Unsere Reise durch Mexiko geht früher zu Ende als geplant, da wir überraschend nach Deutschland zurückkehren müssen. Doch davon ahnen wir noch nichts, als wir von Creel nach Süden aufbrechen.
Zur Barranca Sinforosa
Von Creel führt uns der Highway 25 mit unendlich vielen Kurven durch Pinienwälder und Schluchten. Manchmal erklimmt die Straße eine Passhöhe und stürzt sich dann in das nächste Tal. Eine sehr schöne Strecke. Hinter dem Ort Samachic wird die Landschaft schließlich flacher und offener. Nun betimmen große Maisfelder sowie Rinderweiden das Bild. Die Dörfern sehen etwas wohlhabender aus. Wir verlassen den Naturpark der Barrancas del Cobre und genießen 20 Kilometer südlich der Stadt Guachochi von einem Aussichtspunkt zum letzten Mal eine der tiefen Schluchten der Barrancas. Die Barranca Sinforosa ist 1800 Meter tief. Ihre zerklüfteten Hänge sind mit Pinien bewachsen, was die Dramatik der Schlucht etwas mildert. Oder sind wir vielleicht mittlerweile zu verwöhnt in dieser Hinsicht?
Unsere weitere Fahrt führt nun nach Osten. Etwas abseits der Teerstraße führt uns die App iOverlander wieder zu einem guten, sehr ruhigen Übernachtungsplatz. Immer noch bewegen wir uns auf rund 2500 Metern Höhe. Abends und morgens sinken die Temperaturen auf den Gefrierpunkt, so dass wir uns bevorzugt im Auto aufhalten.
Im Verlauf der weiteren Fahrt erreichen wir tiefere Lagen, Olivenplantagen ersetzen die Pinien. Vor der Stadt Hidalgo del Parral gibt es eine stationäre Polizeikontrolle, denn hier kommen wir in die Provinz Durango. Schließlich rollen wir einige Kilometer später auf dem Highway 45 durch eine schier endlos erscheinende Ebene mit Rinderweiden. Die zugehörigen Ranchen, zu denen imposante, edle Eingangstore führen, müssen riesig sein. Soweit wir sehen können, erstrecken sich die Zäune entlang der Straße. Rund 150 Kilometer verläuft die breit ausgebaute Straße exakt geradeaus, ohne eine einzige Kurve.
Abrupt endet die Ausbaustrecke am Beginn eines kleinen Gebirgszuges und schlängelt sich nun durch Täler. Sofort steigt am Straßenrand die Anzahl der an tödliche Unfälle erinnernde Kreuze an. Die Mexikaner fahren zwar entspannt, aber schnell und bremsen nicht gerne, dafür überholen sie und schneiden die Kurven mit großem Gottvertrauen. Manchmal fliegt der Schutzengel dann wohl zu langsam.
Kurz vor dem Ort Rodeo biegen wir auf eine Schotterpiste ab und finden einen ruhigen Stellplatz an einer Viehweide – von der Straße nicht sichtbar. Am nächsten Morgen setzen wir unsere Fahrt fort. Anfangs verläuft die Strecke auf dem Highway 34 sehr schön durch ein idyllisches Flusstal, dann wechseln wir auf den stärker befahrenen Highway 49. Am späten Vormittag beginnt es in Strömen zu gießen und hört für den Rest des Tages nicht mehr auf. Zudem ist es mit 3 bis 5 Grad Celsius jämmerlich kalt. Die Landschaft präsentiert sich nun sehr eintönig, eine total platte Ebene mit Äckern und später wüstenartig mit vielen Yukkas und Kakteen.
Von Deutschland aus erreicht uns am frühen Morgen die Nachricht, dass sich der Gesundheitszustand von Olafs Mutter plötzlich sehr verschlechtert hat. Wir beschließen, diesen eigentlich bis Weihnachten geplanten Abschnitt unserer Reise vorzeitig zu beenden. Doch werden wir zunächst nach Zacatecas fahren, das in Richtung Mexiko City liegt. Dort werden wir unseren Yoda für die Wochen während unserer Heimreise parken.
Nach Zacatecas
Also schwingen wir uns auf die Schnellstraße. Trotz des miesen Wetters und der großen Schlaglöcher in der Fahrbahn überholen alle Fahrzeuge munter auf der zweispurigen Straße, sogar die schweren Sattelschlepper, die mit ihren Überseecontainern und manchmal sogar noch mit Anhängern locker an die US-Kollegen heran reichen. Der Gegenverkehr stört dabei nicht, denn man weicht flexibel beidseitig auf den Standstreifen aus, so dass drei schmale Fahrspuren entstehen. Wenn jedoch in beiden Richtungen überholt wird oder ein Fahrzeug auch nur einen kleinen Schwenker macht, sind wohl wieder neue Kreuze am Fahrbahnrand fällig. Erst 80 Kilometer vor Zacatecas hat die Straße wirklich 2 Spuren je Richtung, die Fahrt wird etwas entspannter. Während der gesamten Strecke gibt es mehrere Polizeikontrollen. Es wird nach dem Woher und Wohin gefragt, das war’s dann auch. Mit Einbruch der Dämmerung erreichen wir bei Starkregen und Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt die Provinzhauptstadt Zacatecas, wo wir auf dem Parkplatz des Hotels Baruk Teleferico y Mina übernachten. In der Hotellobby steht schon ein kitschig geschmückter Plastik-Weihnachtsbaum, passend zum Wetter. Mit Zugang zu einem (eiskalten) Badezimmer kostet die Nacht auf dem Hotelparkplatz 450 Pesos, rund 22 Euro.
