Auch Reisebusse fahren auf der einspurigen Ruta 3N

Von Cajamarca nach Caraz

Central de Emergencias Cajabamba, 26.8.2025

Heute haben wir einen ganz exklusiven Stellplatz für die Nacht: die Polizeistation der Stadt Cajabamba an der Ruta 3N.

Erst gegen mittags kommen wir von Cajamarca los und erreichen nach rund 4 Stunden Fahrzeit die 120 Kilometer entfernte Stadt Cajabamba. Endlos gurken wir wieder durch recht trockene Felder, Dörfer und kleine Städtchen, die immer einen netten zentralen Platz vor der Kirche mit einem Park haben. Schließlich geht es in vielen Kurven etliche hundert Meter runter in das breite, grüne Tal des Rio Huamanchoquito und dann wieder hinauf nach Cajabamba. In der Stadt herrscht wieder ein brutaler Verdrängungskampf, jeder Autofahrer versucht um jeden Preis zu überholen und den „Gegner“ auszubremsen.

Typischer Bau-Mix aus Alt, Neu und Halbfertig
Typischer Bau-Mix aus Alt, Neu und Halbfertig
Stadtstraße in Cajabamba
Stadtstraße in Cajabamba

Unmittelbar hinter der Stadt endet die gut ausgebaute Straße schlagartig. Die letzten15 Kilometer zu unserem Tagesziel holpern wir wieder überwiegend auf einer einspurigen Schotterpiste mit vielen Schlaglöchern. Die Polizeistation einige Kilometer hinter dem Ortsende ist rund um die Uhr besetzt, der Wachposten hat nichts gegen unseren Besuch. Wir könnten sogar in einem der modernen, aber leerstehenden und etwas runtergekommenen Gebäude übernachten. Es gibt fließendes Wasser, benutzbare Toiletten und viele nette Autofahrer, die uns im Vorbeifahren zuwinken.

Übernachtung bei der Polizeistation
Übernachtung bei der Polizeistation

Piste 931, 27.8.3025

Beim Frühstück draußen ist es mit nur 6 Grad noch ganz schön kalt. Doch dann taucht die Morgensonne die Landschaft in ein strahlendes Licht. Die von der Sonne ausgetrockneten Wiesen leuchten, ebenso wie die roten Lehmhäuser in den Dörfern. Jedoch stehen viele der alten Gebäude leer. Die jungen Leute zieht es wie überall in die Städte. Es ist sehr schön, durch diese entlegenen Gegenden zu fahren und den normalen Alltag auf dem Land zu erleben. Da sonnen sich die fetten Schweine am Straßenrand. Eine Frau melkt die Kühe auf der Weide, das Kleinkind hängt im Tragetuch auf dem Rücken. Ein alter Mann schleppt Holz, zwei Omas halten einen Schwatz an der Haustür. Es gibt viel zu sehen.

Landschaft südlich von Cajabamba
Landschaft südlich von Cajabamba
Bauerndorf an der Ruta 3N bei Cajabamba
Bauerndorf an der Ruta 3N bei Cajabamba

Die Ruta3N ist deutlich besser als befürchtet und so sind wir nach sehr schöner Fahrt schon pünktlich zur Kaffeepause an der Laguna Sausacocha. Der kleine See ist ein beliebtes Ausflugsziel mit vielen Restaurants am Ufer und natürlich lauter Musik.

Plaza in Huamachuco
Plaza in Huamachuco

Kurz darauf erreichen wir die Kolonialstadt Huamachuco. Nachdem wir uns durch enge Einbahnstraßen gequetscht haben, landen wir direkt auf der prächtigen Plaza mit einem schönen Park und dem stattlichen Denkmal von José Faustino Sánchez Carrión. Der berühmteste Sohn der Stadt war der geistige Vater von Perus republikanischer Verfassung und als Mitstreiter von Simon Bolívars ein Wegbereiter für die Unabhängigkeit des Landes und Gründung der Republik Peru, deren 200jähriges Bestehen in diesem Jahr gefeiert wird.

Die Ruta 3N steigt nun hinauf in die Berge bis auf 4400 Meter. Wir fahren an erschreckend vielen wilden Müllkippen und großen Minen mit Kupfer-und Goldbergbau vorbei mit Stauseen voller giftig bunter Abwässer Das Gold wird mit Quecksilber aus dem Gestein gewaschen. Dass diese großartige Bergwelt dabei zerstört wird, spielt offenbar keine Rolle. Aber nicht nur große Konzerne, sondern auch „private “ Schatzsucher arbeiten in den kahlen Höhen. Wir sehen in eisiger Kälte ihre primitive Zeltstädte aus schwarzen Plastikplanen, umgeben von Abfällen und ohne irgendwelche sanitären Einrichtungen. Dort werden mit Spitzhacken und Muskelkraft waghalsig gesicherte Stollen in die Hänge getrieben und nach Gold geschürft.

