wir sehnsüchtig darauf. Und eigentlich wollten wir ja schon längst in der weiten Welt unterwegs sein und hatten Asien im Blick für unsere ganz große Tour. Auf dem Landweg in die Mongolei und dann irgendwie weiter…..

Doch dann kam 2020 Corona und das hat für uns, wie für so viele andere Fernwehkranke, einiges verändert. Unsere großen Pläne sind erst einmal zusammen geschrumpft zu einer Reise nach Island. Eine ideale Alternative in Pandemiezeiten, da wegen der restriktiven Einreisebestimmungen nur relativ wenige Reisende dorthin aufgebrochen sind. In einer normalen Sommersaison kann man das Land nicht mehr genussvoll erleben, zumindest nicht nach unseren Maßstäben. Zu groß sind mittlerweile die Touristenmassen, die Island regelrecht fluten. Doch so konnten wir drei Monate in Ruhe diese unglaubliche Insel bereisen und viele Gegenden erkunden, die wir bisher im Rahmen unserer Radtouren nicht kennen gelernt haben. Vor allem das wilde Hochland hat uns begeistert – zu Fuß und mit unserem treuen VW T6. Doch hier sind wir – wieder einmal – mit unserem Fahrzeug an Grenzen gestoßen. Trotz Vierradantrieb, Höherlegen und anderer technischer Umbauten sowie einer gewissen Portion Abenteuergeist haben wir uns an etliche Pisten und vor allem Furten doch nicht getraut, denn ein Bulli ist eben kein Geländewagen.

Und so langsam reift unterwegs dann der Gedanke, dass wir uns vielleicht doch ein anderes Reisefahrzeug zulegen sollten. Es sollte möglichst einfach, d.h. möglichst weitgehend ohne eine elektronische Ausstattung auskommen, und damit überall auf der Welt leicht reparierbar sein. Der VW T6 ist vollgestopft mit Elektronik, eingeschränkt auf eine Höhe von maximal 3000 Meter (bedingt durch den Dieselpartikelfilter). außerdem braucht er Diesel mit einem maximalen Schwefelgehalt von 10ppm, der in vielen interessanten Ländern kaum erhältlich ist und fährt nicht ohne AdBlue. Nach monatelangen Recherchen haben wir heraus gefunden, dass sich einige dieser Probleme durch Umbauten beheben lassen, aber dann verliert das Fahrzeug natürlich seine Zulassung und muss sofort Europa verlassen. Alle Maßnahmen erfordern eine Umprogrammierung des Bordcomputers und in den Foren wird dringend abgeraten, dies außerhalb von Deutschland machen zu lassen. Insbesondere die Höhenbegrenzung und der Schwefelgehalt sind so harte Nüsse, dass wir uns allmählich mit dem Gedanken an ein technisch simples Fahrzeug anfreunden. In Island treffen wir einige Fernreisende, die wegen Corona dorthin ausgewichen sind und können viele Fahrzeuge anschauen und Erfahrungsberichte hören. Die Riesengefährte mit mehr als 3,5 Tonnen scheiden wir aus Kostengründen und wegen der eingeschränkten Tauglichkeit auf schmalen Straßen aus. Entscheidend inspirieren uns dann die begeisterten Berichte zum Toyota Land Cruiser bis zum Model J7 als rollendes Zuhause. Der J78, das legendäre „Buschtaxi“, ist überall in der Welt im Einsatz, wo es auf Robustheit und Zuverlässigkeit ankommt.

