Burgwaldpfad

Von Marburg nach Frankenberg durch den Burgwald

Wieder wird es Zeit für eine „kleine Flucht“ in die Natur. Auch wenn es die letzten zwei Wochen fast täglich heftige Gewitter und Wolkenbrüche gab, Dreamwalker und ich wollen wenigstens für zwei Tage einmal wieder richtig draußen sein. Dazu gehört auch unbedingt ein Biwak im Wald, denn es gibt für uns nichts Schöneres als draußen zu übernachten – am besten unter freiem Himmel. Wegen des unsicheren Wetters haben wir aber dann doch ein Zelt mitgenommen.

Wegweiser des Burgwaldpfades

Der ca. 50 km lange Burgwaldpfad führt von Marburg nach Frankenberg über Mittelhessens sanfte Höhen. Er wartet nicht mit spektakulärer Landschaft oder grandiosen Fernblicken auf, sein großes Plus sind die Abgeschiedenheit und Ruhe in wunderbaren, uralten Buchenwäldern. Während der gesamten Tour treffen wir abseits der wenigen Orte keinen einzigen Menschen und hören nur die Geräusche des Waldes – den Ruf des Kuckucks, das geschäftige Klopfen eines Buntspechts und das Rauschen der Blätter. Außerdem laufen wir fast rund zwei Drittel der Strecke auf Naturwegen oder schmalen Pfaden mit weichem Waldboden – die üblichen breiten Forststraßen oder gar Asphalt sind die ganz große Ausnahme. Das ist einfach herrlich.

Tag 1: Marburg – Wetterköpfe (30 km)

Mit dem Zug ist unser Ausgangsort, die Universitätsstadt Marburg, gut zu erreichen und vom Bahnhof sind es nur knapp 1,5 Kilometer zur idyllischen Altstadt. Dieser Katzensprung ist allerdings verbunden mit den ersten spürbaren Höhenmetern der Wanderung, denn natürlich thronen die schönen Fachwerkhäuser auf einem Hügel hoch oberhalb der Lahn. Nach einer Runde durch die noch sonntäglich verschlafenen Gassen spazieren wir wieder hinunter zur Elisabethkirche, wo der Burgwaldpfad beginnt. Die gesamte Route ist als Premiumwanderweg wirklich so vorbildlich beschildert, dass es auch ohne Karte und Navi praktisch unmöglich ist sich zu verlaufen. Wer möchte, kann sich dennoch die GPX-Daten hier herunterladen.

Steiler Auftakt in Marburg

Gegen 11.00 Uhr starten wir also offiziell unsere Wanderung an der sehr sehenswerten gotischen Kirche aus dem 13. Jahrhundert, die über der Grabstätte der Heiligen Elisabeth von Thüringen errichtet wurde und ein bekanntes Wallfahrtziel ist. Über eine schmale Gasse bringt uns der Burgwaldpfad direkt steil hinauf zum Pilgerfriedhof und dahinter beginnt schon der Wald. Noch dringt Straßenlärm aus dem Lahntal zu uns herauf, aber nach nur wenigen hundert Metern umgibt uns nur noch Vogelgezwitscher. Nach dem Regen vom Vortag riecht der Waldboden intensiv feucht. Viele Schnecken sind mit uns unterwegs, doch wir überholen sie alle! Wie auf einem Teppich läuft es sich über das federnde Laub. Manchmal durchwaten oder umgehen wir aber auch größere Matschstellen. Kein Wunder, nach den täglichen Platzregen der letzten Woche.

Auf den ersten zwei Kilometern müssen wir 150 Höhenmeter hinauf zum Wannkopf bewältigen, aber das ist dann aber auch schon eine der „heftigsten“ Steigungen der sehr bequemen Wanderung. Der Pfad streift den sehr schön gelegenen Ort Wehrda mit weitem Blick über die Höhen des Lahntals. Mehrwürdige Fremdkörper sind allerdings die beiden Hochhäuser unmittelbar neben den beschaulichen Einfamilienhäusern, in allerbester Waldrandlage. Vor 50 Jahren waren solche Betonklötze noch der Inbegriff von moderner Wohnqualität und wahrscheinlich sollte Wehrda auch durch eine „Satellitenstadt“  beglückt werden.