Zeltlager der Goldsucher
Zeltlager der Goldsucher

Hier oben biegen wir ab auf die Ruta 931, die den weiten Bogen der geteerten Hauptstraße abkürzt. Die grobe Schotterpiste führt uns durch die weite Graslandschaft des Páramo mit großartigen Fernblicken bis zu den 6800 Metern hohen Eisriesen der Cordilliera Blanca. Hier gibt es nicht nur heftigen Wind, sondern auch traumhafte Stellplätze und so beenden wir unsere Etappe bereits am frühen Nachmittag.

Einsamer Stellplatz auf der Piste 931
Einsamer Stellplatz auf der Piste 931

Pallasca, 28.8.3025

Ein abenteuerlicher Tag auf Perus wahnwitzigenn Andenpisten. Das Wetter ist wieder traumhaft, kaum ein Wölkchen trübt den blauen Himmel über dem goldgelb verbrannten Grasland. Sehr schön geht es auf schmaler und kurviger Piste hinunter zur Ruta 3N. War diese noch zur Erschließung der großen Goldgruben eine hervorragende Asphaltstraße, staunt man nun nicht schlecht. Eine staubige, schlaglochreiche und schmale Piste ist daraus geworden, die im Laufe des Tages immer schlechter wird. In unendlichen Kurven windet sie sich oberhalb eines wieder sehr tiefen Flusstales und führt uns oberhalb des Ortes Chachiudan in die hohen Berge. Die abgelegenen Dörfer sind sehr ärmlich. Überall sehen wir die identischen gemauerten Toilettenhäuschen mit einem Waschbecken davor, die in einigem Abstand zu den Wohnhäusern stehen. Wir vermuten, dass diese Sanitärblocks durch eine öffentliche Institution gebaut werden, um einigermaßen hygienische Lebensbedingungen zu schaffen.

Fahrt nach Pallasca
Fahrt nach Pallasca

Die R3N windet sich einspurig endlos durch die Berge. Eine sehr schöne Strecke, auch wenn man kaum von der Stelle kommt. Im Dorf Angasnarca ist wegen einer Fiesta die gesamte Ortsdurchfahrt gesperrt. Wir müssen auf eine noch kleinere Nebenpiste ausweichen. Natürlich ist nirgendwo etwas beschildert, man ist immer auf die Auskunft der Anwohner angewiesen. Da sind wenigstens geringe Sprachkenntnisse schon sehr nützlich. Bei Tanpo Pamarca Alta kommen wir zurück auf die 3N. Gegenüber des Ortes liegt wieder ein großes Grubengelände, wo Gold industriell abgebaut wird. Hierfür werden ganze Berge abgetragen, sogar eine Landepiste gibt es zur Erschließung in der Nähe. Die Gruben sind für die Menschen hier bestimmt wichtige Arbeitsgeber, ansonsten hält man Vieh und bestellt die bescheidenen Felder. Einige Dörfer und viele Kurven weiter ist die Ortsdurchfahrt von Mollepata wegen Baustelle komplett gesperrt. Behelfsmäßig kann man auf einer geschobenen Rampe um den Ort herumfahren, allerdings nur mit einem kleinen Auto und mehrfachem vor-und zurück rangieren. Zu unserer absoluten Verblüffung ist danach die Straße plötzlich zweispurig und asphaltiert. In eleganten Spitzkehren schwingt sie sich die fast senkrechten Wände der Schlucht 500 Meter zum Rio Tablachaca hinunter. Doch rund die Hälfte der ansonsten makellosen Luxusstraße ist mittlerweile durch Erdrutsche zerstört. Hier bahnt man sich auf Schotter einspurig den Weg um Haarnadelkurven durch beängstigende Erdwälle und betet, dass doch bitte jetzt kein Gegenverkehr kommt, da weit und breit keine Ausweichstellen in Sicht sind. Nach der Flussbrücke geht es sofort wieder in unendlichen Spitzkehren die Schlucht bergauf.

Ruta 3N zum Rio Tablachaca
Ruta 3N zum Rio Tablachaca

Auch hier ein steter Wechsel zwischen Asphalt und extrem steilen, einspurigen Passagen auf grobem Schotter in den Erdrutschzonen. So arbeiten wir uns wieder hoch, den schwindelerregenden Abgrund von 800 Metern direkt neben der rutschigen Piste. Olaf ist da Gott sei Dank unglaublich gelassen, mir wird vor Höhenangst wirklich übel. Endlich lassen wir die Kehren hinter uns, rund 200 Höhenmeter zieht sich die Straße noch am Rand der Schlucht hoch bis zum ärmlichen Ort Pallasca in 3200 Metern Höhe. Gegen 17.00 Uhr beenden wir nach über 8 Stunden und nur 130 Kilometern den langen Fahrtag in einem kleinen Wäldchen am Rand der Straße.