Das Buschtaxi

Im Spätherbst 2020 bestellen wir schließlich einen nagelneuen Land Cruiser GRJ78 bei der Firma Extrem Fahrzeuge in Villingen, nach dem wir feststellen, dass für gebrauchte Fahrzeuge, die in einem einigermaßen vernünftigen Zustand sind, aberwitzige Preise verlangt werden. Für eine Zulassung des aus den Arabischen Emiraten importierten GRJ78 in Deutschland sind Anpassungen am Benzinmotor (Katalysatoren etc.) durch Extrem Fahrzeuge notwendig. Das ist u.a. der Grund für die Entscheidung zu Gunsten eines Benziners. Die Anpassung des Diesel HZJ78 an die europäischen Abgasnormen wäre noch aufwändiger und teurer geworden und wir gewinnen im Rahmen unserer Recherchen den Eindruck, dass inzwischen ein Benziner auf Fernreisen unproblematischer ist als ein Dieselmotor. Leider ist der Verbrauch des GRJ78 mit mindestens 14 Litern auf 100 Kilometern deutlich höher als beim HZJ.

Anlieferung unseres beigen Toyotas aus den Emiraten

Bis zum Frühsommer 2021 müssen wir uns aber noch gedulden, bis er endlich bei uns vor der Tür steht. Durch die COVID-Pandemie hatte sich die Containerverschiffung des Neuwagens aus den Emiraten um Monate verzögert. Nach einigen hundert Kilometern mit dem Wagen signalisieren Rückenschmerzen, dass die Originalsitze für in die Jahre gekommene Mitteleuropäer untauglich sind. Also kaufen wir neue Vordersitze von Scheelmann, Modell Traveller F. Die serienmäßig gelieferten Sitze waren schon auf der Fahrt von Villingen in den Odenwald eine Qual. Über die Sitze ziehen wir robuste Schonbezüge von Deltabags. Natürlich entfernen wir auch die originalen Längsbänke im Heck. Mit den vormontierten Wüstenreifen können wir nirgendwo fahren, also müssen noch neue Felgen und Reifen (BF Goodrich AT 235/85 R16 auf Toyota Stahlfelgen 6,5×16“ mit Spurplatten auf der Hinterachse) bei Extrem geordert werden.

Solarzellen und Dachluke auf dem Aufstelldach
Aufstelldach in Arbeit

Auch die beauftragten Ausbauarbeiten bei der Firma Custom Campers dauern wegen der Corona-Pandemie viel länger als geplant. Durch Custom Campers lassen wir folgende Ausbauten ergänzen:

  • Aufstelldach mit Luke zum Besteigen des Daches
  • 2 Solarmodule auf dem Dach mit je 80 Wp
  • Kederschienen auf 3 Seiten des Unterrahmens am Aufstelldach
  • Airline-Schienen an den Seiten unter den Fenstern und auf dem Dach
  • Sackmarkise von Fiamma
  • Heckmarkise
  • Standheizung‚ Eberspächer M2 Commercial B4L

Während das Buschtaxi also von Custom Campers vervollständigt wird, verkaufen wir unser Haus, ziehen um in eine kleine Wohnung im Odenwald und nutzen wir den Rest des Sommers für eine zweimonatige Abschiedstour mit unserem treuen VW T6 durch Skandinavien.

Custom Campers baut Aufstelldach, Zusatzheizung, Markisen und Airline-Schienen

Mitte Oktober 2021 steht das Auto dann wieder bei uns und wir glauben naiverweise in ca. drei Monaten mit dem restlichen Innenausbau fertig zu sein. Doch das Ganze erfordert wesentlich mehr Zeit und Arbeit als geplant. Zum einen liegt das an den nicht immer direkt verfügbaren Materialien, denn  – Corona sei Dank –  sind manche profanen Teile, wie Schrauben oder Holz, plötzlich Mangelware mit langen Lieferzeiten. Der wesentliche Faktor sind aber wohl unsere fehlenden Erfahrungen. Endlose Stunden verbringen wir, und vor allem Olaf, bereits mit der Planung und Recherche nach geeigneten Materialien. Und wenn man etwas zum ersten Mal macht, braucht man manchmal eben mehrere Anläufe, bis alles in etwa so realisiert ist, wie man es gerne hätte. So wird es Winter und kalt… und unsere winzige Wohnung mutiert zur Werkstatt. Was für ein Glück, dass wir eine große alte Scheune direkt neben dem Haus für die Sägearbeiten sowie als Lager nutzen können und auch nicht durch berufliche Verpflichtungen von den wirklich wichtigen Dingen im Leben abgehalten werden.