Wir laufen fast nur auf schmalen Pfaden
Aber auch die Forstwege verwöhnen uns mit weichem Waldboden

Sanft geht es danach bergab durch schönen Wald und Äcker hinunter zur Lahn. Im  Dorf Sarnau fallen uns einige hübsche Fachwerkhöfe auf und die Route läuft direkt am Friedhof vorbei, wo wir unsere Trinkflaschen nachfüllen. Friedhöfe sind auf unseren Touren stets zuverlässige Wasserquellen und obwohl natürlich an den Zapfstellen immer ein Schild „kein Trinkwasser“ steht, haben wir nie Bedenken uns zu bedienen. Mit dem regelmäßigem Auftanken unserer jeweils 1 Liter und 0,5 l PET-Flaschen pro Person kommen wir auf der Wanderung gut über die Runden.

Blühende Sommerwiesen

Wunderschön sind die blühenden Wiesen, durch die wir nun wandern. Das Gras steht fast hüfthoch auf dem Pfad, es ist noch immer feucht vom Regen und duftet würzig. Klatschmohn leuchtet mit Kornblumen um die Wette, Schwalben segeln elegant mit Kiwitt-Rufen durch die Luft – ein richtiger Sommertag, und das, obwohl der Himmel milchig-grau ist und die Sonne sich nicht blicken läßt. Zur Entschädigung dafür werden wir mit angenehmen Temperaturen um die 20 Grad C verwöhnt, genau richtig zum Wandern. Es tut unendlich gut wieder zu laufen – nirgendwo fühlen wir uns freier, als wenn wir mit Rucksack zu Fuß unterwegs sind, auch wenn es nur für zwei Tage ist.

An der Lahn
Orchideen am Lahnufer

Nun geht es für ca. 2 Kilometer sehr schön entlang der Lahn. Insgeheim hatten wir schon eine breite, wohl möglich gar geteerten Uferstraße befürchtet. Doch der Burgwaldpfad bleibt sich treu und führt uns über einen idyllischen Saumpfad. Weidenzweige hängen träge im Wasser des schmalen Flusses, Schmetterlinge und Bienen summen von Blüte zu Blüte, neben roten und weißen Mohn entdecken wir sogar einige Orchideen. Etwas abenteuerlich unterqueren wir dann die rostigen Schienen der Oberen Lahntalbahn an der Rampe einer alten Eisenbahnbrücke. Danach geht es nach Norden, doch nicht wie laut GPX-Track angegeben am Ufer des Baches Wetschaft, sondern über einen Feldweg bis zur alten Bundesstraße B62. Grund ist der Neubau der Bundesstraße inclusive Brücke, die Umleitung ist jedoch gut ausgeschildert. Kurz vor Göttingen (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Stadt in Niedersachsen) erreichen wir an der alten B62 wieder den eigentlichen Burgwaldpfad.

Eine etwas urige Unterführung der Bahnstrecke

Um rund 100 Höhenmeter wandern wir schließlich wieder sanft bergauf. Jetzt erst haben wir den eigentlichen Burgwald erreicht, eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands. Mächtige Buchen und knorrige Eichenriesen lassen uns staunen, das dichte Laubdach und die dick bemoosten Baumstämme schaffen eine wahrhaft märchenhafte Atmosphäre. Ja, hier ist  bestimmt Rotkäppchen auf dem Weg zur Großmutter dem bösen Wolf begegnet.

Knorrige Baumveteranen am Wegrand

Wir verlassen den Waldrand und streifen das Dorf Unterrosphe, dem nach 3,5 Kilometern Weg natürlich unweigerlich Oberrosphe folgt. Im ältesten Burgwälder Dorf kann der Wanderer in einem prächtigem Fachwerkhaus direkt am Wanderweg das Dorfmuseum besuchen, bevor er zum Aussichtspunkt „Am Rienert“ aufsteigt. Von hier reicht der Blick weit über die umliegenden Höhen. Wie immer tauchen die besten Rastplätze zu spät auf. Wir haben eben erst im Oberrosphe eine ausgiebige Mittagspause gemacht, daher bleiben die bequemen „Liegebänke“ unbenutzt. 

