Ab Le Mont St.Michel folgen wir bis Roscoff dem Eurovelo 4. Dieser europäische Fernradweg folgt der Meeresküste nach Westen. Wegen der vorherrschenden westlichen Winde sind wir mit unserer Fahrt Richtung Westen natürlich eigentlich in der falschen Richtung unterwegs. Aber wir haben überwiegend Glück mit Wetter und Wind. Einige Tage lang bläst er sogar von Osten und schiebt uns. Nur während der letzten beiden Tage vor Roscoff kämpfen wir mit starkem Gegenwind.
Auf der relativen kurzen Strecke von Le Mont St.Michel nach Roscoff legt der Eurovelo 4 400 Kilometer zurück. Er schafft dies durch einen endlosen Zickzackkurs. Zum einen werden kleinste Sträßchen, Feldwege und Pfade in dem Bemühen genutzt, den Straßenstraßenverkehr zu meiden und zum anderen folgt er der sehr unruhigen Küstenlinie. An der Steilküste geht es außerdem ständig munter bergauf und -ab. Direkt an der Küste ist einiges los mit Wohnmobilverkehr und Scharen von Urlaubern, hauptsächlich aus Frankreich. Doch abseits davon sind wir, abgesehen von einigen anderen Tourenradlern, meist alleine unterwegs.
Wir radeln durch unendlich viele Dörfer und etwas weniger Städte. Die Häuser in den Dörfern sind wunderschön – graue kleine Bruchsteinhäuschen mit blauen Fensterläden und mit herrlichen Hecken aus Hortensien ringsherum. In den Städten gibt es oft schöne mittelalterliche Zentren anzuschauen. Gerne machen wir dort auch mal eine Pause in einem Café für eine Tasse des guten französischen Café au Lait. Täglich ist für uns unser zweites Frühstück, die Pause gegen 11.00 Uhr, mit dem unglaublich guten bretonischen Kuchen ein Genuss.
Seit Start der Tour gibt unser Gaskocher blubbernde Geräusche von sich, die inzwischen dem Motorengeräsuch einer Harley Davidson ähneln. Mit Schrecken stellen wir fest, dass der Kocher dabei ist, sich selber zu zerlegen. Das Gitternetz und die darüber befindliche Metallplatte zum Brechen des Gasdrucks lösen sich allmählich auf. Wir suchen nach Ersatz und finden in den ortsüblichen Geschäften nur die französischen Camping-Gaz-Kocher. Sie passen jeweils nur auf eine spezielle Gasflasche und wir müssen fürchten, bereits in England keine passenden Flaschen mehr zu bekommen. Endlich finden wir in Saint Brieuc ein großes Sportgeschäft mit einem halbwegs passablen Ersatzkocher. Seitdem kochen wir wieder lautlos.
Nach über zwei Wochen auf dem Rad sind wir nun halbwegs eingefahren. Während der dreimonatigen Pause nach unserer Rückkehr aus Neuseeland haben sich unsere Radlermuskeln völlig zurückgebildet und mussten mit viel Mühe und Schmerzen neu aufgebaut werden.
Während der letzten zwei Tage vor Roscoff erwischt uns der erste richtige Regen seit unserem Start in Straßburg. Richtig nass werden wir auf dem Fußweg von einem Campingplatz zum Supermarkt. Aber auch hier haben wir Glück und zelten auf einem der wenigen Campingplätze mit einem Aufenthaltsraum und Küche – und das Ganze kostet nur knapp 7 Euro für 2 Personen!