Auf das Dach kommen zusätzlich zu den Solarpanels noch eine große Alukiste und zwei Benzinkanister (je 20 Liter). Gut, dass wir vorsorglich eine Luke in das Aufstelldach als Zugang montieren ließen. Außen werden an die Seiten mit Hilfe der Airline-Schienen Sandbleche Maxtrax MKII montiert und drei Wasserkanister mit je 20 Litern.

Endlich ist die Bodenplatte montiert
Aufkleben der Latten in die Bodenwellen. Zwischen die Latten werden Armaflex und Alubutyl verklebt. Die Bodenplatte wird auf die Latten geschraubt.

Boden und Seitenwände werden innen mit Armaflex gegen Kälte und Alubutyl gegen Geräusche gedämmt. Als Boden verschrauben wir eine Multiplexplatte aus Birkenholz auf Latten aus Siebdruckplatten. Die Siebdrucklatten verkleben wir mit Sikaflex 252 auf den Metallboden des Fahrzeugs und vermeiden auf diese Weise Löcher im Metallboden des Wagens. Alles wahre Puzzle-Meisterwerke, die im Fahrzeug passgenau zugeschnitten werden, denn der Land Cruiser hat innen eine sehr individuell-geschwungene Form und praktisch keine rechten Winkel. Die originalen inneren Seitenverkleidungen mit ihren diversen Löchern, die wir nicht mehr brauchen, werden durch Presspappe ersetzt. Den Boden versiegeln wir mit Treppenstufenlack.

In dem Schrankelement verschwindet die Standheizung
Unsere Trockentoilette für den Notfall.

Auch die Möbel schreinern wir selber mit Multiplexplatten aus Birkenholz und streichen sie mit Holzöl, was eine angenehme Oberfläche ergibt. Die ziemlich verbreiteten und insbesondere bei gewerblichen Ausbauern beliebten Möbel aus einem Stecksystem mit viel Kunststoff und Metallrahmen gefallen uns nicht und scheinen uns auch nicht sehr belastbar und dauerhaft zu sein.

Der Hochschrank mit der Elektoinstallation macht die meiste Arbeit – und das alles im Wohnzimmer

In Fahrtrichtung rechts ordnen wir eine lange Sitzbank an, die auch zum Schlafen dient, und viel Stauraum unter den vier Klappen bietet. Hier ist auch am Heck eine Trockentrenntoilette für Notfälle untergebracht. Die Sitzpolster übernehmen wir aus unserem VW-Bus. Links montieren wir eine Schrankzeile, die sowohl von oben als auch teilweise von vorne zugänglich ist. Neben Stauraum für Ausrüstung ist hier auch die Technik für den Wohntrakt untergebracht:

  • Standheizung‚ Eberspächer M2 Commercial B4L
  • Lithium-Ionen-Bordbatterie mit 100 Ah
  • Steuergerät VBCS von Votronic für das Einspeisen von Landstrom, Laden der Bordbatterie über den Generator und die Solarzellen
  • Gasflaschen
  • zweiflammiger Gaskocher
  • Gasalarm
Die Schränke sind vollständig eingebaut. Während der Fahrt wird die hier querliegende Tischplatte senkrecht am Hochschrank befestigt. Sie kann auch die Liegefläche vergrößern. Die beiden optional als Sitze dienenden Holzplatten im Mittelgang werden hinter dem Beifahrersitz verstaut.

Auf Kühlschrank und Spülbecken verzichten wir bewusst. Beides hatten wir während keiner unserer Reisen in den letzten 40 Jahren und haben es auch nicht vermisst.

Ein Kühlschrank verbraucht relativ viel Strom und erfordert wieder mehr Solarkapazität. Als Vegetarier und Antialkoholiker haben wir auch kaum Bedarf zum Kühlen von Lebensmitteln. 

Stehhöhe entsteht durch das aufgestellte Dach im Innenraum.