Oberrosphe

Bald können wir einen ersten Blick auf den Ort Mellnau und seine Burgruine werfen. Sehr angenehm verläuft der Weg dorthin entlang des Waldrandes mit schönen Ausblicken, vor allem auf das romantisch-einsam gelegene Forsthaus Mellnau. An der nahegelegenen Schutzhütte mit Wanderparkplatz plätschert klares Wasser aus einer steingefaßten Quelle. Auch wenn ein großes Schild warnt „kein Trinkwasser“, es hat uns nicht geschadet. Und als wäre dies nicht Luxus genug – am Wanderparkplatz vor dem Ortseingang Mellnau befindet sich kursioserweise ein WLAN-Hotspot, wenn auch nur mit minimalen Empfang! Dies ist bestimmt die geheime Pilgerstätte für die Gäste des nahen Jugendferienlagers, dessen Zeltplatz wir später hinter dem Ort passieren.

Mellnau ist für uns der schönste Ort auf der gesamten Tour. Schnuckelige Fachwerkhäuser – gepflegt, aber nicht touristisch verkitscht oder durch „moderne“ Anbauten verunstaltet – ein wahres Dorfidyll. Unbedingt sollte man einen Abstecher hinauf zur Burg machen, auch wenn diese zurzeit wegen Mauerschäden geschlossen ist. Von hier hat man einen herrlichem Blick ganz weit über das Land.

Burg Mellnau

Weiter wandern wir es sehr schön am Waldrand entlang, dann geht der Burgwaldsteig um bequeme 50 Höhenmeter kaum spürbar durch dichten Wald bergauf, bis unser Pfad auf einen breiten Forstweg einmündet. Ein großes Schild zeigt uns, dass wir die Wetterköpfe und damit unser Tagesziel erreicht haben. Inklusive unseres Abstechers durch die Marburger Altstadt haben wir heute 30 Kilometer zurück gelegt und lassen es damit gut sein. Etwas Strecke muss ja für morgen noch übrig bleiben. Kurz vor der Wegeinmündung finden wir etwas abseits gute Zeltplätze, die vom Pfad aus nicht einsehbar sind. Im weichen Laubboden halten zwar die Heringe nicht gut, aber er bietet uns einen äußerst komfortablen Untergrund zum Schlafen. Abends sitzen wir nach dem Essen noch lange vor dem Zelt. Nur sehr zögernd wird es jetzt Mitte Juni dunkel, eine sehr schöne und friedliche Stimmung.

Tag 2: Wetterköpfe – Frankenberg (24 km)

Der grau verhangene Himmel läßt uns gar nicht richtig wach werden, unter dem dichten Laubdach bleibt es dämmrig-trüb. Entgegen unserer Gewohnheit stehen wir erst kurz vor 8.00 Uhr auf. Dreamwalker wird aber schlagartig hellwach, als sie beim Aufstehen in hautnahen Kontakt zu einer glitschigen Nacktschnecke kommt, die es sich in ihrem Schuh gemütlich gemacht hatte. Überall auf dem feuchten Waldboden kriechen Schnecken umher, auch auf dem Zelt haben sie ihre schleimigen Spuren hinterlassen. Und sogar als ich spät am Abend zu Hause das Zelt zum Trocknen im Keller ausbreite, finden sich noch einige Schnecken, die als blinder Passagier mit gereist sind.

Kahlschlag mitten im Naturschutzgebiet….

Auf dem weiteren Weg mischt sich zwischen die Buchen nun viel Nadelwald, neben Fichten wachsen große Kiefern auf dem sandigen Boden. Ein schmaler, steiniger Pfad bringt uns bergab. Etwas merkwürdig erscheint uns hier im Christenberger Talgrund der riesige, flächenhafte Kahlschlag und direkt daneben das Schild „Naturschutzgebiet“ mit zahlreichen Ermahnungen, was der Wanderer alles unterlassen sollte, um die Natur nicht zu stören. Dabei wurde hier der Waldboden brutal mit schwerem Gerät tief zerpflügt und wirklich nicht der kleinste Rest eines Pflänzchens durfte leben bleiben – das ist schon fast zynisch.

Aufstieg zum Christenberg

Auf der anderen Seite des Tales steigen wir etwas steil bergan. Schöne Pfade bringen uns rasch zum Christenberg. Der markante Turm der Martinskirche sieht von weitem zunächst aus wie ein Burgfried. Und tatsächlich gab es hier bereits schon um 400 v. Chr. eine keltische Befestigungsanlage, die Lützelburg. Ihr folgte 900 Jahre später ein fränkisches Kastell und im 13. Jahrhundert die frühmittelalterliche Kestelburg, deren Name sich im Lauf der Zeit zu „Christenberg“ abwandelte. Unweit der Martinskirche finden wir das sehr schöne Küsterhaus und die leider am Montag geschlossene Gaststätte „Waldgasthaus„. Der berühmte Fernblick von der Terrasse bis zum Kahlen Asten im Sauerland wird heute durch Frühdunst getrübt, es nieselt sogar kurz ein wenig in den aufsteigenden Wolken. Doch geschützt unter dichten Buchen finden wir einen Rastplatz mit Tisch und Bänken – ideal für unser Luxus-Frühstück mit warmen Porridge und heißem Instantkaffee.