Am nächsten Tag ist der Himmel wieder knallblau und die Temperaturen steigen auf sehr angenehme 17 Grad. Die Altstadt von Zacatecas ist UNESCO-Welterbe und wirklich sehr sehenswert. Neben einer großen Barock-Kathedrale gibt es überall herrliche Häuser im Kolonialstil, verwinkelte Gassen und vor allem ein buntes Stadtleben. Wir lassen uns treiben, entdecken den Kreuzgang eines alten Klosters, originelle Cafés und urige Markthallen. Die Stadt gefällt uns sehr und wir wundern uns, dass es für diesen lebenslustigen, freundlichen Ort eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gibt.
Nach Mexiko City
Die zweispurige Schnellstraße nach Mexico City ist in einem katastrophalen Zustand. Die Fahrbahn besteht eigentlich nur aus tiefen Schlaglöchern. Wir sind erleichtert, als wir endlich die gebührenpflichtige Autobahn erreichen. Hier ist der stellenweise sehr dichte Autoverkehr erträglicher. Lästig sind die Halte an den zahlreichen Mautstellen, dort bilden sich oft Staus. Die Landschaft ist überwiegend eintönig und flach, doch der Eindruck kann auch von der Autobahn aus täuschen. Rund 200 Kilometer vor Mexiko City fahren wir über schmale Natursteinwege hinauf auf einen Höhenzug. Im Waldgebiet Laguna de Servin übernachten wir auf 2700 Metern Höhe sehr ruhig und friedlich. Allerdings ist es auch hier in der Nacht schon sehr kalt.
In Mexiko ist eine Fahrt auf der Autobahn wirklich speziell. Man muss einfach jederzeit auf alles gefasst sein. Geschwindigkeitsbegrenzungen werden ignoriert, man fährt so schnell, wie das Fahrzeug kann. Dabei sind manche Lkw in einem erbärmlichen Zustand, wir sehen sogar einen Lastwagen, dem der Hänger einfach quer durchgebrochen ist. Auf dem Seitenstreifen sind auch Radfahrer, Fußgänger oder auch mal ein Traktor unterwegs. Führt die Autobahn durch Siedlungen, wird sie natürlich von Fußgängern oder Radfahrern gequert. Es ist auch total normal, dass die Beschleunigungsstreifen an den Auffahrten komplett mit Lkw zugeparkt sind. Denn hier gibt es am Fahrbahnrand reihenweise Imbissbuden, die bei den Truckern sehr beliebt sind.
Gegen Mittag erreichen wir den mit Hilfe von iOverlander nördlich von Mexiko City gefundenen Trailerpark in Teotihuacán, wo wir übernachten und Yoda während unseres Aufenthaltes in Deutschland unterstellen wollen. Ein Campinggast öffnet uns glücklicherweise das Tor, ansonsten ist gerade niemand da. Auf einer Wiese stehen einiger Overlander-Fahrzeuge, natürlich auch die obligatorischen Expeditions-LKW aus der Schweiz und Deutschland. Den ganzen Nachmittag sind wir damit beschäftigt unsere Sachen zu sortieren und Yoda abstellbereit zu machen.
So endet dieser dritte Abschnitt unserer Panamericana-Tour bereits nach nur 6000 Kilometern in Mexico City.
Rückreise nach Deutschland
Das Gepäck ist an unserem Abflugtag, rasch zusammen gesucht. Wie immer arbeiten wir mit Checklisten, das erleichtert das Ganze. Heute ist auch die Inhaberin des Trailerparks da. Mina spricht sehr gut Englisch und bei ihr ist alles ganz unkompliziert. Pro Monat kostet das Abstellen unseres Yoda 1600 Pesos, ungefähr 80 Euro, und damit halb soviel wie der Storage in Las Vegas. Die Hälfte der Gebühr zahlen wir jetzt in bar und den Rest, wenn wir zurück kommen. Es gibt auch keinen Vertrag und wir müssen keinerlei Dokumente vorlegen.
Unser Flug geht erst kurz vor 22 Uhr. So haben wir ausreichend Zeit für einen Bummel am Nachmittag durch das Zentrum von Teotihuacán. Viele Familien flanieren entspannt entlang von Verkaufsständen, es duftet nach Essen, überall ist Musik. Wir genießen bei blauem Himmel und 25 Grad noch einmal diese bunte, lebensfrohe Atmosphäre, die wir hier so lieben gelernt haben und uns schaudert bei einem Blick auf den Wetterbericht für Deutschland: Grauer Himmel, Regen und Schnee bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Eigentlich wollten wir für den einstündigen Transfer zum Flughafen Uber nutzen. Doch trotz mehrfacher Versuche bekommen wir keinen Fahrer und die Zeit wird knapp. Mina und ihre Tochter fahren uns schließlich, natürlich gegen Bezahlung. So kommen wir doch noch pünktlich zum Gate, unseren Anschlussflug in Amsterdam erreichen wir noch so gerade. Eine Stunde Umsteigezeit, incl. sehr aufwändiger Gepäckkontrolle und Spurt über den halben Flughafen, sind schon sportlich. Abgehetzt sitzen wir in der kleinen Maschine und müssen dann noch lange auf den Abflug warten, weil es in Frankfurt heftig schneit. Gegen 20.30 Uhr sind wir endlich müde wieder in unserer eiskalten Wohnung und fühlen uns doch nicht zu Hause.