Ein Spülbecken verbraucht in dem kleinen Wohntrakt relativ viel Platz und erfordert wieder Technik in Form einer Pumpe und von Schläuchen in Kombination mit einem fest eingebauten Wassertank. Viel einfacher sind da Wasserkanister. Außen am Fahrzeug transportieren wir 60 Liter in 3 Kanistern und drinnen haben wir einen kleinen Kanister mit 3 Litern zum täglichen Gebrauch. Bei gutem Wetter wird draußen gekocht und abgespült. Aber auch drinnen kommen wir sehr gut mit dem kleinen Kanister zurecht. Ein wichtiger Vorteil der Kanister ist, dass sie einfach zu säubern sind und im Falle eines Lecks nicht den Innenraum fluten. Einzelne Kanister können überall nachgefüllt werden, auch an sauberen Gewässern. mit einem fest eingebauten Tank geht das nicht.

An der Schrankfront und hinter den Vordersitzen sind zwei kurze und eine lange Holzplatte verstaut. Letzteres ist unser Ess- und Arbeitstisch, der quer über die Sitzbank und den Gang gelegt wird. In Kombination mit den beiden kurzen Holzplatten kann aber auch der gesamte Mittelgang abdeckt werden. Die entstehende Fläche bietet eine Schlafgelegenheit für zwei Personen unten im Fahrzeug, wenn wir einmal nicht das Aufstelldach ausfahren können.

Eine Konsole aus Holz über der Windschutzscheibe sowie Metallfächer an den Vordertüren und Sitzen sind unsere Ablage für Bücher und den Kleinkram unterwegs.

Als Schutz gegen Kälte, Hitze und neugierige Blicke kaufen wir Thermomatten von Blidimax, die mit Saugnäpfen an allen Scheiben angebracht werden können. Die Mückennetze für die Seitenfenster, Dachluke und Hecktür sind selbstgemacht. An Fenstern und Luke werden sie mit Klettband an der Filzverkleidung auf dem Fahrzeugblech befestigt. Für das Heck haben wir eine Insektenschutztür mit Magnetverschluss aus dem Baumarkt passgerecht zurecht geschnitten, die mit starken Mini-Neodym-Magneten von innen an der Karosserie haftet. Bequeme Klappstühle und ein kleiner Campingtisch, alles mit minimalem Packmaß, für den Aufenthalt im Freien sind natürlich auch an Bord.

Es fehlt noch die Blende vor der Lithium-Ionenbatterie.

Nach ungefähr fünf Monaten ist der Land Cruiser dann endlich bereit für seine Jungfernfahrt. Eine Rundtour durch Südfrankreich und Italien im Februar 2022 mit Eis und Schnee ergibt noch einiges Optimierungspotenzial.

Während der ersten Probetour erweist sich aber das Laden über die Solarzellen mit dem VBCS als sehr unzweckmäßig bzw. funktioniert nicht. Es stellte sich unterwegs nach intensiver Fehleranalyse heraus, dass bei Sonnenlicht die Batterie nicht über den Generator des Fahrzeugs aufgeladen wird. Hierzu ein kleiner Exkurs von Olaf:

Die von den beiden Solarpanels kommende Spannung ist zu hoch für das VBCS, wenn die Panels in Reihe geschaltet sind. Im Rahmen einer längeren Recherche stellt sich heraus, dass die Spannung von den Solarpanels laut Votronic maximal 36 Volt betragen darf. Custom Campers hat die beiden Panels in Reihe geschaltet, daher die von mir gemessene hohe Spannung von ca. 50 Volt. Mit nur einem angeschlossenen Panel arbeitet das VBCS einwandfrei – es lädt die Bordbatterie über Solar und parallel über den Anlasser.

