Das Grand Staircase Escalante National Monument -kurz GSENM- umfasst ein riesengroßes Gebiet phantastischer bunter Sandsteinberge und -canyons, die nur über Dirtroads zu erreichen sind. Anders als in National- oder State Parks darf man in National Monuments überall übernachten. Das ist natürlich genau das richtige Ziel für uns.
Von Kanab nehmen wir den Highway 89, bis wir auf die ungeteerte Cottonwood Road abbiegen. Sie führt uns nach Norden tief in das GSENM hinein. Bei Nässe verwandelt sich diese Lehmpiste, wie alle Straßen in den Sandsteinarrealen, in eine schmierige Rutschbahn und ist unbefahrbar. In kürzester Zeit steckt man im Schlamm fest, davon zeugen zahlreiche tiefe Spurillen.
Nach einem schönen Wegstück durch wüstenartige Hochflächen mit weiten Ausblicken führt die Cottonwood Road in ein erstaunlich grünes Tal. Der Creek im Tal führt noch Wasser, so dass hier relativ hohe Pappeln wachsen können.
Sehr schön ist am nächsten Tag unsere Wanderung hinauf auf den Yellow Rock. Den Fuß des riesigen Felsens erreichen wir über einen sehr steilen, rutschigen Schotterpfad. Teilweise müssen wir unsere Hände zu Hilfe nehmen. Danach gilt es noch, den steilen Felsberg selber zu erklimmen. Das ist zwar auch mühsam, aber der Sandstein ist wunderbar griffig. Außerdem ist dieser Berg so grandios, dass man die Anstrengung kaum bemerkt. Rote, grüne, gelbe und weiße Felsbänder wechseln einander ab. Darüber leuchtet der unglaublich klare, stahlblaue Himmel und lässt den bunten Fels strahlen. Wir fühlen uns wie in einem gigantischen, surrealen Gemälde. Lange sitzen wir an einer windgeschützen Stelle auf dem Gipfel. Eine meditative Stimmung bei vollkommener Stille – genau richtig, um die wirklich grandiose Natur mit allen Sinnen aufzunehmen. Olaf allerdings hat Stress, denn der Yellow Rock verlockt natürlich zu unzähligen Fotos.
Am Nachmittag geht es weiter auf der Cottonwood Road Richtung Norden. Besonders schön ist der Straßenabschnitt bei den Cottonwood Narrows, weiteren phantastisch bunten Sandsteinfelsen. Ein kurzer Abstecher führt zum beeindruckenden Felsbogen Grosvenor Arch, der perfekt ausgeleuchtet ist. Dieses Felsenwunderland begeistert uns wirklich. An einem aufgestauten See findet sich ein windgeschützter Stellplatz. Abends quaken uns die Frösche in den Schlaf. Morgens schwimmt eine dünne Eisschicht auf dem Wasser und die Frösche geben keinen Laut von sich, wahrscheinlich sind sie jetzt eingefroren.
Wir fahren die Cottonwood Road wieder nach Süden zurück. Die Überraschung des Tages ist ein knallroter Landcruiser aus der Schweiz, der am Parkplatz zum Grosvenor Arch steht. Da müssen wir natürlich anhalten! Heinz ist ein schon etwas älterer Weltenbummler, der auf dem Landweg von Europa über die Türkei, Russland und China durch Südostasien nach Australien und Neuseeland gefahren ist. Von dort hat er sein Fahrzeug nach Vancouver verschifft. Klar, dass wir schnell in intensiven Gesprächen vertieft sind und vielleicht trifft man sich irgendwo wieder.
Eine kleine Wanderung führt uns dann durch die enge Schlucht der Cottonwood Narrows mit beeindruckend hohen Felswänden. Bei Sturzfluten rauscht hier das Wasser durch, wie die glattpolierten Felsen zeigen.