Fast eine Burg – die Martinskirche am Christenberg
Leicht getrübter Fernblick vom Christenberg
Altes Küsterhaus am Christenberg – oder wohnt hier die Hexe aus Hänsel und Gretel ?

Gut gestärkt und koffein-gedopt läuft es sich wie von allein den breiten Forstweg hinab zum Spiegelteich. Unmittelbar vor dem Teich führt ein unscheinbarer Pfad zur Spiegelteichquelle. Hier kann man unbedenklich sein Trinkwasser schöpfen. Da der Quelltopf aber nicht in Stein gefasst ist, sollte man dafür einen Becher oder ein Berghaferl dabei haben. Sonst rührt man mit der Trinkflasche rasch den flachen, sandigen Grund auf und verschmutzt das Wasser. Durch das Hutschbachtal folgen wir dem Forstweg bis zum Ortsrand von Münchhausen, um gleich darauf wieder durch den Wald nach Ernsthausen zu wandern. Kurz hinter der Nikolausmühle passieren wir den Christborn. Bei dieser Quelle steht das Wasser im sandigen Quelltopf, wer hier Trinkwasser schöpfen möchte, sollte es daher vorher filtern. Ein schöner Platz für die Mittagsrast ist es aber allemal.

Am Spiegelteich
Spiegelteichquelle

Wir wandern über einen letzten bewaldeten Hügel, dann ist auch schon das Edertal erreicht. Sehr schön verläuft der Burgwaldpfad durch hohe Wiesen am Steilhang oberhalb des kleinen Flusses. Doch die Waldeinsamkeit lassen wir nun auf den letzten Kilometern der Wanderung hinter uns. Man hört aus der Ferne den Verkehrslärm der Bundesstraße B253, die wir zwei Kilometer vor dem Ortsrand von Frankenberg queren.

Unser Pfad durch hohe Wiesen oberhalb der Eder
Am Ufer der Eder

 

 

 

 

Unser Ziel – Frankenberg

Eine kurze Strecke über ein Feld und dann liegt unser Ziel unmittelbar vor uns. Am Ortsrand von Frankenberg endet der Burgwaldpfad. Über die Markierung „B11“ erreichen wir nach ca. 1 Kilometern den Bahnhof. Von dort sollte man noch in die Altstadt hinauf gehen, ein kleiner Abstecher, der vor allem wegen des schönen Fachwerkrathauses lohnt. Außerdem lockt in der Fußgängerzone ein Eiscafé, wo wir uns zum Abschluss unserer Wanderung natürlich einen gigantischen Erdbeerbecher gönnen.

Rathaus von Frankenberg
Auf geht`s zum Bahnhof – Ende der Wanderung

Der Burgwaldpfad im Überblick

Länge: 49,2 Kilometer
Höhenmeter: 1.472 Meter bergauf / 1.443 Meter bergab
niedrigster / höchster Punkt: 211 Meter (Marburg) / 383 Meter (Christenberg)

Wasserstellen

öffentliche Brunnen auf Friedhöfen, Quellen oder man bittet notfalls in Gaststätten bzw. Privathäusern um Wasser (war bisher nie ein Problem).

Weg-km Bezeichnung
0,0 Start: Marburg, Gaststätten, Pilgerfriedhof
8,8 Sarnau Friedhof
12,2 Göttingen Friedhof
20,0 Oberrosphe Friedhof
21,2 Brunnen vor der Schutzhütte Mellnau
24,3 Mellnau Gasthof Kuckuckshütte, direkt neben der Burg
30,0 Martinskirche Friedhof, Waldgasthaus (Mo.-Mi. geschlossen)
31,1 Spiegelteichquelle
32,0 Ortschaft Münchhausen
36,0 Abzweig zum Friedhof Ernsthausen
38,0 Christborn (Quelle)
49,2 Ende: Ortsrand Frankenberg (Bahnhof 1 km/Altstadt 2,3 km) 

 

 

 

 

 

 

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