Es gibt nun zwei Optionen:

1. Die beiden Panels parallel schalten und dadurch die Spannung unter 36 Volt drücken. Dazu reicht die Verkabelung von Custom Campers im Dach nicht. Ich müsste sie bis hinunter zum VBCS neu machen und die Verkleidung der Hohlräume erneut entfernen, wenn ich es ordentlich haben möchte. Aumot empfiehlt die Reihenschaltung von Solarpanels, da sie einen besseren Energieertrag  im Falle einer teilweisen Verschattung der Panels ergibt (siehe Erläuterung von Aumot). Votronic hat mir im Rahmen eines Telefongesprächs natürlich die Parallelschaltung als bessere Lösung empfohlen.

2. Einen separaten MPPT-Regler anschließen, der mit höheren Spannungen arbeiten kann.

Für die zweite  Option habe ich mich schließlich entschieden und das von Aumot empfohlene MPPT 75/15 von Victron energy eingebaut. Das Gerät soll sehr robust sein und hat keinen Lüfter. Es arbeitet bis 75 Volt Solarspannung. Mit dem separaten Regler habe ich nun etwas Redundanz, falls eines der Geräte ausfällt. Notfalls kann ich ja auch den im VBCS eingebauten Regler mit einem Solarmodul verwenden.

Beim Fahrtraining wird der Kipppunkt der Fahrzeuge ermittelt. Leider war zu diesem Zeitpunkt der Innenausbau noch nicht fertig, daher hat sich der Schwerpunkt noch nach oben verschoben.

Außerdem lassen wir die originalen Federn und Dämpfer von Toyota durch eine Kombination von KONI-Dämpfern und Blattfedern von OME austauschen. Weitere große Mängel finden wir zum Glück nicht in unserem Ausbau.

Wirklich fertig war das Gesamtkunstwerk dann erst Mitte April 2022.

Im ausgebauten, vollgetankten Leerzustand wiegt unser GRJ78 exakt 2700 Kilogramm, bleiben noch 800 Kilogramm Zuladung inkl. unseres Gewichtes, des Trinkwassers und des Benzins in den Reservekanistern. Damit sollten wir gut zurecht kommen.

Olaf absolviert während der Umbauzeit noch ein Geländefahrtraining und einen Schrauberkurs. Jetzt kann eigentlich nichts mehr schiefgehen…

Reiseziel – Amerika von Nord nach Süd

Nachdem Asien für uns zunächst verschlossen ist, haben wir uns für die amerikanischen Kontinente als Start unserer Tour entschieden. Wir wollen in Kanada beginnen, nach Alaska hinauf und uns dann nach Süden „treiben“ lassen. Die legendäre Panamericana ist hierbei eher Orientierungspunkt als eine fixe Vorgabe, denn natürlich gibt es rechts und links davon jede Menge interessante Ecken zu entdecken. Das unglaubliche Privileg der für uns unbegrenzten Reisedauer ist uns sehr bewusst.

Zur Reiseplanung haben wir bisher nur für Kanada und Alaska eine ungefähre Route ausgesucht mit Zielen und Strecken, die uns grundsätzlich interessieren würden. Der genaue Verlauf der Tour ist offen. Anders kann es eigentlich gar nicht sein, denn Lust und Laune und nicht zuletzt das Wetter werden alles weitere bestimmen.

Startpunkt ist Halifax an der Ostküste Kanadas. Von dort sind zunächst über 5000 Kilometer bis in den Westen des Landes zu überwinden – die für uns Europäer unvorstellbaren Dimensionen des Landes erschlagen uns immer wieder. Entlang der Rocky Mountains geht es in den Norden nach Alaska und dann an der Westküste wieder nach Süden. Wir hoffen, dass wir zu Beginn des kanadischen Winters in der Region Vancouver ankommen werden. Dann steht erst einmal unsere „Winterpause“ an mit Familienbesuch und Weihnachtsfeier. Während unseres Aufenthalts in Deutshcland belibt der Toyota in Amerika. Anschließend soll es dann weiter durch den Westen der USA nach Mexiko gehen. Hier haben wir noch keine genaueren Vorstellungen über eine ungefähre Route.

Auf jeden Fall lernen wir aber schon einmal fleißig Spanisch, denn natürlich wollen wir auch Mittel- und Südamerika erkunden. Das in ganz weiter Ferne liegende Ziel ist dann Feuerland. Wir sind sehr gespannt, was die Zukunft bringen wird.

