Unsere Reise durch Kanada und Alaska im letzten Jahr endete in Seattle. Dort haben wir unseren Toyota in der Obhut von Jean und Gary in Snohomish gelassen, ca. 30 Kilometer von Seattle entfernt, und kehrten nach Deutschland zurück. Nun ist unsere lange Winterpause endlich vorbei.
Am 2.März fliegen wir von Frankfurt nach Seattle. Mit etwas Bauchkribbeln passieren wir die Zollkontrolle, da wir ja im Oktober unseren Toyota vielleicht nicht ganz legal hier abgestellt hatten. Eigentlich muss das Auto bei der Ausreise des Fahrzeughalters ebenfalls das Land verlassen. Viele Overlander ignorieren jedoch diese Vorschrift und auch wir kommen ohne Probleme durch die Kontrolle und erhalten wieder die maximale Aufenthaltsdauer von 180 Tagen. Nach unserem Auto fragt kein Mensch. Entweder funktioniert der Datenaustausch zwischen Kanada , wo der Wagen ja bei der Einreise registriert wurde, und den USA nicht oder es interessiert einfach niemanden. Unsere ganzen Sorgen im Vorfeld waren also überflüssig, gut so. Auch verzichten wir auf den Abschluss einer Haftpflichtversicherung, die sehr teuer ist und so gut wie keine Schadensdeckung hat.
Master Yoda hat den Winter gut in Snohomish verbracht. Und Gary holt uns natürlich auch vom Flughafen ab und wir werden wieder zum Übernachten in ihr Haus eingeladen. Die Gastfreundschaft der beiden ist einfach wunderbar. Abends gehen wir gemeinsam in ein mexikanisches Lokal, an die kulinarischen Genüsse der US-Küche müssen wir uns jedoch erst wieder gewöhnen.
Am nächsten Morgen wird Master Yoda startklar gemacht, die Technik funktioniert einwandfrei. Gary hat wirklich perfekt für ihn gesorgt. Nach dem Abschied von unseren Freunden geht es zum Einkaufen und am frühen Nachmittag rollen wir endlich auf die Autobahn Richtung Süden. Allerdings kommen wir im dichten Berufsverkehr bei Dauerregen und ungemütlichen Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt nur im Schritttempo vorwärts, bis wir nach 120 Kilometern endlich den Ballungsraum von Seattle verlassen haben. Die neun Stunden Zeitverschiebung gegenüber der deutschen Zeit machen uns noch zu schaffen. Ziemlich müde landen wir schließlich beim Ort Olympia unmittelbar neben der Autobahn auf dem gigantischen Parkplatz des Jagdausstatters Cabella’s. Kein idyllischer oder ruhiger, aber doch ein sehr praktischer Übernachtungsplatz.
Viel Regen begleitet uns auch am nächsten Tag auf unserer Fahrt zur Pazifikküste. Leider sehen wir nicht das geringste von den über 4000 Metern hohen Vulkanen Mt. Rainier oder Mt. St. Helens, die Wolken hängen praktisch auf Höhe Null. Selbst in den Tälern liegt noch etwas Schnee.
Kurz vor Aberdeen verlassen wir die Autobahn und erreichen den Highway 101, dem wir nun nach Süden folgen. Durch hügelige Wälder gelangen wir schließlich an den breiten Mündungsarm des Columbia River und damit in den Bundesstaat Oregon. Endlich sind wir am Pazifik. Die dick bemoosten Regenwälder des Küstengebirges machen ihrem Namen alle Ehre. Weite Sandstrände, Sumpfgebiete und urwaldartige Wälder wechseln einander ab, eine schöne Strecke.
Bei Tillamoock zweigen wir auf eine kleinere Straße zum Meer ab, die Three Cape Scenic Route führt uns durch phantastischen Wald mit uralten Sitkafichten hoch hinauf zum Cap Meares, wo wir übernachten.
Nach einer frostigen Nacht mit nur 4 Grad am nächsten Morgen im Bus starten wir einen Spaziergang zur größten Sitkafichte Oregons und zum Leuchtturm auf der Klippe des Caps. Endlich scheint sogar zeitweise die Sonne, so dass wir die herrliche Steilküste genießen können. Oregons wilde Pazifikküste ist wirklich wunderbar. Im winzigen Ferienort Oceanside wandern wir am felsigen Strand entlang, durch einen Tunnel quert man eine Klippe und steht unmittelbar vor der an die Felsen tosenden Brandung. Eine spektakuläre Aussicht auf die Küste bietet sich vom Cape Kiwanda. Bewaldete Steilküste wechselt sich mit weiten Sandbuchten und Lagunen ab. Hier reihen sich ein uniformer Ferienort mit den üblichen Motels und Hotelketten, Fast Food Tempeln und Einkaufszentren an den nächsten. Im Sommer wird hier viel Betrieb sein.
