Etappe Lima – Leadore

Der Tag in Lima ist unglaublich heiß, man kann sich nur im Zimmer aufhalten und warten, dass es endlich Abend wird. Im Motel wohnen außer uns noch mehrere Hiker und abends sitzen wir alle zusammen draußen, erzählen, trinken und lauschen dem spontanen Open-Air-Konzert eines urigen (stockbesoffenen) alten Amerikaners, der voller Leidenschaft Country-Lieder zur Gitarre singt. Ein toller und stimmungsvoller Abend.

Danach fällt es am nächsten Morgen schwer, wieder auf den Trail in die Berge zu gehen. Die gesamte Etappe laufen wir gemeinsam mit Ranger, einem älteren amerikanischen Hiker, der im Gegensatz zu vielen Amis sehr angenehm ruhig und zurückhaltend ist.

170 Kilometer auf dem CDT zwischen Lima und Leadore
170 Kilometer auf dem CDT zwischen Lima und Leadore

Der erste Wandertag am 10.8. in den Beaverhead Mountains ist wahnsinnig anstrengend, einer der härtesten der ganzen Tour. Zum einen ist es wieder sehr heiß, weit über 30 Grad im Schatten, der aber komplett fehlt. Zum anderen müssen wir den ganzen Tag über extrem steil ständig hoch und runter über unzählige Bergkuppen laufen, denn der Trail folgt sehr streng der kontinentalen Wasserscheide. So kommen über 2000 Höhenmeter zusammen. Und Wasser gibt es hier oben natürlich auch nicht, das muss geschleppt werden. Und kommt man endlich atemlos und schweißtriefend auf einen Gipfel an, dann kann man nicht ausruhen, sondern wird sofort von einer Wolke fliegender Ameisen umhüllt. Der reinste Horror. Endlich steigen wir am Abend nach 30 Kilometern todmüde hinunter ins Tal und zelten an einem kleinen Bach.

Auf und ab, und auf…

Gott sei Dank werden die nächsten Tage leichter. Die Steigungen werden humaner, auch wenn es immer noch sehr viel hoch und runter geht. Die Ameisen und Mücken verschwinden. Auch laufen wir wieder öfters durch schattige Wälder, die Berge sind schroffer und felsiger. Es gibt schöne Bergseen. Es sind wahre Genussstrecken. Und natürlich verlaufen wir uns mal wieder, was uns 5 zusätzliche Kilometer und etliche Höhenmeter einbringt. Sannes Füße leiden unter der Hitze sehr und sind mit zahlreichen Blasen geschmückt, aber sie ist hart im Nehmen.

Nachts verzichten wir nun erstmals seit New Mexico wieder auf unser Zelt und schlafen jede Nacht unter freiem Himmel. Das Thermometer fällt unter Null Grad, doch unsere Schlafsäcke halten herrlich warm. Und was gibt es Schöneres, als im Schlafsack den Sonnenuntergang und -aufgang oder nachts die Milchstraße zu bewundern und die Sternschnuppen zu zählen. Phantastisch ist für uns auch die absolute Ruhe hier.

Endlich wieder cowboy-camping

Trotz der großen Anstrengungen am Tage genießen wir diese ganz große Freiheit sehr, es ist ein herrliches Leben, das wir seit Monaten in der Natur erfahren dürfen.

Neben Ranger treffen wir auch Lightfoot und die anderen Hiker aus Lima wieder. Es ist schön, abends gemeinsam zu campieren und tut auch unserer ansonsten trauten Zweisamkeit sehr gut.

Der letzte Tag führt uns über einen langen Höhenrücken mit schönen Ausblicken in die Berge und die Ebene. Im Laufe des Tages zieht immer mehr Dunst von großen Waldbränden auf. Die Sonne verschwindet hinter einer rötlichen Staubwolke, eine sehr merkwürdige Atmosphäre. Nachmittags führt uns der Trail auf den 3225 Meter hohen Elk Mountain, der höchsten Stelle dieser Etappe, entlang sehr tiefer und steiler Abhänge. Durch die Staubwolke haben wir leider keine Fernsicht.

Fünf Tage laufen wir jeden Tag über 30 Kilometer durch die wunderbare, sehr einsame Berglandschaft der Beaverhead Mountain, immer exakt auf der Grenze der Staaten Idaho und Montana, bis zum Bannock Pass, den wir am Morgen des sechsten Tages erreichen und von dem es per Anhalter in die weite, heiße und staubtrockene Ebene Idahos in das winzige Örtchen Leadore geht. Wir lieben diese kleinen Orte, die nur aus einem Postamt, einem Tante Emma Laden, einer Kneipe und ca. 30 sehr einfachen Häusern bestehen. Sie geben uns ein anderes Bild von den USA, als man es sonst als Tourist bekommt.

In Leadore müssen wir die nächste Etappe neu planen, denn ein großer Teil des Trails ist wegen Waldbränden gesperrt. Wir sind gespannt, wie es weitergeht, auch dies ist ein Teil des Trail-Abenteuers.

Große Waldbrände in Montana
Ungefähres Höhenprofil der Wanderstrecke zwischen Lima und Leadore
Ungefähres Höhenprofil der Wanderstrecke zwischen Lima und Leadore
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