Von San Cristobal zum Canyon del Sumidero
Westlich von Tuxtla erstreckt sich der tief in die Landschaft eingeschnittene Canyon del Sumidero. Der Fluss ist zu einem See aufgestaut und kann von Chiapa de Corzo mit Ausflugsbooten befahren werden. Ich bin schon früh von San Cristobal zum nur eine Fahrstunde entfernten Canyon losgefahren und sitze bereits gegen 10 Uhr in einem der zahlreichen Ausflugsboote. 320 Pesos sind für die zwei Stunden lange Tour zu bezahlen. Das flache, offene Boot ohne Schatten ist bis auf den letzten Platz belegt. Natürlich sind die Sitze knochenhart, es soll ja kein Vergnügen werden. Ich sitze hinten maximal 30 Zentimeter über dem Wasser. Etwa 30 Personen sind in die Nuss-Schale gequetscht worden.
Der Bootsführer kennt nur Höchstgeschwindigkeit und Stopp. Mit ca. 50 bis 60 Kilometern in der Stunde rasen wir übers Wasser. Die Gischt steigt durch die hohe Fahrgewindigkeit neben mir so hoch, dass ich nicht darüber schauen kann. Da ich an der Reling sitze, werde ich auch ordentlich nass.
Wir halten an einem einsamen Krokodil, das regungslos irgendwo am Ufer liegt. Ist vielleicht nur eine Attrappe. Wenig später dürfen wir zwei kleine, schwarze Affen fotografieren, die über uns an ihren langen Schwänzen an Ästen baumeln. Sie bewegen sich und sind wohl echt. Die Seitenwände des Canyons ragen im mittleren Bereich der 35 Kilometer langen Strecke bis zum Staudamm immer höher auf und erreichen eine maximale Höhe von 800 Metern über dem Wasser. Das sieht schon recht beeindruckend aus und stellt den Höhepunkt der Tour dar. Immerhin stoppt das Boot in diesem Bereich einige Male.
Beim Staudamm, den wir nach einer Stunde erreichen, weitet sich der Canyon, die Berge sind hier wesentlich niedriger als in der Mitte. Am Umkehrpunkt geht der Bootsführer mit seiner Mütze herum und kassiert Trinkgeld. Wenig später legen wir bei drei kleinen Schiffen an, die die ausgehungerten Touristen mit Knabberzeug versorgen. Dann geht es eine Stunde ohne Stopp mit Höchstgeschwindigkeit zurück. Das Boot fährt so schnell, dass gegen den Fahrtwind das Atmen schwerfällt. Vielleicht ist die Raserei eine weitere Attraktion für die Mexikaner. Ansonsten wären die 70 Kilometer ja auch nicht in zwei Stunden zu schaffen.
Wir sitzen so dicht, dass man sich während der zwei Stunden nicht bewegen kann. Völlig lahm gesessen, nass und mit schmerzendem Hintern kann ich endlich aussteigen. Am Parkplatz kassiert noch ein Aufpasser für die Bewachung des Landcruisers. Wer zum Klo muss, zahlt dafür noch einmal 5 Pesos.
Über Tuxtla nach Rosendo Salazar
Durch die nahe Großstadt Tuxtla brauche ich eine Dreiviertelstunde. Sogar mitten in Tuxtla gibt es Straßenblockaden von Demonstranten, um die mich Google zum Glück herum führt. Es geht, wie bereits auf dem Hinweg, über die Mautstraße 190D, und dann über die 190 nach Rosendo Salazar. Wieder sind Flüchtlinge entlang der Straße in Richtung Norden unterwegs.
In Rosendo Salazar übernachte ich wieder im Centro Ecoturistico El Chinchorro am See. Und wieder weht ein sehr starker Wind über den See.
189 Kilometer, 677 Meter Höhe in Rosendo Salazar, 10 Grad morgens, 38 Grad in Tuxtla, dunstig.
Zum Playa San Diego
Das Centro Ecoturistico El Chinchorro liegt auf einem kleinen Hügel und wird halb von einem kleinen See umgeben. Wie bei meinem ersten Aufenthalt, so stürmt es auch jetzt. Der Wind ist so stark, dass ich zum Frühstücken weder vor noch hinter dem Auto sitzen kann und drinnen sitze. Bevor ich mich ins Auto zurückziehe, weht mir der Wind den Honig vom Löffel. Die klebrige Masse landet natürlich auf meinem Shirt.
Es geht wieder kurvig durch die Berge und dann erneut sehr öde auf geraden Straßen durch eine riesige Ebene mit tausenden Windrädern bis Salina Cruz. In der Stadt Salina Cruz kaufe ich im Walmart einen Liter Joghurt, den ich sogleich fast vollständig aufesse. Bei 32 Grad tut die kühle Flüssigkeit so gut und ist um halb drei mein verspätetes Mittagessen.
Fast 10 Kilometer führt mich eine Schotterpiste durch von Palmen begrenzte Felder zum einsamen Playa San Diego. Am langen Sandstrand stehen einige Hütten. Sie scheinen dem Verfall preisgegeben, aber es liegen Menschen in Hängematten darin. Mir wird nicht klar, ob es Touristen oder Einheimische sind. Ich finde eine Piste, die auf einen Hügel oberhalb des Strandes führt und an einer leeren Palapa endet. Niemand ist dort. Ein idealer, nicht einsehbarer Platz für die Nacht mit angenehmen Wind und Blick auf den langen, menschenleeren Sandstrand und weit über die sich anschließende bergige Küste.
271 Kilometer, 10 Meter Höhe, 32 Grad mittags, teilweise bewölkt.
Zum Playa San Agustin
Gestern Abend kam überraschend im Dunkeln noch ein Motorradfahrer zu meinem einsamen Platz gefahren. Natürlich war ich ein wenig beunruhigt. Doch nach ca. einer halben Stunde fuhr er wieder weg, ohne sich für mich zu sichtbar zu interessieren.
Heute ist es dicht bewölkt, die Sonne dringt erst am Nachmittag ein wenig durch. Auf meinem Aussichtsberg weht ständig ein angenehmer Wind. Ich schaue den Surfern zu, die sich tief unter mir mit den wenigen Wellen zufrieden geben müssen. Ein Surferparadies scheint das hier nicht zu sein. Große Vögel kreisen über mir und Pelikane drehen ihre Runden über dem Wasser. An dem weiten, langen Strand sind nur eine Handvoll Menschen zu sehen. Es wirkt wie ein Paradies.
Erst überlege ich, noch eine Nacht zu bleiben, entscheide mich dann jedoch dagegen und fahre noch die zweieinhalb Stunden zum Playa San Agustin.
Dort geht es wieder auf den schon vertrauten Chuparosa Gardens RV Park von John. Ein deutsches Paar steht hier mit einem riesigen US-Trailer mit Nummernschild aus Texas. Sie hatten ein Restaurant in den Staaten, das sie gerade aufgegeben haben und fahren nun durch Mexiko. Ein weiteres US-Pärchen hat die halbe Palapa in Beschlag genommen und schaut dort permanent in unangenehmer Lautstärke US-Serien. Wie sich der Charakter einer Anlage durch die Gäste doch vollständig ändern kann. Am Nachmittag kommt Ralph mit dem Landcruiser aus San Cristobal dazu und wir sind uns schnell einig in der Einschätzung der Gäste.
111 Kilometer, 4 Meter Höhe, 25 Grad morgens, 30 Grad mittags, bewölkt.
Playa San Agustin
Ein Tag auf dem Chuparosa Gardens RV Park. Meine Tätigkeiten beschränken sich auf Sitzen im Schatten unter der Palapa und Pool sowie mit den anderen Gästen und Ralph erzählen.
0 Kilometer, 4 Meter Höhe, 21 Grad morgens, 32 Grad mittags, wolkenlos.
Zur Rancho Melchor
Mit Ralph fahre ich gemeinsam vom Playa San Agustin über die 175 in Richtung Oaxaca in die Berge der Sierra de Miahuatlán hinauf. Äußerst kurvenreich führt uns das Sträßchen durch Wald ständig aufwärts. Die Strecke ist natürlich sehr viel interessanter als die neue autobahnähnliche Mautstraße nach Oaxaca. Es sind viele Straßenarbeiten an der 175, denn während der letzten Regenzeit wurden größere Abschnitte der Straße stark beschädigt und sogar einige Brücken vollständig weggerissen.
Wir machen einen längeren Stopp in Pluma Hidalgo. Im Ort wird Kaffee aus den umliegenden Plantagen verkauft. In vielen kleinen Cafés kann man Kaffee trinken und natürlich Kaffeebohnen kaufen. Wir sitzen nett in einem Café mit Blick auf die grünen Wälder. Es gibt sogar guten Kuchen. Ralph kennt sich gut mit Kaffee aus, also kaufen ich nach seiner Empfehlung eine kleine Packung.
Im weiteren Verlauf wird die Straße immer kurviger. Wir schaffen nur noch etwa 30 Kilometer in der Stunde. Es ist eine schöne Strecke mit kaum Verkehr. Mit zunehmender Höhe nimmt die Dichte der Dörfer zu. Schließlich sind wir über 2500 Meter hoch. In San Miguel Suchixtepec ist der höchste Punkt erreicht; wir fahren durch Wolken. Das Thermometer ist auf nur noch 15 Grad gefallen und es regnet kräftig.
Eine einspurige Piste führt von der 175 durch dichten Laub- und Zedernwald zwei Kilometer äußerst steil hinunter zum Centro Ecoturistico Rancho Melcho. Die Anlage liegt einsam in einem engen Tal tief unterhalb der Teerstraße. Es gibt einige komfortabel aussehende Cabanas und ein Restaurant. In Becken werden Forellen gehalten, die im Restaurant fangfrisch zubereitet werden. Ralph und ich sitzen ganz alleine in unseren Daunenjacken im Restaurant und essen Forellen. Wie scheinbar in Mexiko üblich, werden auch hier die Fische in Alufolie gedünstet.
Auf dem leeren Parkplatz des Restaurants können wir für 50 Pesos übernachten. Es ist total ruhig, keine weiteren Besucher und so angenehm kühl in der Nacht.
122 Kilometer, 2520 Meter Höhe, 21 Grad morgens, 32 Grad mittags.
Zum Bergrücken El Paine
Wir verlassen die 175 und fahren zum nur wenige Kilometer entfernten Ort San Mateo Rio Hondo. Hier verabschiede ich mich von Ralph, der in Oaxaca einen Termin hat.
Auf einer guten Piste fahre ich über einen Bergrücken und finde zwischen San Mateo Rio Hondo und San Sebastian Rio Hondo mit Hilfe von iOverlander einen der in Mexiko leider so seltenen einsamen Stellplätze. In der Mitte des Landes ist Mexiko so dicht besiedelt, dass es nicht einfach ist, frei zu stehen. Alle Wege führen nach kurzer Distanz zu kleinen Ranches oder Restaurants.
Wegen der angenehmen Temperatur auf dem El Paine in einer Höhe von 2650 Metern beschließe ich, noch eine zweite Nacht zu bleiben.
Am Nachmittag kommt der vorgebliche Eigentümer vorbei und kassiert 100 Pesos pro Nacht. Laut den Kommentaren in iOverlander taucht er regelmäßig auf, um eine Alimentation abzuholen. Falls das wirklich sein Wald ist, ist das ja auch in Ordnung.
2650 Meter Höhe, 10 Grad morgens, 21 Grad mittags, sonnig.
Nach Oaxaca und Catalina de Sena
Die Piste windet sich in einer Höhe von 2600 Metern kurvenreich durch die dicht bewaldeten Berge der nördlichen Sierra de Miahuatlán. Richtige Orte passiere ich kaum. Schließlich erreiche ich eine Teerstraße und die Siedlungen werden deutlich größer. Auf der 175 geht es steil abwärts in die weite Ebene, die nördlich der Sierra de Miahuatlán in Richtung Norden nach Oaxaca verläuft.
Ich übernachte wieder auf dem nicht weit von Oaxaca entfernten Campingplatz Oaxaca View von Stefan und Sabine in Catalina de Sena.
Ich beschließe spontan nun doch nicht nicht, wie urspünglich geplant, von Mexiko Stadt aus über den heißen mexikanischen Sommer nach Deutschland zu fliegen, sondern stattdessen bereits hier Oaxaca den Rückflug zu starten.
Bis zum bereits vor Monaten gebuchten Rückflug ab Canacun habe ich noch zwei Wochen Zeit, die ich gut für Wartungs- und Reinigungsarbeiten am Landcruiser nutzen kann.
Morgens und abends bei Sonnenaufgang und -untergang legen die Zikaden mit ihren sirenenartigen Geräuschen los. Sie sind so laut, dass die hohen Töne in den Ohren schmerzen. Ich habe noch nie solche Geräusche von Zikaden gehört.
Meine letzten beiden Nächte vor dem Abflug schlafe ich in einem Hotel in Oaxaca und habe viel Zeit um durch die lebhafte Stadt zu bummeln.
Impressionen von Oaxaca
Rückflug von Oaxaca nach Deutschland
Bereits um sechs Uhr in der Frühe klingelt mein Wecker. Die Rezeption des Hotels ruft mir ein Taxi, das etwa 20 Minuten zum Flughafen braucht. Heute ist Sonntag und daher herrscht kaum Verkehr auf den Straßen. Das Taxi ist in einem jämmerlichen Zustand. Die Tankanzeige flattert verzweifelt um den Nullpunkt. Ich hoffe, dass sie defekt ist und wir nicht jeden Moment mangels Benzin stehen bleiben werden. Auf die unzähligen Topes wird grundsätzlich mit hoher Geschwindigkeit zugefahren und dann kurz zuvor heftig gebremst. Das gleiche Spiel wiederholt sich vor den roten Ampeln. Auch wenn eine Ampel schon aus einer größeren Entfernung rot zeigt, wird das Tempo natürlich nicht reduziert. Eventuell noch zwischen den Ampeln und unserem Taxi befindliche Fahrzeuge werden noch rasch links oder rechts überholt, um bei grün eine optimale Startposition für das nächste Rennen zu haben. Fahrspuren werden grundsätzlich ignoriert. Gefahren wird stets dort, wo ein schnelles Vorankommen möglich ist.
Ich fliege zunächst von Oaxaca nach Cancun und steige dort in den bereits vor Monaten gebuchten Flug über Montreal nach Frankfurt um. Die Fortsetzung der Reise ist für September geplant.
Unsere bisherige Reise durch Nordamerika
Im Juli 2022 sind wir in Halifax gestartet, nachdem unser Landcruiser mit einer mehrwöchigen Verspätung endlich mit dem Schiff von Hamburg ankam. Seitdem sind wir 40.000 Kilometer durch Kanada, Alaska, die Lower 48 (die US-Bundesstaaten südlich von Alaska) und Mexiko gefahren. Mehrmals mussten wir unsere Reise unterbrechen und nach Deutschland zurückkehren. Falls du mehr über unsere bisherige Tour lesen möchtest, gelangst du hier an den Beginn der Reisebeschreibung.
Hallo ihr Lieben!
Schön von euch zu lesen! Ich hoffe Annettes Mutter geht es wieder besser!
Hätte ich mal früher in euren Block geschaut, hätten wir euch in Frankfurt besuchen können.
Wir sind jetzt wieder zurück in Konstanz werden uns hier niederlassen und dann eurem Prinzip des kürzeren dafür knackigen Reisen folgen:)
Falls ihr in der nächsten Zeit mal an den Bodensee kommt lasst es uns wissen!
Liebe Grüße!
Adrian, Sara und Loua
Hallo ihr Rückkehrer!
Schade, dass das mit dem Besuchen nicht geklappt hat. Annettes Mutter geht es etwas besser. Für September ist die Rückkehr nach Mexiko geplant. Dann geht es hoffentlich weiter in Richtung Süden. Im Juni fahren wir zunächst mal mit den Fahrrädern nach Prag. Falls wir mal am Bodensee sind, melden wir uns natürlich.
Viele Grüße
Annette und Olaf