Am Nachmittag ist der Highway 89 wieder erreicht, dem wir bis Big Water nach Osten folgen. Dort biegen wir auf die Smokey Mountain Road ab. Anfangs zeichnet sich die Piste durch heftiges Waschbrett aus. Sie führt uns durch eine dramatische Wüstenlandschaft, die bunten Schutt- und Sandflächen der Badlands sehen unbewohnt aus. Und doch gibt es hier immer wieder Fußspuren und Erdlöcher als Behausung von Tieren. Und die Hügel bedecken jetzt im Frühling stellenweise ganze Teppiche von gelben Blumen. Absolut unverständlich für uns sind daher die abseits der Piste allgegenwärtigen Fahrspuren der ATV, die nur zum Spaß durch die empfindliche Natur pflügen – obwohl das natürlich verboten ist, wie entsprechende Schilder in regelmäßigen Abständen mahnen. Uns begeistert diese unendlich weite Landschaft mit den surreal bunten Tafelbergen, Felsabbrüchen und Dünen. Es ist, als wollte sich die Natur ständig mit noch größeren und spektakuläreren Formen übertreffen. Und so langsam beginnen wir zu verstehen, woher die amerikanische Vorliebe zum Gigantismus kommen könnte.
Dabei liegt das ganz große Finale des Tages noch vor uns. Unser Ziel ist der Alstrom Point, hoch über dem Lake Powell, wo wir übernachten wollen. Die letzten 8 Kilometer der Piste sind zunächst sandig mit tiefen Spurrillen und zwei Kilometer vor dem Ziel eine richtig üble Holperei über steile Felsstufen, definitiv nur für 4×4 mit viel Bodenfreiheit. Da tut uns sogar unser tapferer Yoda manchmal schon leid. Am Aussichtspunkt sind wir wieder einmal total hingerissen, der Blick über die roten Klippen am Rand des Lake Powell ist phänomenal, auch wenn vom Stausee momentan wegen des niedrigen Wasserstands nicht mehr viel zu sehen ist. Besonders schön zeigt sich die Landschaft zum Sonnenuntergang, wenn die Schatten tief stehen und die Felsen tiefrot leuchten.
Video zum Blick vom Alstrom Point auf Lake Powell:
Auch den gesamten nächsten Tag verbringen wir hier. Die einzige produktive Tätigkeit ist das Nachölen von 3 Schranktüren und Olaf hat noch einen Friseurtermin bei mit. Ansonsten sind wir völlig damit ausgelastet, das Spiel von Sonne und Schatten auf den Felstürmen zu betrachten und die Einsamkeit zu genießen. Letzteres ist leider abends beendet, denn ein chinesisches Pärchen baut wenige Meter neben dem Yoda sein Zelt auf. Wahrscheinlich haben sie Angst, alleine auf der mehrere Quadratkilometer großen Fläche zu campen. Als dann, direkt vor unserer Nase, das große Fotoshooting mit Posieren auf der Kühlerhaube ihres Geländewagens beginnt, ergreifen wir die Flucht und suchen uns einen neuen, ebenso schönen Stellplatz. Im Abendlicht verfällt Olaf wieder einmal in Fotorausch. An diesem großartigen Platz muss ich einfach die Nacht draußen verbringen. Also zähle ich vom Schlafsack aus mal wieder die Sterne und bekomme morgens um 5 Uhr einen Sonnenaufgang allererster Klasse geschenkt. Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Rückweg. Die Piste kennen wir ja bereits, auch in Gegenrichtung sind die ersten Meilen über die Felsstufen nicht einfach.
