Von Lissabon nach Sagres am Cap Sao Vincente ( 390 km)

Der Flug klappt mit den Rädern bestens, sie kommen unversehrt und mit uns gemeinsam in Lissabon an. Es empfängt uns jedoch ekliges Wetter mit Dauernieselregen bei ca. 16 Grad. Für die Fahrt zum 20 km entfernten Campingplatz brauchen wir ziemlich lange durch die große Stadt. Außerdem kaufen wir noch Lebensmittel und Campinggas ein. Wie so oft in Städten, liegt der Zeltplatz an der Peripherie an einem Autobahnkreuz. Die nächsten zwei Tage bummeln wir durch Lissabon.

In der “neuen“ Altstadt von Lissabon

Über der nach dem großen Erdbeben im 18. Jahrhundert neu gebauten sehr repräsentativen barocken Altstadt thront das Burgviertel mit seinen engen, steilen Gassen. Interessant und schön ist auch der Stadtteil Belem. Dort gibt es ein riesiges mittelalterliches Kloster, was als UNESCO-Welterbe wahre Tourimassen anzieht. Und natürlich fahren wir auch mit den quitschenden alten Straßenbahnen eine Runde durch die Altstadt. Trotz des Wetters gefällt uns die Stadt sehr gut, den Häusern sieht man Gott sei Dank auch ihr Alter an und alles ist noch relativ authentisch und nicht so aufgehübscht. Natürlich teilen wir uns die Gassen und Straßen mit vielen anderen Touristen.

Straßenbahnfahren ist Touripflichtprogramm

Am dritten Tag starten wir unsere Radtour auf dem Eurovelo 1. Mit einer Personenfähre geht es über den sehr breiten Tejo. Es ist toll, endlich wieder im Sattel zu sitzen und unterwegs zu sein. Leider kurbeln wir auf der anderen Flussseite ewig lang über breite und stark befahrene Straßen, bis wir endlich das Stadtgebiet hinter uns lassen. Wir kämpfen uns durch den dichten Verkehr und wie fast überall herrscht auch hier das Recht des Stärkeren. In einem Kreisverkehr wird Annette von einer Autofahrerin geschnitten und angefahren, sie stürzt. Noch im Fallen denkt sie: “Mist, wenn die über mein Rad fährt, bring ich sie um.“ Doch bis auf einen blutigen Ellenbogen, ein paar Kratzer und viele blaue Flecken passiert nichts. Und Gott sei Dank, das Fahrrad bleibt heil! Der erste Unfall in unserem 35 jährigen Tourenradler-Dasein verläuft glimpflich. Da hat die Autofahrerin ja noch mal Glück gehabt. Am Nachmittag kommt auch endlich die Sonne s raus und es wird ein toller Sommertag. Über kleine Straßen strampeln wir hinauf zum Cap Espichel, das 140 m hoch über der Felsenküste thront. Endlich sehen wir das Meer. Wunderschön. Noch 25 Kilometer zum Zeltplatz, dann ist der erster Radlertag auch schon zu Ende.

Cap Espichel

Am nächsten Vormittag wird es richtig anstrengend. Es sind zwar nur 25 Kilometer bis Setubal, aber die haben es in sich. Zuerst geht es durch hügelige Pinienwälder hoch und runter auf ausgewaschenen Schotterpisten, die Olaf so liebt. Und dann auf zwar herrlicher, aber echt anstrengender kleiner Straße hoch oberhalb der Steilküste mit vielen langen und steilen Anstiegen. Tief unter uns schimmert das kristallklare Meer. Es gibt schöne, von roten Felsen gesäumte Sandstrände. Ziemlich müde erreichen wir erst mittags Setubal und fallen hungrig in einen Supermarkt ein. Mit der Fähre setzen wir zu einer sandigen Landzunge über, total platt, aber auch eintönig, geht es mit Rückenwind 50 Kilometer weiter strikt nach Süden. Endlich wird es wieder hügeliger und unser Zeltplatz an diesem Radlertag liegt sehr schön in einem schattigen Pinienwald direkt am Meer, ca. 80 m oben an der Steilküste. Belohnt werden wir abends mit einem kitschigen Sonnenuntergang und das Rauschen der Brandung singt uns in den Schlaf. Schon am nächsten Morgen merken wir, dass dieser Tag deutlich wärmer als 30 Grad werden wird. Heute bläst außerdem der Wind meist von vorne. Auf breiter Straße kommen wir gut voran und dann geht die Route des Eurovelo 1 doch tatsächlich für 18 Kilometer über eine Autobahn. Bequem radelt es sich illegal auf dem Seitenstreifen, Autos sehen wir kaum. Trotzdem ein komisches Gefühl. In der Mittagshitze gönnen wir uns eine ausgiebige Siesta unter schattigen Plantanen an der Strandpromenade von Sines. Es ist so heiß, dass man gar nicht mehr aufs Rad will. Aber es sind ja nur noch 35 Kilometer bis zum Tagesziel. Doch zu früh gefreut. Der Eurovelo 1 hat auch hier eine Überraschung für uns. Quasi als Kontrastprogramm zur Autobahn geht es nun über Tiefsandpisten oberhalb vom Meer entlang, eine unglaubliche Plackerei. Irgendwann geben wir auf und kommen auf Umwegen wieder auf eine fahrbare Straße. So sind wir dann abends nach ca. 90 Kilometern echt platt

Herrliche Strände locken zum Baden

Auch der nächste Tag wird mit 35 Grad wieder richtig heiß. Annette schickt ein Paket mit warmer Kleidung wieder nach Hause. Vormittags quält uns der Gegenwind und wir schleichen nur vorwärts. Im Tagesverlauf geht es viel über winzige, fast autofreie Straßen und gut befahrbare Schotterwege an der Küste entlang. Herrliche Sandbuchten locken, die Macchiasträucher duften. Abends dann noch ein Bad im Campingplatz-Pool. Ein herrlicher Tag.

Spontan beschließen wir einen Ruhetag einzulegen. Heftiger Gegenwind, irre Hitze und der Pool am Campingplatz sind Argumente genug. Eine weise Entscheidung, den Tags darauf haben wir überwiegend Rückenwind und angenehme 27 Grad. Viel geht es nun über holperige Schotterwege entlang der sehr hügeligen und herrlich einsamen Küste. Ab und an kommen wir an kleinen, meist verlassenen weißen Häusern vorbei. Unser Radweg verläuft zum Teil auch auf dem Wanderweg E9, wir sehen öfters Wanderer. Sehr schön ist es am Pontal Carrapateira, ein tolles Kap mit wild zerklüfteten roten Felsen, gegen die tief unter uns das Meer donnert. Einige Surfer tummeln sich dort in den hohen wellen, sonst sind die strände noch ziemlich leer. Aber die großen Parkplätze verraten, dass es hier im Sommer wohl anders aussieht.

Surferstrand am Pontal Carrapeteira

Von dort sind es nur noch ca. 25 Kilometer bis zum Cap Sao Vincente, dem südlichsten Punkt unserer Tour.

Am stürmischen Cap Sao Vincente

Hierher fährt wohl jeder Portugalreisende und wir nun unübersehbar im Tourirummel gelandet. Reisebusse, Andenken,-und Essensbuden reihen sich aneinander.

Willkommen in Good Old Germany

Wie es hier zur Hauptsaison zugeht, wollen wir gar nicht wissen. Der kräftige Wind läßt uns dann die letzten Kilometer nach Sagres fast fliegen. Mittlerweile ist auch die Kondition besser geworden, so war es ein perfekter Radlertag, bei dem wir jede Minute genießen.

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