Ca. eine Fahrstunde hinter Moab übernachten wir am Rand einer Dirtroad. Nach einer Woche sind wir endlich wieder vollkommen alleine abends, ohne einen anderen Camper in Sichtweite. Am nächsten Tag fahren wir die uns schon vom Hinweg bekannte Strecke auf dem rege befahrenen Highway 191 nach Süden über den 2000 Meter hohen Pass bei den Abajo Mountains nach Blanding. Kurz hinter Blanding biegen wir auf die Scenic Route 95 ab, die westlich der Natural Bridges, die wir ja bereits vor 2 Wochen erkundet haben, entlang des spektakulären White Canyon zum Colorado River führt.
Eine wunderbare Strecke entlang des White Canyons mit dunkelroten Felsklippen am Rand des Tales, wie aus einem Utah-Reisebilderbuch. Und hier – weit abseits der Touristenrouten- entdecken wir, man glaubt es kaum, sogar den „Schuh des Manitu”.
Der Highway überbrückt beeindruckend enge Schluchten am White Canyon und Dirty Devils Canyon, bevor er über den Colorado River führt. Hier begann früher bereits der Stausee Lake Powell. Da der Wasserstand während der letzten Jahre um ca. 40 Meter gesunken ist, konnte der Fluss nun sein altes Bett zurück erobern, so dass wir wenig oberhalb des Flusses im ehemaligen Stausee einen sehr schönen Stellplatz finden.
Nach unserem Übernachtungsplatz und einem tollen Aussichtspunkt oberhalb des Flusses verlässt die Straße den Colorado River und führt durch die spektakuläre Felsenlandschaft der Henry Mountains. Die glatten Felsen sind ein Eldorado für Kletterer, wir sehen viele von ihnen an Seilen über dem Abgrund turnen. Uns dagegen zieht es in die Tiefen des Leprechaun Canyons, der von der Straße aus nach einem kurzen Fußweg durch ein sandiges Bachbett erreicht wird.
Bereits die ersten 100 Meter im Canyon sind sehr spannend. Eine schlangenförmig gewundene Engstelle des herrlichen Slot Canyons ist stellenweise mit ca. 30-40 Zentimetern so schmal, dass wir uns nur quer mit eingezogenem Bauch und akrobatischen Verrenkungen hindurchquetschen können. Bloß nicht stecken bleiben, umdrehen und zurück klettern geht nicht.
Danach öffnet sich der Canyon zu einer Schlucht mit grandiosen Überhängen aus bunt gestreiften senkrechten Felsen. Zum Schluss geht es noch durch einen ca. 50 Meter langen, sehr schmalen Felsspalt, der dunkel wie ein Tunnel ist. Weiter kommt man nur mit Seil und Kletterausrüstung, also nichts für uns. Zurück geht es auf gleichem Weg. Ein tolles Erlebnis und (fast noch) ein echter Geheimtipp.
Video zum Leprechaun Canyon;
Video zum Leprechaun Canyon:
Eine meist gut zu fahrende Piste führt uns dann vom Highway 276 weg, um den noch schneebedeckten Mount Hillers herum, vorbei an grauen Schotterhalden und Felsbergen. Trotzdem ist die Einöde dieser Badlands jetzt im Frühling mit Blumenteppichen bedeckt. Der Lebenswille dieser zarten Blümchen auf dem so erbärmlichen Boden ist bewundernswert, dass wir konsequent unser (seifenfreies) Spül- und Waschwasser zum Blumen gießen verwenden.
Schließlich treffen wir auf die geteerte Bullfrog Road, die ab dem Eingang in den Capitol Reef Nationalpark zu einer Wellblechpiste mutiert. In extrem engen Serpentinen windet sich die nun Burr Trail genannte Piste aus dem Tal um 250 Höhenmeter auf nur 800 Metern Distanz durch Felsbrüche hinauf zum Grad der Waterpocket Fold. Da im Nationalpark das freie Übernachten verboten ist, müssen wir bis zur Parkgrenze fahren, kurz dahinter finden wir auf der Wolferine Loop Piste im lichten Pinienwald einen Stellplatz.
Der jenseits des Nationalparks geteerte Burr Trail führt uns nun durch den von roten und gelben senkrechten Felswänden gesäumten Long Canyon. Obwohl wir schon so viele phantastische Felsformationen gesehen haben, sind wir wieder einmal total begeistert.
Wenig später erreichen wir Boulder. Der Ort besteht aus nur wenigen Häusern, Tankstelle, ein paar Motels und einem Museum. Im Umfeld sehen wir einige Farmen. Nichts besonderes also. Und doch geschieht hier etwas äußerst erwähnenswertes: Es beginnt zu regnen! Das Ganze dauert zwar nur eine halbe Stunde, aber nach 2 Monaten Dauersonnenschein ist das für uns ein Ereignis.