Yupan, 29.8.2025

Direkt hinter unserem Stellplatz bei Pallasca beginnt die unendliche Baustelle auf der 3N. Die Straße wird verbreitert und wahrscheinlich dann auch asphaltiert. Entweder fahren wir zwischen den Baustellenfahrzeugen oder es ist nur ein Fahrstreifen freigegeben, dann müssen wir auch manchmal längere Zeit warten. Immer hüllt uns eine weiße Staubwolke auf der Piste ein. Wie schon in den letzten Tagen kreuzt die 3N immer wieder die prähispanische Inca-Straße von Quito nach Cuzco. Von der alten Route, die UNESCO -Welterbe ist, ist jedoch nichts zu sehen, außer den entsprechenden Hinweisschildern.

In den kleinen Dörfern, durch die wir fahren, dominieren traditionelle Lehmhäuser, die an den Steilhängen wie Schwalbennester kleben. Manchmal enden die schmalen Gassen daher in Treppenverbindungen zur nächsten Straßenebene. Die für Autos machbare Ortsdurchfahrt zu finden, ist nicht immer einfach, ein Orientierungspunkt ist die schön gestaltete zentrale Plaza. In den Orten gibt es praktisch keine Autos, höchstens 2-3 stehen in den Straßen. Selbst Motorräder sind selten. Man geht zu Fuß oder reitet auf einem Muli.

Unsere Lebensmittelvorräte gehen zu Ende, daher steht der Einkauf in zwei winzigen Tiendas an. Die Auswahl an Obst und Gemüse beschränkt sich auf Möhren, Kartoffeln und Zwiebeln, im zweiten Laden gibt es sogar Tomaten und überreife Bananen. Ansonsten bekommt man aber hier fast alles. Mir macht der Einkauf viel Spaß und auch die alte Inhaberin hat ihre Freude an meinem Spanisch-Kauderwelsch.

typischer Dorfladen
typischer Dorfladen
Chefin des Dorfladens
Chefin des Dorfladens

Auf den Weizenfeldern ist Erntezeit. Alles wird in Handarbeit gemacht. Manchmal sehen wir aber auch Esel zum Dreschen im Kreis über die Ähren laufen.

Die Straßen fahren stets das gesamte Tal aus und winden sich an der gegenüberliegende Seite wieder zurück. So kommen wir auch heute nur langsam voran, in 8 Stunden Fahrzeit gerade mal 125 Kilometer.

Auch Reisebusse fahren auf der einspurigen Ruta 3N
Auch Reisebusse fahren auf der einspurigen Ruta 3N

Im größeren Ort Tauca verlassen wir die 3N und biegen ab auf die praktisch verkehrsfreie und einspurige Ruta 3Na. Was sind wir froh, dass unser Yoda so klein ist! Eine Haarnadelkurve ohne jegliche Sicht folgt der nächsten. Die Abgründe ins Tal sind wieder haarsträubend, es geht wieder immer mehrere hundert Meter senkrecht runter. Der Rand der Piste bröselt teilweise ab, ein am Wegrand liegender Stein oder Stock ist der dezente und unbedingt ernst zu nehmende Hinweis, dass sich hier ein Stück der Fahrbahn in Luft aufgelöst hat. Ich sterbe mal wieder tausend Tode.

Dorfstraße in Llapo
Dorfstraße in Llapo
Llapo
Llapo
Kirche von Llapo
Kirche von Llapo

Aber was für eine unglaubliche Landschaft! Es ist absolut faszinierend, durch diese wilden Gebirgsschluchten und über die hohen Pässe zu fahren und durch die von der Welt abgeschiedenen Dörfer zu schlendern. In Llapo entdecken wir z. B. eine 200 Jahre alte Kirche mit einer prächtigen Barockfassade, die im Inneren fast dunkel ist. Nur durch die Löcher im Dach dringt Tageslicht.

Bei Bambas beginnt wieder eine asphaltierte Strecke, jedoch ist auf hier die Ruta 3Na nur einspurig entlang tiefer Schluchten. Es grenzt schon an ein Wunder, dass wir am gesamten Nachmittag nur zwei anderen Autos begegnen. Vor und hinter Bambas queren wir zwei Pässe, unterhalb der zweiten Passhöhe finden wir einen Stellplatz auf einer ebenen Schotterfläche mit großartigem Blick auf die Eispyramiden der Cordillera Blanca.