Einige Meilen nach Erreichen der Hauptpiste, biegen wir auf die Smokey Mountain Road ab, die extrem steil geradewegs auf den fast senkrechten Abbruch des Plateaus zuführt und dann scheinbar im Nichts endet. Vermutlich geht es durch einen Taleinschnitt hoch in die Berge. Was für ein Irrtum! Abenteuerlich ist die Straße direkt in den Steilhang gebaut und führt entlang des Abgrunds empor. Im zweiten und dritten Gang mit Untersetzung kriechen wir aufwärts, anfangs sogar mal kurz im Ersten mit Untersetzung. Eine Strecke genau nach unserem Geschmack. Oben an der Abbruchkante einer Mesa angekommen, gönnen wir Yoda eine Verschnaufpause und uns einen Kaffee. Was für ein Ausblick. Das wüstenhafte Tal zu unseren Füßen scheint zu einem unbekannten Planeten zu gehören.
Hier oben ist die Welt wieder grün. Die Attraktion der Gegend sind unterirdische brennende Kohlevorkommen. Wir gehen dem rußigen Geruch nach und entdecken die Erdlöcher, aus denen jedoch leider heute kein Qualm emporsteigt. Mäßig spannend. Doch der Kaffeepausenplatz hat uns so gut gefallen, dass wir dort über Nacht bleiben wollen. Allerdings ziehen dann am späten Nachmittag Gewitterwolken auf, bei Nässe sind die lehmigen Dirtroads sehr schnell schlammige Rutschbahnen und nicht mehr passierbar. Und das gilt erst recht für diese teilweise extrem steile Piste. Also fahren wir dann doch hinunter ins Tal bis kurz vor den Highway. Natürlich regnet es dann abends nur ein Paar Tropfen, ärgerlich.
Aber irgendwie hatten wir wohl doch den richtigen Riecher, denn nachts stürmt und regnet es heftig. Was für ein Glück, dass wir relativ windgeschützt und am Beginn der Asphaltstraße übernachtet haben.
Video zum spektakulären Abschnitt der Smokey Mountain Road (Abfahrt ist beschleunigt dargestellt):
Am nächsten Tag ist wieder einmal Haushaltstag angesagt. Page am Lake Powell ist das Zentrum in der Region. Da in unmittelbarer Nähe viele der bekanntesten Nationalparks der USA liegen, lebt der Ort im wesentlichen vom Tourismus. Durch Social Media besonders populär gewordene Ziele sind die Antelopes Slot Canyons, die so stark gefragt sind, dass nur noch in Gruppen mit gebuchter Tour zu abartigen Preisen und einer Begrenzung auf 30 Minuten Besichtigung zugelassen sind. Hier drängen sich überwiegend die asiatischen Touristen in Massen. Nein, dass ist nichts für uns. Auch Page gefällt uns nicht. Wie üblich besteht der Ort nur aus den großen Supermärkten, Fastfoodketten und sehr vielen Hotels. Kurios finden wir für die kleine Stadt die Ansammlung von nicht weniger als 8 Kirchen verschiedener christlicher Konfessionen, die unmittelbar nacheinander aufgereiht an einer Straße liegen. Diese geballte Frömmigkeit findet man wahrscheinlich sonst nur in Rom.
Immerhin finden wir hier alles, was wir als Reisende brauchen. Also geht es zum Duschen auf einen Campingplatz, in den Walmart zum Einkauf, zum Wäschewaschen in die Laundry, zur Post und schließlich zur öffentlichen Bücherei, weil es dort kostenloses Internet zum Hochladen unseres Blog gibt. Und dann ist der Tag auch schon vorbei.
Weiter geht unsere Tour durch rotsandige Prärie. Eine ähnliche Landschaft, wie wir sie am Kaibab Plateau auf Dirtroads gequert haben. Von schnurgeraden Highway aus erscheint sie monoton langweilig. Es ist ein Gebiet der Navajo, komplett mit unendlich langen Zäunen abgeschlossen. Ab und zu sehen wir sehr einfache Siedlungen mit total uniformen Häusern, sehr deprimierend.