Hinter Boulder steigt der Highway 12 steil hinauf in den Dixie Forest bis auf 2920 Meter. Oben liegen noch große Schneereste. Während im Tal alles grün ist, zeigt sich hier an den Espenbäumen noch kein einziges Blatt. Von oben reicht der Blick mehr als 100 Kilometer weit über den das felsige Land. Auf der nördlichen Passseite rollen wir abwärts durch schönen Pinienwald und wenige Kilometer später auf die Happy Valley Road zu einem einsamen Stellplatz, den uns wieder einmal iOverlander zuverlässig gewiesen hat. Mittlerweile scheint auch längst wieder die Sonne, so dass wir den ganzen Nachmittag gemütlich draußen verbummeln.
Doch am nächsten Morgen hängen wir nach einer regenreichen Nacht im dichten Nebel und beim Frühstück läuft die Standheizung. Rasch rollen wir den Berg hinunter in den kleinen Ort Torrey, der hauptsächlich von den Besuchern des nahen Capitol Reef Nationalparks lebt. So gibt es im General Store auch ein kleines Café mit dem Charme einer Kantine aus den 60er Jahren. Aber die Zimtrollen sind lecker und es gibt Wifi. Bis mittags ist dies unsere Zuflucht vor dem nass-kalten Wetter. Danach fahren wir noch 15 Kilometer zum Visitor Center des Capitol Reef, Nationalparks wo wir uns wegen der Befahrbarkeit einiger Dirtroads erkundigen. Gerade zieht ein Gewitter mit heftigen Hagelsturm durch, der im Nu die rote Umgebung mit weißen Eiskörnern bedeckt. Und es ist für die nächsten Tage noch mehr Regen angesagt. Sieht also nicht gut aus.
Vorerst begnügen wir uns also mit dem Abfahren des Scenic Drive entlang kunterbunter Felsenriffe. Dann wird es wieder richtig sonnig warm und wir können noch eine kleine Wanderung zu einem Aussichtspunkt oberhalb des Fremont River machen. Hier bietet sich ein schöner Blick auf die ausgedehnten Fruita-Obstgärten mit über 2000 Aprikosen-, Äpfel- und Pflaumenbäumen, die vor 150 Jahren von Mormonen angelegt wurden. Bis 1940 wohnten hier noch Siedler. Natürlich ist diese Oase ein Historic Place. Schon früh sind wir auf einem Stellplatz in Nähe zum Nationalpark mit Blick auf das Tal des Fremont Rivers. Abends und nachts zieht das nächste Gewitter durch.
Auch den nächsten Tag können wir nur zum Teil nutzen. Immerhin reicht der sonnige Vormittag für eine Halbtageswanderung zum Rim Overlook mit Ausblicken auf die Fruita Oase und zur Hickmann Bridge, einem über 60 Meter langen Steinbogen. Mittags ziehen schon wieder neue Gewitter auf, aber es bleibt weitgehend trocken. Faulenzen am Yoda ist angesagt.
Am dritten Tag im Capitol Reef erkunden wir die spektakulären Schluchten des Nationalparks, die zum großen Teil durch „Washs“ führen. So wird das Bett eines Baches bezeichnet, der nur zeitweise Wasser führt. Bei Starkregen kann es hier leicht zu Sturzfluten kommen. Vormittags fahren wir zunächst wieder den geteerten Scenic Drive bis zum Ende.
Die folgende ungeteerte, aber für alle Fahrzeuge leicht machbare Capitol Gorge Road führt uns 4 Kilometer in die enge Schlucht hinein und ist unbedingt sehenswert. Danach wandern wir rund 1,5 Kilometer durch das Bachbett weiter in die Schlucht bis zu den „Tanks“ und auf gleichem Weg zurück. Die Tanks sind natürliche Tümpel, sie füllen sich nur durch Regenwasser, waren aber bei unserem Besuch leer. Kurz vorher passieren wir noch das „Pioneer Register“. An der glatten Felswand haben sich ab Ende des 19. Jahrhunderts die Siedler mit Namen und Datum verewigt. Also „historic graffity“.
Landschaftlich eindrucksvoller ist unsere Wanderung am Nachmittag auf dem Grand Wash Trail, der rund 4 Kilometer durch einen wirklich tollen Canyon führt. Am besten startet man die Wanderung vom Parkplatz am Highway 24. da man von hier den kürzesten Weg zu den „Narrows“ hat. Senkrecht und teilweise sogar überhängend ragen die Felswände himmelhoch hinauf.
Video zum Trail durch den Grand Wash:
Unsere weitere Fahrt soll über die Notom-Bullfrog Road zum Burr Trail führen, wo sich dann der Kreis unserer Rundfahrt um und durch den Capitol Reef Nationalpark schließt. Die ungeteerte Notom-Bullfrog Road soll nach Regen oft unpassierbar sein, daher holen wir uns Auskunft im Visiter Center. „Wenn die Straße nass ist, ist sie nicht befahrbar“, bestätigt die Rangerin meine diesbezügliche Frage. „Ja, und ist die Straße noch nass oder bereits wieder trocken?“ „Wenn es regnet, ist die Straße nass und nicht befahrbar“, lautet die stereotype Antwort auf jede meiner weiteren Fragen. Schließlich wird klar, die Frau hat keine Ahnung. Zur gleichen Zeit erklärt ihr Kollege am Nachbarschalter einem Besucher, dass die Straße okay sei. Ein dezenter Hinweis darauf wird von „meiner“ Rangerin offensichtlich als Frontalangriff auf ihre behördliche Autorität gewertet. In den obrigkeitshörigen USA wohl eine absolute Todsünde. Jedenfalls reagiert sie sehr verärgert und holt zur Abschreckung die üblichen Horrorfotos von gestrandeten und völlig mit Lehm verschmierten Fahrzeugen hervor: „Wenn ich das wollte, bitte sehr, dann können wir ja diese Straße entgegen ihrem Rat fahren.“ Was soll man davon also halten? Losfahren und selbst entscheiden. Ein guter Entschluss, denn die Straße ist durchgehend in sehr gutem Zustand und die Fahrt durch diesen einsamen Teil des Nationalparks wirklich lohnenswert.