Unsere ungefähre Route für Kanada und Alaska

Reiseorganisation

Doch bevor es dann richtig losgehen kann, gibt es noch eine Menge zu organisieren.

Wir lassen uns jeder einen zweiten Reisepass ausstellen, damit Platz genug für die zahlreichen zu erwartenden Ein- und Ausreisestempel ist. Die Wartezeiten im Einwohnermeldeamt sind aberwitzig, wegen Corona ist Publikumsverkehr sowieso nur nach Anmeldung möglich. Man belehrt uns dann, dass ein zweiter Reisepass eigentlich gar nicht und wenn überhaupt nur in schriftlich begründeten Ausnahmefällen ausgestellt werden kann. Also schreiben wir eine Seite und bekommen damit die Pässe ohne Probleme genehmigt.

Olaf benötigt noch ein Visum für die USA. Da wegen Corona die Einreise bis November 2021 gar nicht möglich und auch die diplomatischen Vertretungen für Publikumsverkehr geschlossen sind, ist es schwierig, einen Termin im Konsulat in Frankfurt zu ergattern. Nach mehr als 3 Monaten Wartezeit ist endlich das obligatorische Interview in wenigen Minuten erledigt. Das ETA für Kanada erhalten wir bequem und rasch per Internet.

Für die Verschiffung von Hamburg nach Halifax entscheiden wir uns nach systematischem Vergleich verschiedener Anbieter für Caravan Shipper aus Hamburg, der ein sehr transparentes Angebot zu den Gesamtkosten abgegeben und uns sehr ausführlich per Telefon beraten hat. Die Grundkosten des Transports werden zu einheitlichen Tarifen immer nach Volumen des Fahrzeugs berechnet, dazu kommen noch diverse Gebühren und Steuern, so dass die Preise sich je nach Anbieter im wesentlichen in für uns nicht notwendigen Zusatzleistungen unterscheiden.

Dachbox und Benzinkanister auf dem Dach fördern den Benzinverbrauch

Ziemlich aufwändig ist die Suche nach einer Agentur für die vorgeschriebene und in Nordamerika ziemlich teure Kfz-Haftpflichtversicherung. Fahrzeuge mit europäischen Kennzeichen werden dort nur noch von zwei Versicherungen versichert und auch nur dann, wenn es sich um Wohnmobile handelt. Thum Insurance Agency bietet nur eine kombinierte Haftplicht und Vollkasko an und das auch nur wahlweise für sechs Monate oder ein Jahr. Einen konkreten Preis für die zu erwartende sehr hohe Prämie bekommt man erst nach dem Ausfüllen eines ellenlangen Antrags mit Details über uns, zum Fahrzeug, der Reiseroute, den geplanten Kilometern etc. Außerdem sollen wir noch mit Fotos belegen, dass unser umgebauter Toyota ein „Wohnmobil“ ist. Nach amerikanischen Maßstäben gehören dazu ein Badezimmer, ein Schlafzimmer und eine Küche – da sind wir wohl zu spartansich unterwegs. Wir haben jedenfalls nach Einreichen der Unterlagen nie wieder von Thum etwas gehört. Die einzige Alternative ist für uns also die mexikanische Versicherung SeguroGringo. Hier schließen wir ganz einfach, ohne Bürokratie und Fotoshooting, innerhalb von 10 Minuten online für stolze 504 US-Dollar eine dreimonatige Haftpflichtversicherung ab mit den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestdeckungskosten.

Ein spezielles Kapitel betrifft aber auch die Kfz-Haftpflicht in Deutschland. Außerhalb von Europa greift sie ja nicht mehr. Abmelden können wir sie jedoch nur, wenn wir das Fahrzeug auch bei der Zulassungsstelle abmelden, was wir nach vielen dringenden Empfehlungen im Netz tunlichst vermeiden wollen, um Probleme bei der Wiedereinführung des Wagens zu vermeiden. In den Foren heißt es, wenn man nachweisen kann, dass der Wagen Europa verlassen hat, kann die Versicherung ruhend gestellt werden. Viele Versicherer stellen sich da jedoch quer und unsere HUK macht auch nicht mit. Immerhin können wir ohne Kündigungsfrist die Kaskoversicherung kündigen.