Am Mittag erreichen wir das Navajo National Monument, einen staatlichen Park. In einem wunderschönen, mit hohen Pappeln und Kiefern bewachsenen Canyon gibt es hoch oben in den Klippen rund 800 Jahre alte indianische Siedlungen. Leider kann nur eine der sehr interessanten Cliff Dwellings besichtigt werden, und das auch nur aus größerer Entfernung. Trotzdem gefällt es uns hier gut, wir bleiben den Rest des Tages im Park. So übernachten wir zum ersten Mal nach 8 Wochen seit Beginn unserer Tour auf einem Campingplatz. Er gehört zum National Monument, ist wie ein Forest Campingplatz einfach, aber großzügig im lichten Kiefernwald angelegt und zudem kostenlos.
Video zu Cliff Dwelling am Navajo National Monument:
In 2200 Metern Höhe sinken die Temperaturen nachts bis auf den Gefrierpunkt, da freut man sich beim Frühstück über die Standheizung. Weiter geht es durch Navajoland zum Monument Valley. Diese Ikone des Wilden Westen besucht natürlich jeder Tourist. Schon bevor man die Abbruchkante der Mesa, die zum Tal führt, erreicht, ist eine Zahlstelle eingerichtet. Pro Person sind 8 Dollar zu entrichten, dafür darf man bis zum Visitor Center fahren und auch auf dem Scenic Drive durch das Tal. Wohnmobile sind auf dieser Staubpiste jedoch nicht zugelassen. Man kann auch eine Tour in einem offenen Kleinbus buchen.
Es herrscht ein ganz schöner Rummel. Auf dem großen Parkplatz vor dem Beginn des scenic drive stehen auch mehrere Reisebusse. Es gibt einen Campingplatz und Vermietung von Hütten, einen großen Souvenirshop, Cafeteria und ein sehr großes, teures Hotel. Wir staunen, denn vor knapp 30 Jahren standen wir an genau an dieser Stelle und außer einem staubigen Campingplatz war hier nichts. Auch damals sind wir durch das Tal gefahren, als einzige Besucher. Heute rollt ein kontinuierlicher Fahrzeugstrom über die sandige Piste.
Auch wir fahren natürlich durch das Valley und bereuen es, trotz des Besucherandrangs, nicht. Die monumentalen Felsklötze, die unvermittelt aus dem weiten Tal emporragen, sind einfach phantastisch. Den ganzen Tag verbringen wir auf der knapp 30 Kilometer langen Strecke mit vielen Stopps. Bei unserer ausgedehnten Mittagspause lernen wir ein Ehepaar aus den Niederlanden kennen, die schon seit 49 Jahren regelmäßig mehrere Monate im Jahr in den USA unterwegs sind. Mittlerweile sind die beiden über 80 Jahre alt und trotz gesundheitlicher Probleme noch immer neugierig auf die Welt. Das imponiert uns wirklich. Auf Reisen lernt man oft tolle, inspirierende Menschen kennen. Am Abend geht es auf den kleinen Campingplatz einer First Nation Familie. Im Navajogebiet kann man nirgendwo „frei“ übernachten.
Der Hummingbird Campingplatz hat ca. 10 Stellplätze rings um das Wohnhaus, ein liebevoll dekoriertes Trockenklo und einen Duschraum. Sehr ruhig gelegen, mit 30 Dollar für die zentrale Lage direkt am Valley preislich okay und gemütlich. Ganz besonders schön ist ein kleiner Trail, der in 10 Minuten zu einem wunderschönen Aussichtspunkt über das Monument Valley führt. Ganz alleine und in völliger Ruhe genießen ich den Sonnenuntergang an diesem wirklich magischen Ort, der die drei berühmten Buttes in flammendes Rot taucht. Am nächsten Morgen unternehmen wir noch eine Wanderung rund um den Western Butte, ein schönes Erlebnis. Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Marlborough Mann aus der Zigarettenwerbung und das Klischee der Freiheit im unendlichen Wilden Westen ist perfekt.
Video zum Monument Valley:
Was für tolle Bilder,
Da bin ich mit einem bein schon im Flugzeug!!