Hinter den mit 12 Prozent steilen Serpentinen des Burr Trail machen wir oben am Aussichtspunkt eine Kaffeepause mit Premiumblick über die zahlreichen steilen, engen Kehren unter uns. Für Wohnmobile werden die vielen engen Switch Backs absolut nicht empfohlen. Trotzdem sehen wir einen zum RV umgebauten kurzen Schulbus runterfahren. Leider ist der Hang so steil, dass wir von unserem Aussichtspunkt nicht sehen, wie er durch die Spitzkehren manövriert.
Kurz danach biegen wir auf eine 4×4 Piste zum Strike Valley Overlook ab. Auf der Piste gibt es einige steile Stufen und mit großen Steinen gesprenkelte Abschnitte. Olaf lässt sogar auf halber Strecke 20 Prozent Luft aus den Reifen, um sie zu schonen. Welch eine Überraschung als wir am Ende der Piste zwei 2WD PKW ohne nennenswerte Bodenfreiheit stehen sehen. Ein kurzer Fußweg bringt uns zum Aussichtspunkt. Von dort oben kann man die Gesteinsfaltung der Waterpocket Fold in ganzer Länge überblicken. Wir genießen den Ausblick, aber auch die vollkommene Ruhe. Der Trubel und Autoverkehr im Zentrum des Nationalparks war uns ein wenig zu viel.
Auf der uns schon bekannten Strecke des Burr Trail fahren wir weiter durch den herrlichen Long Canyon mit seinen hohen senkrechten Sandsteinwänden und kurz danach auf einen ruhigen Stellplatz in einem sandigen Pinienwald.
Am nächsten Morgen ist der kleine Ort Boulder rasch erreicht. Am Parkplatz des Visitor Centers gibt es einen Wasserhahn, wo wir unsere leeren Kanister auffüllen können. Außerdem nutzen wir die gute Gelegenheit, um unsere verschwitzten Hemden und Haare nach einer Woche mal wieder zu waschen. Das Leben on the road macht einen sehr pragmatisch und keiner der anderen Besucher des Parkplatzes stört sich scheinbar daran. Unsere mangels Dusche mit faltbarem Waschbecken und Kanister improvisierte Ganzkörperwäsche sowie Olafs Haarschnitt haben wir allerdings bereits vor zwei Tagen auf einem einsamen Stellplatz erledigt. Das wäre dann mitten in der Zivilisation wohl doch nicht sozialverträglich gewesen.
Die einfach großartige Scenic Route 12 führt uns hinter Boulder wieder in das Grand Staircase Escalante National Monument (GSENM). Spektakulär auf dem schmalen, nur straßenbreiten Kamm der steilen geologischen Faltung „The Hogsback“ gebaut, bietet die Teerstraße einen weiten Blick über die weißen Sandsteinberge zwischen Boulder und Escalante und auf grüne Flußoasen tief unten in den Tälern.
Durch eines dieser tief eingeschnittenen Täler führt uns ein sehr schöner Pfad zum Lower Calf Creek Falls. Über eine 40 Meter hohe Stufe in einem Felskessel fällt der Creek fotogen in ein Wasserbecken. Es tut sehr gut, einmal nicht in der Sonne durch wüstenhafte Landschaft, sondern unter dem frischen Grün schattenspendender Bäume und entlang eines klaren, plätschernden Baches zu gehen. Eine wahre Rarität!
Entsprechend viele Besucher sind mit uns unterwegs. Besonders fallen uns einige geführte Gruppenwanderungen auf. Schon am Ausgangspunkt der nur insgesamt 10 Kilometer langen Strecke bekommen die Teilnehmer eine Einführung in die zu erwartenden Schwierigkeiten der Tour, die ohne nennenswerte Höhenmeter sehr bequem auf sandigen Wegen verläuft. Vor und hinter der Gruppe geht ein Führer mit Funkgerät. Manche haben Rucksäcke dabei, die eher auf eine mehrtägige Wanderung schließen lassen. Für unsere Unterhaltung ist also gesorgt. Auch ein kurzer, heftiger Regenguss mit Gewitter trübt die Wanderfreude nicht, denn danach scheint wieder die Sonne vom klaren, blauen Himmel.
Von hier ist es nicht weit bis Escalante, dem Ausgangsort zur Befahrung der „Hole in the rock road“.