Start – Hamburger Hafen

Die Fahrt mit dem Roro-Schiff von Hamburg über den Atlantik nach Halifax dauert nach Fahrplan 14 Tage. Zwischendurch werden noch die Häfen in Antwerpen und Liverpool angefahren. Im Zeitraum von 10 bis 3 Tagen vor Abfahrt des Schiffes kann das Fahrzeug in Hamburg im Hafen abgegeben und am zweiten Tag nach der Ankunft in Halifax, wenn das Schiff den Hafen wieder verlassen hat, wieder in Empfang genommen werden.

Wir hatten die Überfahrt für den 02.06. gebucht, am 14.6. sollte das Schiff also in Halifax sein. Anfang Mai wurde uns mitgeteilt, dass sich die Abfahrt verschiebt. Datum zunächst nicht bekannt. Wegen der Pandemie und der teilweise geschlossenen Häfen in China sind die Frachtschifffahrtpläne noch immer durcheinander. Zwei Wochen später stand dann der 10.06. als Abfahrt in Hamburg fest. Wir buchen daraufhin auch unseren Flug auf dem 23.6. um.

Es wird also endlich ernst mit unserer Abreise. Doch zuvor müssen wir schier endlose Packlisten abarbeiten. Hinsichtlich Kleidung und Küchenutensilien sind wir, wie gewohnt, eher minimalistisch unterwegs. Aber es ist schon erstaunlich, wie viele „Kleinigkeiten“ für unseren Toyota mitgenommen werden müssen, angefangen von den Schneeketten bis hin zu winzigen Ersatzsicherungen. Noch verwunderlicher ist, dass alles in den Schränken und Kisten irgendwo Platz hat. Und damit wir auch wirklich das kleinste Ersatzteil wiederfinden, muss in den Ausrüstungslisten genauestens der jeweilige Stauraum vermerkt werden – also Lagerlogisitk in fast absoluter Perfektion.

Unser Fluggepäck fällt dagegen leicht und kompakt aus. Doch wohlweislich verstauen wir unsere für Mehrtageswanderungen vorgesehene Ausrüstung (Zelt, Schlafsäcke, Kocher etc. ) nicht im Auto, sondern nehmen sie mit ins Flugzeug. Eine gute Entscheidung, denn wir werden länger als gedacht in Halifax auf unser Auto warten müssen und können so auf dem Campingplatz statt in einem der teuren Stadthotels übernachten.

Am 03.06. stehen wir also im Hamburger Hafen am Terminal O‘ Swaldkai, um Abschied von unserem noch immer namenlosen Land Cruiser zu nehmen. Olaf muss alleine den Wagen zum Abstellplatz am Kai fahren, Zutritt ist nur für Fahrer und Personal erlaubt. Aber der sehr nette Eigentümer von Caravan Shipper ist ebenfalls vor Ort, um uns zu betreuen. Toller Service. Wir machen uns noch ein paar schöne Tage in Hamburg und fahren mit dem Zug nach Hause.

Die Atlantic Sail bringt unseren Toyo von Hamburg nach Halifax

Die Abfahrt des Schiffes Atlantic Sail verzögert sich dann nochmals um weitere drei Tage. Täglich verfolgen wir per Internet den aktuellen Standort des Frachtschiffes. Nach den Aufenthalten in Antwerpen und Liverpool nimmt es am 21.6. dann endlich Kurs auf den Atlantik. Next stop: Halifax, 28.6.

Also noch ein weiterer Tag Verspätung. Wenn uns jetzt nicht, wie vor 110 Jahren der Titanic, noch ein Eisberg in die Quere kommt, müssten wir unseren Toyo am 30.6. endlich wiedersehen.

 

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert