Von Mühltal in die Türkei

Am 14.8. startet unsere große Tour. Ganz entspannt geht es am ersten Tag über die Autobahn von Darmstadt nach Österreich. Ungefähr eine Autostunde südlich von Linz finden wir mit Hilfe der App Park4Night einen wunderschönen Übernachtungsplatz an einer Wiese direkt an der Donau. Abends fahren noch mehrere Flusskreuzfahrtschiffe vorbei, sonst ist es herrlich ruhig und einsam.

Stellplatz an der schönen blauen Donau

Morgens frühstücken wir gemütlich in der warmen Sonne, über dem Fluss liegt noch etwas Dunst, eine sehr schöne Stimmung. Wir machen noch einen Abstecher zum Kloster Melk, das fast am Weg liegt. Das riesige Barockstift thront wie eine Festung hoch über der Donau. Hier tummeln sich natürlich sehr viele Touristen, vor allem werden die Reisegruppen der Kreuzfahrschiffe mit Bussen hierher gekarrt. So betrachten wir den in Marmor und Gold schwelgenden Prunk der Stiftkirche gemeinsam mit vielen Chinesen und Amerikanern. Schön ist dann die Fahrt entlang der Donau durch die Wachau bis Krems. Ein enges Flusstal, grüne Berghänge, idyllische Dörfer und Weinberge. Bestimmt eine der schönsten Etappen des Donauradweges, leider nur knapp 30 Kilometer lang. Über die Autobahn geht es durch Wien und bald erreichen wir Ungarn. Die Landschaft ist eintönig, pla ttes Land und Felder, soweit das Auge reicht. Aber unser Navi sorgt für Abwechslung und führt uns vom Autobahnring um Budapest hinunter in die Stadt. Im dichten Feierabendverkehr geht es nun quer durch die Hauptstadt Ungarns. Wir lernen viele Wohnviertel und Gewerbegebiete kennen und hangeln uns von einem Stau in den nächsten. Nach fast zwei Stunden ist es geschafft, die Stadt liegt hinter uns. Es dämmert schon, als wir an den mit “Park4Night“ gefundenen Parkplatz für unsere Übernachtung ankommen, ca. 100 Meter außerhalb eines Dorfes an einer kleinen Grünanlage, die mit einem Denkmal den geographischen Mittelpunkt Ungarns markiert.

Die Nacht ist ruhig, nur stört das andauernde Bellen der Hunde im Dorf. Weiter geht es über die nur mäßig befahrene Autobahn durch die ungarische Tiefebene. Der Grenzübertritt nach Serbien ist rasch erledigt. Ebenso die Fahrt durch Belgrad gegen Mittag. Endlich wird die Landschaft bergiger und interessanter. Von Serbien sehen wir nicht viel, auf einer Autobahn rauscht das Land an einem vorbei, in Erinnerung bleiben vor allem die total vermüllten und verlotterten Rastplätze. Gegen Abend stehen wir an der bulgarischen Grenze, ca. 20 Kilometer vor Sofia hält unser rollendes Heim endlich an. Ein sehr schöner Stellplatz oben auf einem Hügel, ca. 300 Meter auf einem unwegsamen Schotterweg von der nächsten Straße entfernt, mit weitem Panoramablick über das Land. Den auch hier allgegenwärtigen Müll und Bauschutt ignorieren wir so gut es geht.

Nach einer friedlichen und sehr ruhigen Nacht fahren wir um Sofia herum, dann ca. 150 Kilometer über die Autobahn und Landstraße nach Koprivstica. Der kleine, alte Ort steht komplett unter Denkmalschutz und wir bummeln ausgiebig durch die verwinkelten Gassen.

Bunte Holzhäuser in Koprivstica

Berühmt ist das Dorf wegen seiner schönen Holzhäuser aus der Zeit um 1860 herum, der sogenannten bulgarischen Renaissance, als sich nach einer Revolution erstmals ein bulgarischer Nationalstaat bildete. Die bunten Häuser sehen aus wie Lebkuchenhäuschen. Jetzt, am Samstag, sind auch zahlreiche bulgarische Tagesausflügler hier unterwegs. Über kleine, kurvige Straßen geht es dann durch die Berge. Nur eine halbe Stunde hinter Koprivstica beschließen wir spontan auf einem Aussichtspunkt zu bleiben. Zu schön ist es hier mit dem weiten Blick über die bewaldeten Berge bis in die Ebene nach Plovdiv, unserem eigentlichen Tagesziel. So verbummeln wir den Nachmittag in der milden Sonne, trinken Tee, lesen und haben “Urlaub“. Das tut gut nach der vielen Fahrerei der letzten Tage.

Stellplatz mit Ausblick

Am nächsten Tag erreichen wir dann nach ca. 1,5 Stunden die Stadt Plovdiv. Es ist die zweitgrößte Stadt des Landes und die diesjährige Kulturhauptstadt Europas, eine Metropole, die älter ist als die antiken griechischen oder römischen Städte. Interessant ist für uns der Bummel durch die sehr gepflegte Fußgängerzone mit zahlreichen Geschäften, die auch am Sonntag teilweise geöffnet sind. Viele Menschen schlendern im Sonntagsstaat herum, die Frauen oft in hautengen, superkurzen Kleidern und halsbrecherischen Highheels.

Einkaufsmeile in der Fußgängerzone von Plodiv

Gut besucht sind auch die einladenden Lokale und Restaurants. Auch wir wagen uns an das Abenteuer eines Cafébesuchs. Es ist schon komisch, wenn man überhaupt keine Ahnung hat, was auf der Speisekarte steht – denn schließlich wird in Bulgarien alles in kyrillisch geschrieben. Hier hilft uns aber der Google-Übersetzer weiter, auch wenn da manchmal sehr kursiose Gerichte zu Stande kommen. Immerhin schaffen wir es Latte Machiatto und leckeren Kuchen zu ordern. Am Nachmittag steht der Bummel durch die auf drei Hügeln liegende Altstadt an. Wunderschön sind die engen Gassen mit ihrem krummen Kopfsteinpflaster und den herrlichen, sehr wohlhabend wirkenden Häusern im rumänischen Renaissancestil.

In der Altstadt von Plodiv

Mit einem ganz besonderes Erlebnis werden wir in den Ruinen des antiken römischen Amphitheaters überrascht. Eine chinesische Touristengruppe schmettert höchst professionell Opernarien und so können wir uns bei der Musik von Puccini und Verdi von der hervorragenden Akustik überzeugen. Am späten Nachmittag gehen wir in ein sehr schönes, schattiges Gartenlokal am Rand der Innenstadt. Hier helfen uns Fotos auf der Speisekarte und wieder die Google App bei der Auswahl. Dann geht es zum Auto zurück, das wir auf einem bewachten Parkplatz unmittelbar bei der Altstadt abstellen konnten – dank Park4Night -, und nach fast 1,5 Stunden Fahrt in Richtung Süden über schmale, kurvige Sträßchen steht unser Bus einsam hoch oben in den Bergen. Wieder haben wir mit unserer App einen tollen Platz zum Übernachten gefunden. Das war ein sehr schöner, interessanter Tag.

Herrlicher Platz zum Übernachten in der Bergen

Und schon ist unser letzter Tag in Bulgarien gekommen. Nach der Besichtigung einer Festungsruine, die wie ein Adlerhorst hoch über dem Tal sitzt, geht es zum Kloster Backovo, einer Art Nationalheiligtum der Bulgaren.

Kloster Backovo

Die Anlage besteht aus zweistöckigen Gebäuden, die sehr schön auf jeder Etage mit umlaufenden Holzveranden versehen sind und so zueinander stehen, dass zwei weitläufige Innenhöfe gebildet werden. Darin steht jeweils eine Kirche. Der dunkle Innenraum der Gotteshäuser ist stets komplett mit Fresken bemalt und mit vielen Ikonen geschmückt. Beeindruckend sind für uns die bulgarischen Touristen, die immer viele Kerzen vor den Marienikonen anzünden und, die Hände auf das Bildnis gelegt, mit Inbrunst Gebete sprechen.

Gegen Mittag fahren wir weiter, über die Autobahn sind es ca. 2,5 Stunden bis zur türkischen Grenze. Der gefürchtete Stau an der Grenze bleibt aus, auch die Pass- und Zollkontrolle ist in einer halben Stunde erledigt. Gleich hinter der Grenze können wir an einem Automaten Geld umtauschen und auch die HGS- Autobahn- Vignette erwerben, dann geht es weiter. Mit über 30 Grad ist es deutlich wärmer als in den bulgarischen Bergen. Aber als wir gegen 18.00 Uhr an unserem per App gefundenen Übernachtungsplatz ankommen, ist es schon deutlich kühler und im warmen Abendwind sehr angenehm. Wir parken unseren Bus auf einem Hang oberhalb eines kleinen Sees, inmitten sonnenverbrannter Felder. In einiger Entfernung tuckert ein Traktormotor, der aus dem See die Felder bewässert. Eine große, dürre Hündin besucht neugierig unseren Platz und lässt sich häuslich nieder. Sie hofft wohl auf ein paar Brocken zu fressen. So haben wir heute Nacht einen Wachhund.

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