Oceanside
Entlang des Highway 101 sind herrliche Aussichtspunkte wie an einer Perlenkette aneinandergereiht, leider ist fast überall das Übernachten verboten. An der einspurigen Otter Creek Road finden wir jedoch einen Platz mit Premiumblick auf das 100 Meter unter uns liegende Meer und die tosende Brandung.
Das Wetter bleibt ungemütlich nasskalt mit viel Regen und 4 Grad. Wenigstens können wir eine Wanderung hinauf auf das 240 Meter hohe Cape Perpetua und die herrliche Aussicht einigermaßen trocken genießen. Genauso wie die wilde Felsenküste begeistern uns die bizarren, mit Moosen und langen Flechten überzogenen Baumriesen des Regenwaldes, in dem wir übernachten. Der Wald trieft vor Nässe, vereinzelt liegt noch Schnee. Dieser Abschnitt des Highway 101 ist trotz des suboptimalen Wetters einfach phantastisch.
Mit einen Strandspaziergang am Morgen fängt der Tag trotz Nieselregen gut an. Ein weiterer schöner Stopp ist das oberhalb einer von Felsen umschlossenen Bucht gelegene alte Heceta Lighthouse. Bevor Ende des 19. Jahrhunderts eine Straße mit vielen Brücken entlang der Küste gebaut wurde, mussten die Kutschen den gefährlichen Weg bei Ebbe entlang der Strände nehmen.
Wenig später endet die Steilküste und es geht hinunter zu den Oregon Dunes. Dieser ca. 60 Kilometer lange Streifen von bis zu 150 Meter hohen Dünen ist der Spielplatz für ATV und Sandbuggy, die manche Amis so sehr lieben. Auch wir wollen unserem Master Yoda etwas off road Spaß gönnen und eine kleine Runde am Strand drehen. Da kommen Erinnerungen an ewig zurückliegende Reisetage in Marokko zurück, als wir uns mit unserem VW Golf bei dieser Gelegenheit fürchterlich im Sand eingegraben haben. Aber jetzt haben wir ja unseren Landcruiser, da passiert so etwas nicht.
Olaf verzichtet sogar darauf etwas Luft aus dem Reifen zu lassen, um nachher im Regen nicht mit dem Kompressor hantieren zu müssen. Ja, man ahnt es schon. In kürzester Zeit wühlt sich Master Yoda bis zu den Achsen in den weichen Sand ein. Mit Schaufel und Sandblechen dürfen wir ihn wieder mühsam befreien. Und das alles im strömenden Regen. Wie blöd kann man auch sein … aber wenigstens sind jetzt die Sandbleche eingeweiht worden.
Im weiteren Verlauf ist die Strecke auf dem Highway 101 nicht mehr sonderlich spannend. Daher machen wir noch eine Rundfahrt über den Scenic Highway 540 zum Cape Argo State Park mit seinen Seelöwenkolonien. Ein heftiger Hagelsturm jagt uns aber rasch wieder ins Auto. Am Abend stehen wir an einem herrlichen einsamen Strand mit dem schönen Namen Whiskey Run zum Übernachten.
Die ganze Nacht regnet es ausgiebig und auch der nächste Tag ist verregnet, kalt und stürmisch. So können wir die letzten 50 Meilen in Oregon gar nicht wirklich genießen. Hinter Port Orford windet sich der Highway 101 wieder an einer wilden Steilküste entlang mit sandigen Buchten und tollen Felsformationen. Alle paar Kilometer lockt ein Aussichtspunkt. Wir sind immer froh, wenn wir gerade einmal eine Regenpause erwischen. Am späten Nachmittag erreichen wir die Grenze nach Kalifornien, die wirklich mit einem Grenzübergang ausgestattet ist. Hier wird kontrolliert, ob man verbotenerweise Früchte oder Gemüse einführt.
Am Jedediah Smith Redwoods State Park übernachten wir oberhalb des Smith River am Rand einer Forststraße. Es ist ungemütlich kalt, die Berge ringsum sind noch verschneit.