Stellplatz mit Blick auf die Cordillera Blanca
Stellplatz mit Blick auf die Cordillera Blanca

Rio Santa/Cañon del Patos, 30.8.2025

Mit vielen Spitzkehren geht es runter nach Yupan. Hier sind sämtliche befahrenen Dorfstraßen gesperrt, weil neue Leitungen verlegt werden. Es gibt eine geschobene Piste als Umleitung, die wir dummen Gringos natürlich erst von den Bewohnern gezeigt bekommen müssen.

Beängstigend steil führt die bröselnde einspurige Straße wieder an den Steilhängen entlang. An einem Bach machen wir Halt. Nach Ewigkeiten kommt die elektrische Handdusche zum Haarewaschen zum Einsatz. Das tut gut!

Die Landschaft wird immer wüstenartiger, je tiefer wir kommen. Grüne Flecken in den Schotterflächen gibt es nur durch künstliche Bewässerung an den Dörfern. Die Straße windet sich entlang der Steilhänge des Rio Manta, der beängstigende 800 Meter unter uns fließt. La Pampa ist das größte Dorf im weiten Umkreis und hierher fahren auch große Linienbusse. Sogar ein Schwertransporter, der mit Minenfahrzeugen beladen ist, ist unterwegs. Allerdings halten wir wirklich den Atem an, wenn die großen Fahrzeuge über die einspurige Straße mit Schlaglöchern, Erdrutschen und Spitzkehren an der Steilwand des Canyons entlang fahren. Vom Asphalt ist nicht viel übrig. Statt dessen Schotter und in den Steilkurven auch tiefer, rutschiger Sand. Geradezu irre ist diese die Abfahrt hinunter zum Rio Santos in den Cañon de los Patos. Über 1000 Höhenmeter geht es die schottrigen Steilwände in 20 Haarnadelkurven nach unten bis auf 1200 Meter Höhe. Die Bergwände aus bröselnden Sandstein sind bunt wie in Island: Rot, gelb, grün, weiß Eine wahre Mondlandschaft.

Ruta 3N hinter La Pampa
Ruta 3N hinter La Pampa
Bunte Sandsteinberge auf dem Weg zum Canyon del Patos
Bunte Sandsteinberge auf dem Weg zum Canyon del Patos
Abfahrt zum Canyon del Patos
Abfahrt zum Canyon del Patos

Geradezu entspannend wirkt dann die Fahrt durch den Cañon. Endlich keine gähnenden Abgründe mehr, obwohl man auch hier teilweise eine Fallhöhe von 100 Metern in den Fluss hat, mit unschönen Folgen,wie etliche Kreuze am Straßenrand zeigen.

Kalte Cola gibt es überall
Kalte Cola gibt es überall
Canyon del Patos
Canyon del Patos

Auf einem ehemaligen Freizeitgelände finden wir am Nachmittag einen schönen Stellplatz direkt am Fluss. Mit fast 30 Grad Celsius sind wir nun hier, 2000 Höhenmeter tiefer als heute früh, im Sommer gelandet.

Caraz, 31.8.2025

Nach einer ruhigen Nacht mit einem wieder unglaublichen Sternenhimmel starten wir erst gegen 9.30 Uhr, damit wir bei der Fahrt durch den Cañon del Pato gutes Licht haben. Die Strecke ist bekannt als eine der „gefährlichsten Straßen der Welt“. Aus unserer Sicht eine arge Übertreibung, vielleicht sind wir aber auch schon einfach nach den schauderhaften Pisten der letzten Tage abgestumpft. Doch eine absolut tolle Straße mit einer bewundernswerten Bauleistung ist es trotzdem. Auf einem 12 Kilometer langen Abschnitt einer ehemaligen Eisenbahntrasse ist das Tal des Rio Santo extrem eng, an der schmalsten Stelle nur 6 Meter, die Felswände der Cordillera Blanca (im Osten) und der Cordillera Negra (im Westen) ragen bis zu 1000 Meter hoch. Hier scheinen die Berge fast zusammen zu stoßen. Spektakulär ist auch die Fahrt durch die 35 unbeleuchteten, engen Tunnel, doch es gibt auf der gesamten einspurigen Strecke genügend Ausweichstellen.

Ein Tunnel nach dem anderen
Ein Tunnel nach dem anderen
Piste durch den Canyon del Patos

Mittags sind wir schon in der Stadt Caraz, füllen unsere Gemüse-und Obstvorräte auf dem Mercado Central auf und erholen uns im Garten der Apu Ecolodge von den Pistenabenteuern der letzten Woche. Vor allem die richtig heiße Dusche ist ein Genuss. Abends kommen noch Axel und Elke auf den Platz. Nach den Erfahrungen am Calla Calla-Pass sind sie mit ihrem gigantischen Expeditions-Lkw nicht über die Berge gefahren, sondern haben die Küstenstrecke über Tujillo genommen. Allerdings kommen sie trotz mehrfacher Versuche nicht durch das Eingangstor des Campingplatzes und müssen woanders übernachten.